Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen
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des früheren Ostpreußen“ <strong>in</strong> die Beratungen e<strong>in</strong>zubeziehen. Das<br />
Ziel soll se<strong>in</strong>, allen Partnern den unbegrenzten Zugang zu den<br />
Königsberg betreffenden Beständen zu garantieren. Des Weiteren<br />
werden Ausstellungen und Forschungsprojekte genannt, die <strong>für</strong><br />
deutsche Archivare und Historiker <strong>in</strong>teressant s<strong>in</strong>d, z. B. die Erschließung<br />
des Nachlasses der zweiten Frau Kaiser Wilhelms II.,<br />
Herm<strong>in</strong>e von Reuß, im Staatsarchiv Grünberg, die Präsentation<br />
unbekannter Dokumente zum 150-jährigen Jubiläum der Schichauwerft<br />
<strong>in</strong> Marienburg, e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Konferenz anlässlich<br />
der 55-jährigen polnischen Verwaltung der Häfen <strong>in</strong> Stett<strong>in</strong> und<br />
Sw<strong>in</strong>emünde und der Besuch e<strong>in</strong>er Delegation des deutschen<br />
Generalkonsulats im Staatsarchiv Breslau, das den Gästen die<br />
wertvollsten Schätze se<strong>in</strong>es Fonds offen legte. An zahlreichen Belegen<br />
wird deutlich, dass die polnische Archivverwaltung auch<br />
die Zusammenarbeit mit anderen Nachbarländern, z. B. den baltischen<br />
Staaten, der Ukra<strong>in</strong>e und Tschechien, fördern will.<br />
Stefan Hartmann, Berl<strong>in</strong><br />
ATLAS ZUR KIRCHE IN GESCHICHTE UND<br />
GEGENWART<br />
Heiliges Römisches Reich – Deutschsprachige Länder.<br />
Hrsg. von Erw<strong>in</strong> Gatz. Schnell + Ste<strong>in</strong>er, Regensburg<br />
2009. 376 S., 217 Karten, Ln. 56,-€. ISBN 978-3-7954-<br />
2181-6<br />
Nur selten f<strong>in</strong>den umfangreiche Forschungsarbeiten ihren Niederschlag<br />
auf so ger<strong>in</strong>gem Raum wie bei der Erstellung e<strong>in</strong>es Atlasses,<br />
zumal wenn es sich um e<strong>in</strong>en historischen Atlas handelt. Informationen<br />
zur Erstellung von Karten müssen aus unspezifisch konzipierten<br />
Werken extrahiert oder aus dem Wortlaut von Quellen<br />
zu geographischen Räumen entnommen und anschließend <strong>in</strong> der<br />
gewünschten Weise arrangiert werden. Erw<strong>in</strong> Gatz hat sich dieser<br />
Aufgabe als Herausgeber an der Spitze e<strong>in</strong>er Vielzahl von Autoren<br />
gestellt und dabei vor allem ältere Arbeiten kritisch bewertet und<br />
neu <strong>in</strong> Kartographie umgesetzt. Neben den Grundlagen, die Gatz<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Beschreibungen der Bistümer des heiligen römischen<br />
Reiches selbst gelegt hat, stützt sich das Werk ausweislich der<br />
Literaturliste vor allem auf Handbücher und ältere Kartenwerke.<br />
Der Atlas selbst folgt e<strong>in</strong>em epochalen Aufbau. Zwei e<strong>in</strong>leitende<br />
Kapitel beschäftigen sich mit der Zeit bis etwa 1000. „Zu den<br />
Anfängen des Christentums <strong>in</strong> der Zeit des späteren Reiches“<br />
(S. 25-38) widmen sich die Autoren den spätantiken Wurzeln der<br />
mittelalterlichen Kirche <strong>in</strong> ausgewählten Städten des späteren<br />
Reiches. Die vergleichsweise umfangreichen Erläuterungen zu<br />
den Karten bieten durchweg e<strong>in</strong>e Auswertung sowohl archäologischer<br />
wie auch historischer Erkenntnisse. Im folgenden Kapitel<br />
„Die kirchliche Erschließung des Heiligen Römischen Reiches bis<br />
zum Ausgang des Mittelalters“ (S. 39-45) wird e<strong>in</strong>e Übersicht über<br />
verschiedene Phasen von Bistumsgründungen sowie der Ausbreitung<br />
der Zisterzienser im Reichsgebiet geboten. Damit vermeidet<br />
Gatz, der <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung betonte: „Obwohl die Bistümer im<br />
Mittelpunkt dieses Atlasses stehen, s<strong>in</strong>d auch weitere kirchliche<br />
Felder berücksichtigt“ (S. 13) e<strong>in</strong>e Doppelung etwa mit Anliegen<br />
des Atlasses zur Kirchengeschichte von Hubert Jed<strong>in</strong> (1970) oder<br />
dem zweiten Band des Großen Historischen Weltatlasses des BSV<br />
(2. Aufl. 1979), die etwa die Ausbreitung von Orden im hohen und<br />
429<br />
späten Mittelalter bereits umfangreich thematisieren.<br />
Die e<strong>in</strong>zige Art von Wegen, die Gatz neben den Straßen der<br />
Stadtpläne von Kathedralstädten wiedergibt, s<strong>in</strong>d Autobahnen.<br />
Andere Fernwege, die bereits im Mittelalter e<strong>in</strong>e große Bedeutung<br />
