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Grundrechte - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />

4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />

Anwalt seine Berufs- und Standespflichten zum Schaden des Angeklagten schwer vernachlässigt,<br />

kann dies eine Verletzung des Rechts auf Verteidigung darstellen. Dabei<br />

hat der zuständige Richter nicht nur einen offenkundig pflichtvergessenen oder untauglichen<br />

amtlichen Verteidiger zu ersetzen (BGE 120 Ia 48 E.2b). Er muss vielmehr auch im<br />

Falle einer ungenügenden privaten Verteidigung einschreiten und dem Angeschuldigten<br />

allenfalls einen amtlichen Verteidiger bestellen.“ (NZZ vom 25./26. Juli 1998, Nr. 170, S. 16).<br />

D) Prozessuales Armenrecht<br />

• Funktion: Chancengleichheit im Verfahren.<br />

• Geltungsbereich: alle Verfahrensarten (mit jeweiligen Besonderheiten). 15<br />

• Inhalt:<br />

– Kostenbefreiung: Anspruch auf vorläufige (d.h. solange die Mittellosigkeit andauert)<br />

Befreiung von Kostenvorschüssen und Prozesskosten;<br />

– Unentgeltlicher Rechtsbeistand.<br />

• Voraussetzungen im Zivil- und Verwaltungsverfahren:<br />

– Bedürftigkeit (auch die selbstverschuldete);<br />

– kein Bagatellfall;<br />

– Komplexität des Falles (sodass die Partei ihr Recht nicht geltend machen könnte; gilt als<br />

Voraussetzung nur für die Verbeiständung nicht für die Kostenbefreiung);<br />

– keine Aussichtslosigkeit des Falles.<br />

• Unentgeltliche Strafverfahren:<br />

– Gleiche Voraussetzungen wie oben (wobei die Aussichtslosigkeit eine geringe Rolle<br />

spielt, da jeder strafrechtlich Angeklagte das Recht zur Verteidigung hat; wichtig u.a. noch für<br />

das Strafmass), aber zusätzlich;<br />

– ein Anspruch auf unentgeltlichen Verteidigung, wenn eine unbedingte Strafe<br />

droht oder wenn der Staatsanwalt sich persönlich am Verfahren beteiligt (um<br />

„Waffengleichheit“ herzustellen).<br />

• Zusätzlich: Art. 6 III lit. e EMRK: Anspruch auf einen unentgeltlichen Dolmetscher<br />

im Strafverfahren (absoluter Anspruch; Art. 31 II BV).<br />

BGE 109 Ia 12<br />

Am 14. Dezember 1981 erstattete die unbemittelte X. bei der Bezirksanwaltschaft Zürich<br />

Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Freiheitsberaubung, eventuell Nötigung, in Verbindung<br />

mit Amtsmissbrauch. Die aufgrund dieser Anzeige geführte Strafuntersuchung wurde<br />

von der Bezirksanwaltschaft Zürich am 5. Juli 1982 eingestellt, und die Untersuchungskosten<br />

von Fr. 330.50 wurden der Verzeigerin überbunden. X. rekurrierte gegen die Einstellungsverfügung<br />

an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit dem Antrag, die Untersuchung zu<br />

ergänzen, eventuell die Untersuchungskosten auf die Staatskasse zu nehmen.<br />

Mit Verfügung vom 28. Juli 1982 forderte die Staatsanwaltschaft die Rekurrentin auf, innert<br />

10 Tagen Fr. 800.-- zur Deckung der ihr allenfalls aufzuerlegenden Kosten und einer eventuellen<br />

Umtriebsentschädigung an die Gegenpartei zu leisten, widrigenfalls der Rekurs von der<br />

Hand gewiesen würde.<br />

15 Für den verfassungsrechtlichen Anspruch des Geschädigten auf unentgeltliche Rechtspflege im Straf-<br />

verfahren vgl. BGE 123 I 145.<br />

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