22.10.2012 Aufrufe

Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen

Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen

Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

468<br />

NACHRUFE<br />

(ab März 1968) war er dann ab November 1968 zweie<strong>in</strong>halb Jahre<br />

lang am Staatsarchiv Sigmar<strong>in</strong>gen tätig. In diese Zeit fiel auch die<br />

Eheschließung mit se<strong>in</strong>er Frau Magda geb. Stemmler, e<strong>in</strong>er<br />

ausgebildeten Bibliothekar<strong>in</strong> und Tochter des damaligen Leiters<br />

des Staatsarchivs Sigmar<strong>in</strong>gen, Eugen Stemmler. Wer das Ehepaar<br />

Fischer etwas näher kennt, weiß, wie sehr es fachliche und<br />

wissenschaftliche Interessen geteilt hat, wie sehr die beiderseitige<br />

Liebe zum Beruf auch <strong>in</strong> das Privatleben der bald vierköpfigen<br />

Familie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gewirkt hat.<br />

Zum 1. Februar 1971 wechselte das Ehepaar nach Stuttgart. Im<br />

dortigen Hauptstaatsarchiv, dessen Entwicklung Joachim Fischer<br />

dann 17 Jahre lang maßgeblich mitgestaltet hat, wurde ihm bald<br />

die Leitung des Militärarchivs und 1979 mit der Ernennung zum<br />

Archivdirektor die der Historischen Abteilung übertragen.<br />

Übergreifende Aufgaben erfüllte Joachim Fischer vor allem im<br />

Archivbau, <strong>in</strong> der Archivbenutzung, <strong>in</strong> der Adelsarchivpflege und<br />

<strong>in</strong> der Ausbildung. 1986 wurde er Stellvertretender Dienststellenleiter.<br />

Joachim Fischer liebte beide Seiten se<strong>in</strong>es Berufs, sowohl<br />

die wissenschaftliche Arbeit an den historischen Beständen als<br />

auch die praktischen Verwaltungsaufgaben, die Dienstleistungen<br />

<strong>für</strong> den Nutzer, die Öffentlichkeit und die Verwaltung.<br />

Durch se<strong>in</strong>e gediegene Arbeit und se<strong>in</strong> großes Fachwissen, aber<br />

auch mit se<strong>in</strong>er ganzen Persönlichkeit bestens da<strong>für</strong> qualifiziert,<br />

übernahm er zum 1. November 1988 die Leitung des<br />

zwischenzeitlich selbständigen Staatsarchivs Freiburg, das er<br />

dann 12 Jahre lang geführt und maßgeblich weiter entwickelt,<br />

modernisiert und vorangebracht hat.<br />

Im <strong>Archivwesen</strong> des Landes Baden-Württemberg hat Joachim<br />

Fischer an allen Orten se<strong>in</strong>es langen Wirkens deutliche Spuren<br />

h<strong>in</strong>terlassen, ja Fundamente gesetzt. Dazu gehören vor allem<br />

se<strong>in</strong>e zahlreichen Erschließungsarbeiten an den Beständen und<br />

ganz besonders se<strong>in</strong>e bahnbrechenden Leistungen bei den<br />

Beständeübersichten, so <strong>in</strong> Stuttgart zum Militärarchiv und dann<br />

<strong>in</strong> Freiburg zu allen Beständen.<br />

Dem Staatsarchiv Freiburg e<strong>in</strong>e Tektonik und damit e<strong>in</strong> dauerhaftes<br />

Gerüst <strong>für</strong> die Beständeverwaltung gegeben zu haben, sah<br />

er zu Recht im Rückblick als zentrale Leistung se<strong>in</strong>er Amtszeit<br />

an. Die gedruckte Kurzübersicht über die Bestände, die er 1994<br />

vorlegte, war und ist e<strong>in</strong> Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Geschichte des<br />

Hauses. Dasselbe gilt <strong>für</strong> den Beständeausgleich mit dem Generallandesarchiv<br />

<strong>in</strong> Karlsruhe, der unter se<strong>in</strong>er Leitung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit e<strong>in</strong>er klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten beschlossen<br />

und umgesetzt wurde. Damit war e<strong>in</strong> schwieriges Feld bere<strong>in</strong>igt<br />

– e<strong>in</strong> <strong>für</strong> das Freiburger Archiv ganz elementarer Schritt.<br />

In all se<strong>in</strong>en Arbeiten, und das ist besonders <strong>in</strong> den Beständeübersichten<br />

zu greifen, kamen drei Eigenschaften Joachim Fischers<br />

zum Tragen: zum e<strong>in</strong>en das sehr systematische, konsequent<br />

str<strong>in</strong>gente Denken auf den Grundlagen der Archivwissenschaft<br />

und des Provenienzpr<strong>in</strong>zips, zum anderen die zuverlässige Sorgfalt,<br />

auch im Detail, und zum dritten e<strong>in</strong>e ergebnisorientierte<br />

Beharrlichkeit, die zu dauerhaften Resultaten führt, zu (um diese<br />

Begriffe wieder aufzugreifen) Meilenste<strong>in</strong>en und Fundamenten,<br />

zu e<strong>in</strong>er durchdachten Tektonik oder e<strong>in</strong>em gediegenen F<strong>in</strong>dbuch.<br />

Was Joachim Fischer ang<strong>in</strong>g, das machte er richtig und<br />

brachte es fertig. Dies zeichnet se<strong>in</strong>e Arbeit als Archivar aus.<br />