<strong>für</strong> Wirtschaft und Verkehr haben, vermisst man daher im dritten<br />
Kapitel des Werkes, das sich den Zielen von Wallfahrten widmet<br />
(S. 49-55). In diesem Kapitel, welches das Jahr 1450 als Stichjahr<br />
wählt, sowie <strong>in</strong> dem über die Kirche im Reich um 1500 (S. 57-143)<br />
wählt Gatz bewusst e<strong>in</strong>en spätmittelalterlichen Zeitschnitt.<br />
Wichtigste Stationen der Genese der Territorien von Bistümern<br />
und Hochstiften werden <strong>in</strong> den Erläuterungen erklärt, die<br />
Zugehörigkeiten der umliegenden Gebiete werden <strong>in</strong> den Karten<br />
genannt und ermöglichen, auch <strong>in</strong> Bezug auf die Chronologie<br />
ihrer Genese, e<strong>in</strong>en Abgleich mit Werken wie etwa dem historischen<br />
Lexikon deutscher Länder oder Gatz' eigenen Bänden zu<br />
den Bistümern. Dass dieses Kapitel mit fast 90 Seiten e<strong>in</strong>en<br />
<strong>in</strong>haltlichen Schwerpunkt des Atlasses ausmacht, verwundert<br />
nicht, denn, so Gatz: „Der hier vorgelegte Atlas entstand im<br />
Anschluss an das von mir 2003 bis 2005 herausgegebene Lexikon<br />
der Bistümer im Hl. Römischen Reich bzw. <strong>in</strong> den deutschsprachigen<br />
Ländern.“ (S. 11) Im Anschluss erläutert Gatz überzeugend<br />
se<strong>in</strong>e großen zeitlichen Schnitte mit dem Abschluss der mittelalterlichen<br />
Territorialisierung der geistlichen Gebietskörperschaften<br />
um 1500 und dem Abschluss konfessionell bed<strong>in</strong>gter Veränderungen<br />
um 1750. Für diese beiden Stichdaten <strong>in</strong> der Zeit des Alten<br />
Reiches gibt Gatz e<strong>in</strong>en Überblick über alle Bistümer. Ereignisse<br />
danach betrachtet er zeitlich differenziert nach ihrem E<strong>in</strong>treten.<br />
Die Ereignisse von der Säkularisation bis zum Ersten Weltkrieg<br />
(S. 253-277) und vom 20. Jahrhundert bis <strong>in</strong> die Gegenwart (S.<br />
279-291) werden so ihrer geschichtlichen Relevanz entsprechend<br />
gewürdigt. Mit e<strong>in</strong>er Betrachtung der gegenwärtigen Situation (S.<br />
292-366) schließt der Atlas, wobei auch hier noch jüngere historische<br />
Veränderungen <strong>in</strong> zusätzlichen Karten gewürdigt werden.<br />
Unter den dargebotenen Orten f<strong>in</strong>den sich viele Namen gebende<br />
Sitze von Dekanaten. Durchgehend gel<strong>in</strong>gt dies jedoch nicht,<br />
weshalb Gatz wohl darauf verzichtet, hier e<strong>in</strong>en Anspruch auf<br />
Vollständigkeit zu erheben. Der Wert e<strong>in</strong>er solchen Arbeit wäre<br />
ohneh<strong>in</strong> fragwürdig, denn Gatz berücksichtigt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Karte<br />
den bei Abschluss se<strong>in</strong>er Arbeiten am Lexikon gültigen Stand der<br />
Dekanatssitze. Diese haben sich jedoch schon 2006 wieder<br />
verschoben. Solche und ähnliche Änderungen s<strong>in</strong>d im Zuge<br />
pastoraler Neuplanungen derzeit <strong>in</strong> vielen Diözesen im Gange<br />
und werden, wenn sich die Arbeiten daran auf e<strong>in</strong>em <strong>für</strong> das 21.<br />
Jahrhundert langfristig haltbaren Stand konsolidiert haben,<br />
genug Material <strong>für</strong> die Gestaltung e<strong>in</strong>es eigenen Atlasses liefern.<br />
Die Karten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Atlas durchgehend auf e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong><br />
hydrographischen Basis erstellt, die e<strong>in</strong>e gute erste Orientierung<br />
im Kartenbild ermöglicht. Des Weiteren s<strong>in</strong>d wichtige Orte zur<br />
Orientierung angegeben. Die farbliche Differenzierung der<br />
Flächen dient meist ausschließlich der Abgrenzung der Territorien<br />
von Bistümern, Hochstiften, Reichsstädten, geistlicher Territorien<br />
sowie <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen weltlicher Territorien. Alle anderen<br />
Gebiete s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitlicher Farbe mit ihren Grenzen erfasst und<br />
teils über Haken verbunden. Zu ihrer Identifikation ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Fällen die Zuhilfenahme e<strong>in</strong>es anderen historischen Atlasses<br />
erforderlich. Dies, genau wie das Fehlen wichtiger Bodenreliefstrukturen<br />
wie Hoch- und Mittelgebirge erschwert zwar bisweilen<br />
e<strong>in</strong>e rasche räumliche Orientierung, halten die Karten jedoch<br />
stets übersichtlich. Die Auswahl der dargebotenen kartographischen<br />
Informationen wirkt dadurch gut durchdacht.<br />
ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009