Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen
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Startseite „Kirchenarchive Jena“<br />
In diesem S<strong>in</strong>ne stellt die Digitalisierung der Jenaer Kirchenbücher<br />
e<strong>in</strong>en fast schon klassischen Fall von <strong>in</strong>stitutioneller<br />
Grenzüberschreitung dar. 3 Diese <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>stitutionelle Annäherung<br />
ist zugleich Ausdruck e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Problembewusstse<strong>in</strong>s,<br />
denn Bibliotheken, deren Aufgabe es ist, das literarische Erbe zu<br />
bewahren und zugänglich zu halten, kämpfen heute mit ganz<br />
enormen Problemen, die <strong>in</strong> ähnlicher Form auch <strong>Archive</strong> beschäftigen:<br />
So erfreulich sich das überaus rege Interesse an der<br />
Nutzung der Bestände wie Kirchenbücher auch gestaltet, so ist<br />
die hiermit verbundene physische (Über-)Beanspruchung der<br />
Materialien umso beklagenswerter, sofern die Orig<strong>in</strong>ale zur<br />
Vermittlung der Inhalte herangezogen werden müssen.<br />
(Kirchen-)Bücher und andere Materialien s<strong>in</strong>d derartig massiv<br />
vom Zerfall bedroht, dass e<strong>in</strong> Zugriff auf die Orig<strong>in</strong>ale im S<strong>in</strong>ne<br />
des notwendigen Schutzes der Überlieferung <strong>in</strong> zahlreichen<br />
Fällen nicht mehr verantwortbar ist und die Digitalisierung von<br />
Archivgut e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Ergänzung zu konventionellen Schutzverfahren<br />
darstellt.<br />
Die Vorteile dieser medialen Verwandlung liegen ke<strong>in</strong>eswegs<br />
offen auf der Hand, sondern bedürfen der Erklärung und können<br />
im E<strong>in</strong>zelnen benannt werden. Zunächst erhalten die Materialien<br />
durch ihre Verfügbarkeit im Internet e<strong>in</strong>en ubiquitären Status, sie<br />
s<strong>in</strong>d also zeit- und ortsunabhängig nutzbar. Digitalisierte Texte<br />
schützen bzw. retten die Orig<strong>in</strong>ale, was besonders bei stark<br />
genutzten Beständen wie Kirchenbüchern <strong>in</strong> Betracht zu ziehen<br />
ist. Darüber h<strong>in</strong>aus können häufig beklagte H<strong>in</strong>dernisse <strong>in</strong> der<br />
herkömmlichen Nutzung wie komplizierte Zugangsmöglichkeiten,<br />
Zeitverluste sowie sonstige E<strong>in</strong>schränkungen auf Seiten der<br />
(End-)Nutzer entfallen. Zudem werden <strong>in</strong>folge der optimierten<br />
Sichtbarkeit der Sammlung im Internet und <strong>in</strong> den wissenschaftlichen<br />
Informationssystemen neue Nutzergruppen erschlossen.<br />
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Die Digitalisate werden <strong>in</strong>haltlich aufbereitet, also mit sämtlichen<br />
recherchierbaren, bibliografischen Materialien aus ihrem Umfeld<br />
verknüpft. E<strong>in</strong>e Besonderheit des Projektes besteht zudem dar<strong>in</strong>,<br />
die <strong>in</strong> den Kirchenarchiven überlieferten unterschiedlichen<br />
Materialien (Kirchenbücher, Akten u. a.) geme<strong>in</strong>sam mit deren<br />
Beschreibungen (Metadaten) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em System zusammenzuführen<br />
und diese über e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Suchmaske recherchierbar<br />
zu machen. Materialien liegen damit nicht „e<strong>in</strong>fach so“ im<br />
Internet herum, sondern s<strong>in</strong>d im Rahmen wissenschaftlicher<br />
Informationssysteme erschlossen und zugänglich.<br />
1 Zugang zum digitalen „Kirchenarchiv Jena“ erhält man über die Homepage<br />
der ThULB: www.thulb.uni-jena.de oder direkt über: www.urmel-dl.de<br />
(Collections@UrMEL, Kirchenarchive Jena). Zugriffsdatum aller im Beitrag<br />
genannter Internetquellen: Januar 2009. Für zahlreiche gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende Anregungen<br />
und H<strong>in</strong>weise bedanken sich die Autoren bei Herrn Klaus Ries (wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sonderforschungsbereich<br />
„Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800“) sowie bei Frau<br />
Hannelore Schneider (Leiter<strong>in</strong> des Landeskirchenarchivs der Evangelischen<br />
Kirche <strong>in</strong> Mitteldeutschland).<br />
2 Informationen zu laufenden und abgeschlossenen Initiativen zur Digitalisierung<br />
von Kulturgut <strong>in</strong> Deutschland bietet: www.kulturerbe-digital.de. Kulturerbe-digital.de<br />
ist e<strong>in</strong> Projekt von EUBAM (AG Europäische Angelegenheiten<br />
<strong>für</strong> Bibliotheken, <strong>Archive</strong>, Museen und Denkmalpflege).<br />
3 Zur Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken und <strong>Archive</strong>n siehe Michael Lörzer<br />
und Thomas Mutschler: Grenzüberschreitung erwünscht. Neue Wege der<br />
Zusammenarbeit bei der Aufbereitung und Onl<strong>in</strong>e-Präsentation kultureller<br />
Überlieferung, <strong>in</strong>: Ludger Syré (Hg.): Dichternachlässe: Literarische Sammlungen<br />
und <strong>Archive</strong> <strong>in</strong> den Regionalbibliotheken von Deutschland, Österreich und<br />
der Schweiz, Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 2009 (<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Bibliothekswesen und<br />
Bibliographie, Sonderband 98) [im Druck].<br />
ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009