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Grundrechte - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />

4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />

Aus Art. 6 III lit. c EMRK ergebe sich kein Anspruch auf die Anwesenheit bei der ersten Einvernahme,<br />

da sich diese Bestimmung auf den Strafprozess selbst beziehe und nicht schon auf<br />

die Ermittlungen. Zudem bestehe ein öffentliches Interesse daran, Zeugen zunächst ohne die<br />

Beeinflussung eines Anwaltes befragen zu können.<br />

Anders die Regelung in den USA, hier müssen einem Verdächtigten bei der Verhaftung seine<br />

Rechte „gelesen“ werden (sog. ‚Miranda’ warning): „You have the right to remain silent.<br />

Anything you say can and will be used against you in a court of law. You have the right to<br />

consult an attorney and have an attorney with you during questioning. If you cannot afford<br />

an attorney, one will be appointed for you.” Vgl. den Entscheid Miranda v. Arizona (384<br />

U.S. 436 [1966]).<br />

Bezüglich der nun weiter als die EMRK gehende Regelung der BV, welche nun ebenfalls eine<br />

Art von ‚Miranda’ warning erfordert (Art. 31 Abs. 2 Satz 3), vgl. NZZ Nr. 251 vom<br />

28.10.1999, S. 15.<br />

BGE 121 I 225 (Anwaltsexamen)<br />

X. hatte im Frühling und im Sommer 1994 zweimal die schriftliche Anwaltsprüfung im Kanton<br />

Luzern jeweils wegen einer ungenügenden Arbeit im Staats-/Verwaltungsrecht nicht bestanden.<br />

Vom 3. - 6. Oktober 1994 legte sie zum dritten und letzten Mal die schriftliche<br />

Prüfung ab. Mit Bescheid vom 2. November 1994 teilte ihr die Anwaltsprüfungskommission<br />

mit, die Prüfung sei nicht bestanden, wobei wiederum eine ungenügende Arbeit im Staats-<br />

/Verwaltungsrecht ausschlaggebend war.<br />

Nachdem X. ihre Prüfungsunterlagen der Herbstprüfung hatte einsehen können, verlangte sie<br />

mit Eingabe an die Anwaltsprüfungskommission vom 29. November 1994 Einsicht in ihre<br />

Prüfungsarbeit der Frühlingssession im Fach Staats-/Verwaltungsrecht sowie in die Prüfungsarbeiten<br />

der anderen Kandidaten aus der Frühlings- und Herbstsession im Fach Staats-<br />

/Verwaltungsrecht. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 überliess ihr die Anwaltsprüfungskommission<br />

die Unterlagen ihrer eigenen Prüfung der Frühlingssession, wies jedoch den Antrag<br />

auf Einsicht in die Arbeiten der anderen Kandidaten ab.<br />

Das Einsichtsrecht bestehe nur in die für den Entscheid wesentlichen Akten, und da jede Prüfung<br />

aus sich selbst heraus bewertet werde, könne in andere Prüfungen kein Einsichtsrecht<br />

gewährt werden, zumal andere private Interessen betroffen wären.<br />

Die Einsicht in die andern Prüfungen wäre höchstens dann zu gewähren, wenn stichhaltige<br />

Indizien für eine ungleiche Bewertung vorlägen.<br />

BGE 101 Ia 298<br />

Gegen X., Schulpsychologe in Winterthur, wurde ein Strafverfahren wegen Unzucht mit<br />

Kindern eröffnet. Das Bezirksgericht Winterthur sprach ihn am 5. Januar 1973 von der Anklage<br />

frei - einmal aus formellen Gründen, weil den Untersuchungsbehörden zum Teil<br />

schwere Verfahrensfehler vorzuwerfen waren; sodann erkannte es auch materiell, dass die<br />

dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen nicht von jener Intensität seien, welche die<br />

Gerichtspraxis zur Erfüllung des Tatbestandes von Art. 191 Ziff. 2 StGB verlange. Dem Angeklagten<br />

wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil er sich den Mädchen gegenüber<br />

zumindest leichtfertig benommen und deshalb die Einleitung der Strafuntersuchung veranlasst<br />

habe.<br />

Mit Beschluss vom 6. Juli 1973 entliess der Stadtrat von Winterthur X. wegen Verletzung der<br />

Amts- und Dienstpflicht. Zur Begründung wurde in allgemeiner Weise auf das gegen X.<br />

durchgeführte Strafverfahren verwiesen.<br />

Da es sich um einen schweren Eingriff handelt, bedarf die Begründung einer hohen Dichte.<br />

Im konkreten Fall sah das BGer den Verweis auf das Gerichtsurteil als genügend an, da sich<br />

in diesem alle dem X. vorgeworfenen Punkte fänden und X. deshalb wisse, was man ihm vorwerfe.<br />

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