Es zeichnet auch se<strong>in</strong>e Arbeit als Historiker aus. Joachim Fischer,<br />

der gelernte Mediävist, der über „Königtum, Adel und Kirche im<br />

Königreich Italien 774 bis 875“ promoviert hatte, hat zahlreiche<br />

grundlegende Publikationen, Aufsätze und Lexikonartikel veröffentlicht,<br />

die fast immer e<strong>in</strong>en Bezug zu se<strong>in</strong>en dienstlichen<br />

ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009<br />

Aufgaben hatten, die meist – wie zum Beispiel se<strong>in</strong> Aufsatz zum<br />

kaiserlichen Landgericht <strong>in</strong> Schwaben – aus Ordnungs- und<br />

Erschließungsarbeiten erwachsen waren. Bis heute geradezu als<br />

Nachschlagewerk überaus zu schätzen, ist der Katalog zu der<br />

Ausstellung „Württemberg im Spätmittelalter“, die er 1985 im<br />

Hauptstaatsarchiv Stuttgart gestaltet hat. Auch <strong>in</strong> der historischen<br />

Bildungsarbeit und <strong>in</strong> der Forschung achtete Joachim<br />

Fischer auf hohe Qualität, lege er hohe Maßstäbe an sich an,<br />

schuf er Bleibendes.<br />

Sehr gelitten hat er darunter, dass er se<strong>in</strong> Vorhaben, im Ruhestand<br />

die Geschichte des Stifts Waldsee aufzuarbeiten, aus<br />

gesundheitlichen Gründen und vor allem wegen der Bee<strong>in</strong>trächtigung<br />

beim Sehen nicht abschließen konnte. Das Projekt selbst<br />

zeugt noch e<strong>in</strong>mal von der tiefen Verankerung Joachim Fischers<br />

<strong>in</strong> der Wissenschaft.<br />

Als ausgewiesener Historiker und Archivar wurde er so auch 1979<br />

<strong>in</strong> die Kommission <strong>für</strong> Geschichtliche Landeskunde Baden-<br />

Württemberg und 1983 <strong>in</strong> den Beirat des Württembergischen<br />

Geschichts- und Altertumsvere<strong>in</strong>s berufen. Für die Kommission<br />

hat er am Historischen Atlas mitgearbeitet und geme<strong>in</strong>sam mit<br />

se<strong>in</strong>em Kurskollegen Gerhard Taddey die Lebensbilder aus<br />

Baden-Württemberg herausgegeben. Für den Geschichtsvere<strong>in</strong><br />

hat er <strong>in</strong> Stuttgart lange Zeit den „Arbeitskreis <strong>für</strong> Landes- und<br />

Ortsgeschichte“ geleitet. All dies zeugt von se<strong>in</strong>em starken außerdienstlichen<br />

Engagement. Die historischen Vere<strong>in</strong>igungen haben<br />

e<strong>in</strong> treues und verdienstvolles Mitglied verloren.<br />

Als Kollege, wie auch als Vorgesetzter und Mitarbeiter war Joachim<br />

Fischer hoch geschätzt. Ich denke sehr gerne an unsere<br />

Zusammenarbeit zurück, wo immer sie sich ergab, an se<strong>in</strong>e<br />

sachliche, argumentative, besonnene, stets lösungsorientierte Art.<br />

Bewundernswert war bei den vielen Begegnungen der letzten<br />

Jahre die tapfere Haltung, mit der er se<strong>in</strong>e Krankheit trug, mit<br />

der er völlig undramatisch davon sprach, um dann gleich wieder<br />

zum fachlichen Austausch oder auch ganz anderen Themen zu<br />

kommen. Wir alle werden ihn und die Gespräche mit ihm sehr<br />

vermissen. Und ihn und se<strong>in</strong> archivarisches Lebenswerk dankbar<br />

<strong>in</strong> guter Er<strong>in</strong>nerung halten.<br />

Robert Kretzschmar, Stuttgart<br />

HEINZ FRIEDEL †<br />

Geb. 16.8.1919 Kaiserslautern<br />

Gest. 27.5.2009 Kaiserslautern<br />

Wenige Wochen vor se<strong>in</strong>em 90. Geburtstag verstarb der<br />

langjährige Kaiserslauterer Stadtarchivar He<strong>in</strong>z Friedel, der durch<br />

se<strong>in</strong>e vielfältigen regionalgeschichtlichen Publikationen über die<br />

Grenzen se<strong>in</strong>er Heimatstadt bekannt wurde und mit dessen<br />

Wirken die Neuordnung des Stadtarchivs verbunden ist. Als<br />

Sohn des Stadtamtmanns und Heimatforschers Franz Friedel<br />

geboren, besuchte er die Volksschule und das Humanistische<br />

Gymnasium <strong>in</strong> Kaiserslautern sowie die Wirtschaftsaufbauschule<br />

<strong>in</strong> Landau. Wie <strong>für</strong> fast alle Angehörigen dieser Jahrgänge folgten<br />

auch <strong>für</strong> ihn Arbeits- und Wehrdienst, wobei er wegen se<strong>in</strong>er<br />

religiösen Überzeugung vom NS-Regime verfolgt wurde. Nachdem<br />

er den Zweiten Weltkrieg als Gefreiter an der Front <strong>in</strong><br />

Frankreich, auf dem Balkan und bis zum Oktober 1941 auf der

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!