Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen
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ÜBERLIEFERUNGSBILDUNG ZU<br />
HOCHSCHULEN DURCH ARCHIVE<br />
VON BUND, LÄNDERN UND<br />
HOCHSCHULEN<br />
FRÜHJAHRSTAGUNG<br />
DER FACHGRUPPE 8 DES VDA<br />
Von Wolfgang Müller<br />
Zur traditionellen Frühjahrstagung der Fachgruppe 8: <strong>Archive</strong><br />
der Hochschulen sowie wissenschaftlicher Institutionen, die<br />
diesmal vom Kollegen Klaus Nippert vom Universitätsarchiv<br />
Karlsruhe vorbereitet worden war und am 1. und 2. April 2009<br />
stattfand, fanden sich 55 Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen e<strong>in</strong>. In<br />
thematischer Weiterführung der Saarbrücker Tagung 2006 über<br />
„Dokumentationsziele und Aspekte der Bewertung <strong>in</strong> Hochschularchiven<br />
und <strong>Archive</strong>n wissenschaftlicher Institutionen“ 1<br />
und der <strong>in</strong>zwischen publizierten Handreichung von Thomas<br />
Becker (Bonn), Werner Moritz (Heidelberg), Wolfgang Müller<br />
(Saarbrücken), Klaus Nippert (Karlsruhe) und Max Plassmann<br />
(Düsseldorf) „Dokumentationsprofil <strong>für</strong> <strong>Archive</strong> wissenschaftlicher<br />
Hochschulen“ 2 widmeten sich die verschiedenen Vorträge<br />
der Karlsruher Tagung der „Überlieferungsbildung zu Hochschulen<br />
durch <strong>Archive</strong> von Bund, Ländern und Hochschulen“.<br />
Nach der Begrüßung durch den Prorektor <strong>für</strong> Struktur Norbert<br />
Henze <strong>in</strong>formierte He<strong>in</strong>z Mestrup (Friedrich-Schiller-Universität<br />
Jena) am Beispiel der Universität Jena 3 über „Archivübergreifende<br />
Überlieferungsbildung zu Widerstand und Opposition <strong>in</strong> der<br />
DDR“. Ausgangspunkt des Referenten waren Überlegungen zu<br />
den beteiligten Akteuren, den politisch-ideologischen Voraussetzungen<br />
und den offiziellen Verfahrenswegen. Dabei entfaltete der<br />
Referent unter Verweis auf die betreffenden <strong>Archive</strong> e<strong>in</strong> breites<br />
Panorama unterschiedlicher Provenienzen von der Universität<br />
(Verwaltungsschriftgut, Personalakten, Diszipl<strong>in</strong>ar-, Studentenund<br />
Kaderakten) über das M<strong>in</strong>isterium <strong>für</strong> Hoch- und Fachschulwesen<br />
und die Parteiüberlieferung (e<strong>in</strong>schließlich der Universitätsparteileitung<br />
und der regionalen Kreisparteikontrollkommission)<br />
bis zur zentralen Ebene des M<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Staatssicherheit<br />
und zur Überlieferung der Polizei und Justiz. E<strong>in</strong>e<br />
besondere Bedeutung kommt <strong>in</strong>sbesondere der Sicherung des<br />
persönlichen Schrift- und Sammlungsguts der Betroffenen zu,<br />
der sich vor allem das „Thür<strong>in</strong>ger Archiv <strong>für</strong> Zeitgeschichte<br />
Matthias Domaschk" 4 zuwendet.<br />
Für die TU Dresden betrachtete Universitätsarchivar Matthias<br />
Lienert die facettenreiche „Überlieferungsbildung zu Repressionen<br />
gegen Studierende“ 5 und berichtete dabei unter anderem<br />
über den Studentenprozess 1959 und das breite Spektrum der<br />
Repression. Beispielsweise waren zwischen 1946 und 1989 <strong>in</strong>sgesamt<br />
42 Dresdner Studierende aus politischen Gründen zu<br />
Zuchthausstrafen verurteilt worden. Neben der <strong>in</strong>ternen Überlieferung<br />
mit rund 180.000 Studentenakten, die unter anderem<br />
die Überwachung russischer Studenten durch die Polizei im<br />
Kaiserreich ebenso wie die Verfolgung von Studierenden <strong>in</strong> der<br />
NS-Diktatur spiegeln, dokumentiert vor allem die Überlieferung<br />
des M<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Staatssicherheit die Verfolgung und<br />
Zuschlagung der studentischen Opposition; zur Überwachung<br />
existierte seit Mitte der 70er Jahre e<strong>in</strong>e bis zu 70 Mitarbeiter<br />
zählende Objektdienststelle des MfS an der Technischen Hochschule.<br />
Nicht zuletzt gibt es zum Studentenprozess 1959 auch<br />
e<strong>in</strong>e umfangreiche audiovisuelle und publizistische Überlieferung<br />
und autobiographische Dokumente, die im Rahmen von<br />
„Oral History“-Projekten gesichert werden.<br />
Gastgeber Klaus Nippert präsentierte den von Max Plassmann<br />
(früher Universitätsarchiv Düsseldorf, jetzt Stadtarchiv Köln)<br />
erarbeiteten Vortrag zur „Überlieferungsbildung zu DFG-<br />
Projekten an Hochschularchiven“, da der Autor wegen des<br />
E<strong>in</strong>sturzes des Kölner Stadtarchivs nicht an der Frühjahrstagung<br />
teilnehmen konnte. Ausgehend von den grundsätzlichen, auch im<br />
„Dokumentationsprofil <strong>für</strong> <strong>Archive</strong> wissenschaftlicher<br />
Institutionen“ publizierten Überlegungen 6 verwies er auf die<br />
Mehrfachüberlieferung der DFG-Akten auf mehreren Ebenen<br />
und warb <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e „aggregierte Rückgratüberlieferung, deren<br />
Existenz die Kassation der meisten Unterlagen an anderen Stellen<br />
ermöglicht“, wobei allerd<strong>in</strong>gs der „Inhalt der jeweiligen Akten<br />
und die Zuverlässigkeit der Überlieferung“ zu beachten seien.<br />
E<strong>in</strong>e besondere Bedeutung kommt an den Universitäten den<br />
Sonderforschungsbereichen und Graduiertenkollegs zu, wobei<br />
ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009