Grundrechte - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />
4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />
1.4 Durchsetzung der <strong>Grundrechte</strong><br />
1.4.1 Durch Private<br />
ZIMMERLI/KÄLIN/KIENER, Grundlagen des öffentlichen Verfahrensrechts, Bern 1997,<br />
S. 157 ff.; Anhang: Durchsetzung der <strong>Grundrechte</strong>.<br />
1.4.2 Durch öffentlich-rechtliche Körperschaften (Gemeinden)<br />
TSCHANNEN PIERRE, Eidgenössisches Organisationsrecht, Bern 1997, S. 160 ff.; ZIMMER-<br />
LI/KÄLIN/KIENER, Grundlagen des öffentlichen Verfahrensrechts, Bern 1997, S. 214 f.,<br />
221 f., 248 ff., 311.<br />
Als Trägerin hoheitlicher Gewalt ist eine Gemeinde im Allgemeinen nicht legitimiert,<br />
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu führen.<br />
Davon macht die bundesgerichtliche Praxis gewisse Ausnahmen: zum einen, wenn eine<br />
Gemeinde von einer Grundrechtseinschränkung wie eine Privatperson betroffen ist<br />
(z.B. Eigentumsbeschränkungen am Finanzvermögen), und zum andern im Falle der Verletzung<br />
der Gemeindeautonomie (Art. 189 I lit. b BV).<br />
Eine Gemeinde ist in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale oder das eidgenössische<br />
Recht diesen Bereich nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise<br />
der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche<br />
Entscheidungsfreiheit einräumt. Ob die der Gemeinde gewährte Freiheit in einem bestimmten<br />
Bereich „relativ erheblich“ ist, ergibt sich aus ihrer Bedeutung für den Sinn<br />
der kommunalen Selbständigkeit, d.h. daraus, ob nach der kantonalen Gesetzgebung<br />
durch die kommunale Gestaltung unter anderem mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit<br />
sowie eine bessere und sinnvollere Aufgabenerfüllung auf lokaler Ebene ermöglicht<br />
werden sollen.<br />
A) Autonomie in der Rechtsetzung<br />
Eine Gemeinde verfügt über Autonomie in der Rechtsetzung, wenn das kantonale oder<br />
das eidgenössische Recht eine Materie entweder gar nicht oder nicht abschliessend<br />
regelt, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt.<br />
B) Autonomie in der Rechtsanwendung<br />
Die Gemeinde verfügt über Autonomie in der Rechtsanwendung, wenn:<br />
• die Gemeinde zur Rechtsanwendung zuständig ist und<br />
• sie ihr eigenes, autonom gesetztes kommunales Recht anwendet oder<br />
• kantonales oder eidgenössisches Recht in Frage steht, das der Gemeinde Ermessen<br />
oder – bei unbestimmten Gesetzesbegriffen – einen Beurteilungsspielraum einräumt.<br />
C) Autonomieverletzung<br />
In den genannten Autonomiebereichen wird die Gemeindeautonomie verletzt,<br />
• wenn die kantonale Behörde ihre Prüfungsbefugnis überschreitet (Ermessenskontrolle<br />
statt Rechtskontrolle, Beurteilungsspielraum der Gemeinde missachtet);<br />
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