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Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen

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422<br />

ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009<br />

ARCHIVTHEORIE<br />

UND PRAXIS<br />

Zunächst würdigte Roland Schmidt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />

der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) das AdsD als<br />

ungedrucktes Gedächtnis der deutschen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

Arbeiterbewegung. Im Anschluss dankte Robert Kretzschmar als<br />

Vorsitzender des Verbandes deutscher Archivar<strong>in</strong>nen und Archivare<br />

(VdA) dem AdsD, das den VdA stets unterstützt und <strong>in</strong> den<br />

Arbeitskreisen Berufsbild und Tarif an maßgeblicher Stelle<br />

verdienstvolle Beiträge geleistet habe. Kretzschmar betonte<br />

außerdem, dass die zentrale Aufgabe der <strong>in</strong> der Fachgruppe 6<br />

(<strong>Archive</strong> der politischen Parteien, Stiftungen und Verbände) des<br />

VdA repräsentierten <strong>Archive</strong> politischer Stiftungen dar<strong>in</strong> bestehe,<br />

die Entscheidungsprozesse <strong>in</strong>nerhalb der politischen Parteien<br />

selbst sowie deren Rolle <strong>in</strong> der Regierungsverantwortung <strong>in</strong><br />

Bund und Ländern transparent zu machen. Die Stiftungsarchive<br />

<strong>für</strong> die historisch-politische Forschung und Bildungsarbeit seien<br />

mit ihren archivalischen Überlieferungen von Parteien, Verbänden<br />

und politischen Mandatsträgern aus der bundesdeutschen<br />

Archivlandschaft nicht wegzudenken.<br />

Dass die Stiftungsarchive neben ihrer nationalen archivarischen<br />

Verbands- und Gremienarbeit auch <strong>für</strong> die <strong>in</strong>ternationale Interessenswahrnehmung<br />

archivischer und archivarischer Anliegen von<br />

großer Bedeutung s<strong>in</strong>d, betonte Günter Buchstab <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Funktion als langjähriger Vorsitzender der Fachgruppe 6 des VdA<br />

und „Gründungsvater“ der Section of <strong>Archive</strong>s and Archivists of<br />

Parliaments and Political Parties (SPP) im International Council<br />

on <strong>Archive</strong>s (ICA).<br />

Den Reigen der sich mit ihrer Arbeit vorstellenden Stiftungsarchive<br />

eröffnete Monika Fassbender, Leiter<strong>in</strong> des Archivs des Liberalismus<br />

(ADL) der Friedrich-Naumann-Stiftung. Neben den<br />

nationalen Bestandszuwächsen bei den Gliederungen der FDP<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen auch Zunahmen bei den Überlieferungen der<br />

<strong>in</strong>ternationalen Liberalismusorganisationen sowie bei den<br />

entsprechenden Personenbeständen zu verzeichnen. Mit dem <strong>in</strong><br />

diesem Jahr <strong>in</strong> Gummersbach eröffneten Erweiterungsbau stehen<br />

künftig bessere Rahmenbed<strong>in</strong>gungen bei der Sicherung, Magaz<strong>in</strong>ierung<br />

und Aufbereitung <strong>für</strong> die historisch-politikwissenschaftliche<br />

Forschung zur Verfügung.<br />

Christoph Becker-Schaum vom Archiv Grünes Gedächtnis der<br />

He<strong>in</strong>rich-Böll-Stiftung skizzierte als „Gründungsarchivar“ der<br />

Grünen die Schwierigkeiten beim Aufbau des Archivs und stellte<br />

im Überlieferungsprofil des Archivs Grünes Gedächtnis <strong>in</strong>sbesondere<br />

die <strong>in</strong>dividuellen Eigenheiten von Personen und Kle<strong>in</strong>storganisationen<br />

im Kontext der Neuen Sozialen Bewegungen heraus.<br />

Diese im Archiv <strong>in</strong> ihrer jeweiligen archivalischen Überlieferung<br />

abzubilden, stelle nach wie vor e<strong>in</strong>e große Herausforderung dar.<br />

In den Sektionssitzungen des Nachmittags präsentierte zunächst<br />

Jochen Weichold das Archiv Demokratischer Sozialismus (ADS)<br />

der Rosa-Luxemburg-Stiftung als jüngstes Stiftungsarchiv. In<br />

se<strong>in</strong>em Beitrag umriss Weichold Aufbau, Tektonik und Bestandszuwächse<br />

im vergangenen Jahrzehnt. Derzeit arbeitet das ADS an<br />

verschiedenen Projekten zur Erschließung und Digitalisierung<br />

se<strong>in</strong>er Bestände. Seit Jahresbeg<strong>in</strong>n 2009 fördert die Rosa-Luxemburg-Stiftung<br />

das Projekt „Digitales Archiv: PDS und Die L<strong>in</strong>ke<br />

im Fernsehen“: Mitschnitte von Fernsehbeiträgen über die PDS<br />

aus den Jahren 1989-2004 und über die Partei DIE LINKE 2006-<br />

2007 werden hierbei digitalisiert, erschlossen und verzeichnet.<br />

Renate Höpf<strong>in</strong>ger, Leiter<strong>in</strong> des Archivs <strong>für</strong> Christlich-Soziale<br />

