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Grundrechte - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />

4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />

ein öffentliches Interesse besteht (z.B. feuerpolizeiliche Interessen) und den Gefangenen<br />

andere Räumlichkeiten oder Gelegenheiten zum Rauchen bleiben.<br />

• die Fenster milchverglast seien, was dazu führe, dass man nur bei künstlichem Licht lesen<br />

könne;<br />

Milchglas: Eine Richtlinie des Europarates sieht vor, dass, wenn keine Möglichkeit besteht,<br />

nach draussen zu gehen, die Zelle so von Tageslicht erhellt werden sollte, dass Lesen<br />

ohne künstliches Licht möglich ist.<br />

• die Fenster nur eine Handbreit geöffnet werden können, so dass die Zellen nur sehr mangelhaft<br />

durchlüftet werden könnten;<br />

Frischluft: Die Zellen sind mit genügen Frischluft zu versorgen (Gesundheit, Wohlbefinden).<br />

• infolge Personalmangels nur alle 2 bis 3 Tage Spaziergänge von etwa einer halben Stunde<br />

unternommen würden;<br />

Jeder Gefangene sollte jeden Tag zumindest während einer halben Stunde die Gelegenheit<br />

haben, spazieren zu gehen.<br />

• Spaziergänge gestrichen würden, wenn man das Sprechverbot während der Spaziergänge<br />

nicht beachte oder wenn man sich bei den Wärtern für das Verteilen des Essens nicht bedanke;<br />

Bei diesen Vorschriften geht es um reine Schikanen, es fehlt schon am öffentlichen Interesse.<br />

Umso weniger sind die Disziplinarmassnahmen gerechtfertigt.<br />

• es in den Zellen kein Radio gäbe und auch praktisch keine Zeitungen und Zeitschriften;<br />

private Abonnemente würden nicht zugelassen;<br />

Medien: In der Untersuchungshaft ist es u.U. zulässig, den Gefangenen Medien zu verbieten,<br />

falls die Gefahr besteht, dass sie sich über Tatsachen informieren könnten, welchen<br />

die Untersuchung gefährden. Dies allerdings nur während ca. einer Woche; den Gefangenen<br />

sind anderer Informationen (z.B. „zensurierte“ Zeitungen) aufzulegen.<br />

• die eingehende Post kontrolliert werde;<br />

Post: Das Öffnen der Post ist zulässig zur Überprüfung nach Fluchtplänen oder Drogen.<br />

• Duschen nur alle 5 Tage möglich sei;<br />

Duschen: Frage der Gesundheit und des Wohlbefindens.<br />

• Besuch von seinem Anwalt nur einmal pro Woche zugelassen werde;<br />

Anwaltsbesuch: Verstösst gegen die EMRK; da sich der Anwalt auf die Verteidigung vorbereiten<br />

muss, ist eine solche Beschränkung unzulässig.<br />

• nur Verwandte und Ehegatten eine Besuchsbewilligung erhalten würden.<br />

Besuchsrecht: Bezüglich der Familie ist Art. 8 EMRK zu beachten, der ein Recht auf die<br />

Achtung des Familienlebens gewährt. Aber auch der Ausschluss aller andern vom<br />

Besuchsrecht wäre unverhältnismässig.<br />

Urteil des BGer vom 21.6.1996<br />

X. wurde wegen des Verdachts auf Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft<br />

genommen. Er verlangte, mit seiner im Libanon lebenden Frau und seinen Kindern<br />

telefonieren oder zumindest brieflich Kontakt aufnehmen zu dürfen. Die<br />

Bezirksanwaltschaft lehnte dieses Gesuch unter Hinweis auf die bestehende Flucht- und Kollusionsgefahr<br />

ab.<br />

Besteht der Verdacht, dass sich der Untersuchungsgefangene mit Komplizen in Verbindung<br />

zu setzen sucht, und wäre die Überwachung sehr aufwändig (z.B. wegen Fremdsprachigkeit),<br />

ist diese Massnahme nicht unverhältnismässig.<br />

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