Grundrechte - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />
4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />
Naegeli behauptete demgegenüber, da es sich um Kunst handle, liege keine Sachbeschädigung<br />
vor, weil die Gebäude dadurch in ihrem Wert vermehrt würden.<br />
Die schweizerischen Gerichte verneinten das Vorliegen von Kunst.<br />
Die EMRK-Kommission erkannte die Kunstfreiheit zwar als Teilgehalt der Meinungsäusserungsfreiheit.<br />
Die Kunstfreiheit finde ihre Grenzen aber im öffentlichen Interesse, sofern zur<br />
Einschränkung gesetzliche Grundlagen bestehen.<br />
Der BVGH sah in den Strichmännchen zwar Kunst (dies, weil es nicht den Gerichten obliege,<br />
zu entscheiden, was Kunst sei), jedoch, hielt er fest, finde auch die Kunstfreiheit ihre Schranken<br />
im fremden Eigentum.<br />
B) Grundrechtliche Aspekte staatlicher Kunstförderung<br />
Angesichts beschränkter staatlicher Mittel zur Kunstförderung ist eine Auswahl der zu<br />
fördernden Projekte und Künstler durch qualitativ-wertende Kriterien unumgänglich.<br />
Deshalb ist es umso wichtiger, dass über die Zuteilung der verfügbaren Mittel durch Instanzen<br />
entschieden wird, die aufgrund von Zusammensetzung, Stellung und Verfahren<br />
Gewähr für sachgerechte Auswahlkriterien bieten.<br />
2.1.8 Versammlungsfreiheit (Art. 22 BV)<br />
MÜLLER, <strong>Grundrechte</strong>, 323 ff.<br />
Sich mit andern versammeln zu können, gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen<br />
und ist eine Voraussetzung jeglicher Form von Demokratie. Unter den Grundrechtsschutz<br />
fällt jegliches Zusammenkommen mehrerer Menschen auf privatem oder<br />
öffentlichem Grund mit dem Zweck, untereinander oder gegen aussen Meinungen mitzuteilen,<br />
zu diskutieren oder symbolischen Ausdruck zu geben (meinungsbildende Versammlungen).<br />
Die Grundrechtsgarantie verbietet staatliche Massnahmen gegen die Einberufung, Organisation<br />
und Durchführung einer Versammlung oder gegen die Teilnahme bzw.<br />
Nichtteilnahme an einer solchen. Soweit nicht öffentlicher Grund beansprucht wird,<br />
darf eine Versammlung nicht von einer staatlichen Bewilligung abhängig gemacht werden.<br />
Versammlungen dürfen im Voraus erst untersagt werden, wenn aus den erkennbaren<br />
Umständen, Tatsachen, Sachverhalten oder sonstigen Einzelheiten die Prognose gemacht<br />
werden kann, dass die betreffende Versammlung auf Gewalttätigkeit hin ziele.<br />
Blosser Verdacht oder eine Vermutung genügen nicht.<br />
Eine ursprünglich friedliche Versammlung verliert diese Charakter erst dann, wenn sich<br />
die Gewalt in einem Ausmass entwickelt, dass die meinungsbildende Komponente völlig<br />
verloren geht und die Ausschreitungen nicht nur von einzelnen Teilnehmern, sondern<br />
von einer repräsentativen Anzahl ausgeht. Nur kleine randalierende Gruppen am<br />
Rande können den Grundrechtsschutz der ganzen Versammlung nicht beseitigen.<br />
Verhinderung von Gewalt ist zudem das einzig legitime öffentliche Interesse für ein<br />
Vermummungsverbot. Diesem Zweck stehen private und öffentliche Interessen gegenüber,<br />
die eine Vermummung rechtfertigen können (z.B. Tragen von Gasmasken zur Signalisierung<br />
der Gefahr von Luftverschmutzung; Personen, die sich wegen drohender gesellschaftlicher<br />
Stigmatisierung – wenn sie erkannt würden – vermummen, um doch an der Versammlung teilnehmen zu<br />
können etc.).<br />
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