Politik (ACSP) der Hanns-Seidel-Stiftung, betonte <strong>in</strong> ihren Ausführungen,<br />

dass <strong>für</strong> die Überlieferungen christlich-sozialer Politik<br />

<strong>in</strong> ihrem Hause personenbezogene Bestände <strong>in</strong> Form von Nach-<br />

lässen und Deposita (verstanden als Überlieferungsform noch<br />

lebender Personen) von zentraler Bedeutung seien. Insbesondere<br />

Ausstellungen spielten <strong>in</strong> diesem Zusammenhang e<strong>in</strong>e zunehmend<br />

wichtigere Rolle <strong>für</strong> die Wahrnehmung und Wertschätzung<br />

des Archivs <strong>in</strong>nerhalb der eigenen Stiftung sowie nach außen <strong>für</strong><br />

die politisch handelnden Akteure der CSU. Problematisch sei,<br />

dass die Arbeit an Ausstellungen vor dem H<strong>in</strong>tergrund knapper<br />

personeller und materieller Ressourcen die eigentliche Archivarbeit<br />

zum<strong>in</strong>dest temporär stark bee<strong>in</strong>trächtige.<br />

Es folgte die Vorstellung des Archivs <strong>für</strong> Christlich-Demokratische<br />

Politik (ACDP) der Konrad-Adenauer-Stiftung durch dessen<br />

langjährigen Leiter Günter Buchstab. Er stimmte se<strong>in</strong>er Vorredner<strong>in</strong><br />

zu, dass die Bedeutung politisch-historischer Bildungsarbeit<br />

<strong>für</strong> die <strong>Archive</strong> der politischen Stiftungen immer mehr<br />

zunehme. Hierdurch fänden die Interessen des Archivs bei den<br />

politischen Entscheidungsträgern der politischen Stiftungen<br />

selbst und den H<strong>in</strong>terlegern – Parteien, Verbänden und Personen<br />

– besser Gehör, als dies alle<strong>in</strong> durch die eigentliche Archivarbeit<br />

jemals gel<strong>in</strong>gen könne. Dieses Dilemma gelte <strong>für</strong> alle politischen<br />

Stiftungsarchive.<br />

In der letzten Sektionssitzung referierte zunächst Hans-Holger<br />

Paul über das AdsD, se<strong>in</strong>e Geschichte als ältestes Archiv der<br />

politischen Stiftungen, se<strong>in</strong>e Akquisitionspolitik und nicht<br />

zuletzt über se<strong>in</strong>e Funktion als Motor jüngster Web- und Digitalisierungsprojekte,<br />

die im Verbund mit den anderen Stiftungsarchiven<br />

oder auch solitär <strong>in</strong> der Archivwelt auf große Aufmerksamkeit<br />

gestoßen seien.<br />

Auf die besondere geme<strong>in</strong>same Geschichte von Archiv und<br />

Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung (die beide lange Zeit e<strong>in</strong>e<br />

Abteilung waren und erst mit wachsender Größe und der damit<br />

verbundenen Bedeutung <strong>in</strong> den 1980er Jahren <strong>in</strong> zwei eigenständige<br />

Abteilungen aufgeteilt wurden) g<strong>in</strong>g Rüdiger Zimmermann,<br />

Leiter der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, e<strong>in</strong>. Sowohl<br />

Archiv wie auch Bibliothek bildeten das gedruckte und ungedruckte<br />

Gedächtnis der deutschen und <strong>in</strong>ternationalen Arbeiterbewegung<br />

mit den Schwerpunkten „Sozialdemokratie“ und<br />

„Gewerkschaftsbewegung“ im geme<strong>in</strong>samen Überlieferungsprofil.<br />

Die Bibliothek als wissenschaftliche Spezialbibliothek mit<br />

spezifischem Sammlungsprofil führt ebenfalls etliche Digitalisierungsprojekte<br />

mit nationalen und <strong>in</strong>ternationalen Partnern<br />

durch; hierbei ist die Förderung durch die Deutsche Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

(DFG) besonders hervorzuheben.<br />

In se<strong>in</strong>em Schlusswort hob der langjährige Leiter des AdsD,<br />

Michael Schneider, die Geme<strong>in</strong>samkeiten <strong>in</strong> der Aufgabe, Zielsetzung<br />

und Überlieferungsbildung der politischen Stiftungsarchive<br />

hervor. Diese hätten sich national wie <strong>in</strong>ternational e<strong>in</strong>e sehr gute<br />

Reputation <strong>in</strong> der archivischen Fachöffentlichkeit erarbeitet und<br />

seien <strong>in</strong> ihrer Funktion als quellenspezifische Überlieferungsträger<br />

der politischen Entscheidungsprozesse und Handlungsabläufe<br />

der Parteien <strong>für</strong> die historische und politikwissenschaftliche<br />

Forschung unentbehrlich. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund stets knapper<br />

werdender f<strong>in</strong>anzieller Mittel müsse besonders betont werden,<br />

dass die parteiübergreifende Solidarität der politischen Stiftungsarchive<br />

<strong>in</strong> der Wahrung geme<strong>in</strong>samer archivischer Interessen bei<br />

den Zuwendungsgebern der politischen Stiftungen beispielgebend<br />

sei.<br />

In der abschließenden Diskussion wurden die jeweiligen Spezifika<br />

der e<strong>in</strong>zelnen <strong>Archive</strong> erörtert und ihre geme<strong>in</strong>sam erarbeiteten<br />

Projekte diskutiert, u. a. am Beispiel der von der DFG geförderten<br />

Web-Archivierung der jeweiligen Parteiauftritte im Inter-

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