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Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen

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auch hier e<strong>in</strong>e „Rückgratüberlieferung“ zum<strong>in</strong>dest von Anträgen,<br />

Berichten und Grunddaten ebenso unverzichtbar ersche<strong>in</strong>t wie<br />

Protokolle der Mitgliederversammlungen, Begehungen und<br />

Leitungsgremien. H<strong>in</strong>sichtlich der Akten der<br />

Forschungsförderung ersche<strong>in</strong>t zwar e<strong>in</strong>e archivübergreifende<br />

Bewertungsdiskussion durchaus s<strong>in</strong>nvoll, doch muss „die Überlieferung<br />

letztlich auf jeder Ebene <strong>für</strong> sich [...] und unabhängig<br />

bewertet werden.“<br />

Thomas Becker (Universitätsarchiv Bonn) skizzierte den historischen<br />

Weg von der preußischen zur deutschen Rektorenkonferenz<br />

und den durch die Gründung der Westdeutschen<br />

Rektorenkonferenz 1949 markierten Neubeg<strong>in</strong>n nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg. Die archivische Überlieferung bef<strong>in</strong>det sich<br />

teilweise am Sitz der Hochschulrektorenkonferenz <strong>in</strong> Bonn und<br />

umfasst neben den diversen Plenar- und Gremienprotokollen<br />

umfangreiche publizierte Unterlagen wie Drucksachen und<br />

Materialien. Teilweise s<strong>in</strong>d auch bereits Akten mikroverfilmt und<br />

an das Bundesarchiv abgegeben worden.<br />

In se<strong>in</strong>em Praxisbericht beleuchtete Albrecht Ernst<br />

(Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv<br />

Stuttgart) „die baden-württembergischen Hochschulen <strong>in</strong> der<br />

Überlieferung des M<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Wissenschaft, Forschung<br />

und Kunst“. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er bemerkenswerten Hochschulvielfalt<br />

mit gegenwärtig rund 80 E<strong>in</strong>richtungen zeichnete er<br />

die Entwicklung und die wechselnden Zuständigkeiten vom<br />

württembergischen M<strong>in</strong>isterium des Kirchen- und Schulwesens,<br />

über das Kultm<strong>in</strong>isterium Württemberg-Baden (1945–1952) und<br />

das Kultusm<strong>in</strong>isterium Baden-Württemberg (1952–1978) bis zum<br />

heutigen M<strong>in</strong>isterium <strong>für</strong> Wissenschaft, Forschung und Kunst.<br />

So verwahrt das Hauptstaatsarchiv beispielsweise umfangreiche<br />

Materialien aus der Hochschulabteilung des M<strong>in</strong>isteriums zu<br />

den baden-württembergischen Fachhochschulen, Pädagogischen<br />

Hochschulen und Universitäten, wobei vor allem den Akten zur<br />

Hochschulentwicklung, zu allgeme<strong>in</strong>en Hochschulgesetzen und<br />

Prüfungsordnungen, zu Gründung, Ausbau und Verlagerung von<br />

Forschungse<strong>in</strong>richtungen Archivwürdigkeit beigemessen wurde.<br />

Dabei plädierte der Referent da<strong>für</strong>, die Bewertung mit den betroffenen<br />

Universitätsarchiven abzustimmen. H<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Nutzung kommt den Personalakten von Hochschullehrern e<strong>in</strong>e<br />

herausragende Rolle zu. Besonders nachgefragt werden überdies<br />

Akten zu Gründung und Aufbau e<strong>in</strong>zelner Hochschulen, zu<br />

Hochschulreformen oder – wegen der Rekonstruktion der Entwicklung<br />

des Lehrkörpers – die Stellenakten e<strong>in</strong>zelner Institute,<br />

womit sich <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e „kundenorientierte Bewertung“<br />

anbietet.<br />

Die Archivierungstätigkeit des Bundesarchivs auf dem Gebiet des<br />

Hochschulwesens beleuchtete Elke Hauschildt (Bundesarchiv<br />

Koblenz) und verwies auf die Unterlagen der Bund-Länder-<br />

Kommission <strong>für</strong> Bildungsplanung, den Wissenschaftsrat, den<br />

Deutschen Bildungsrat, die Überlieferung der Hochschulrektorenkonferenz<br />

und die M<strong>in</strong>isterialbestände vor allem des<br />

Bundesm<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Bildung und Wissenschaft (BA Koblenz,<br />

B 138). Ausführlich stellte die Referent<strong>in</strong> den Bestand „Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz“<br />

vor. So umfasst etwa der Hochschulausschuss<br />

der 1948 gegründeten Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz ca. 900 Aktene<strong>in</strong>heiten<br />

aus der Zeit zwischen den 1950er und 1970er Jahren<br />

und bietet umfangreiche Protokollserien sowie Unterlagen zur<br />

Hochschul- und Studienreform.<br />

E<strong>in</strong>en Werkstattbericht zur Überlieferung und Bewertung von<br />

ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009<br />

MITTEILUNGEN UND BEITRÄGE DES VdA<br />

VdA - Verband deutscher<br />

Archivar<strong>in</strong>nen und Archivare e.V.<br />

Akten der Deutschen Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft (DFG) im<br />

Bundesarchiv bot Annegret Neupert (Bundesarchiv Koblenz).<br />

Dabei erläuterte sie die differenzierten Strukturen des allgeme<strong>in</strong>en<br />

Verwaltungsschriftguts und der Projektakten der DFG, die<br />

Abgabepraxis und die im Bestand B 227 vere<strong>in</strong>ten Teilbestände.<br />

Angesichts des Massenproblems stellt gerade die qualitativ-repräsentative<br />

Auswahl der archivwürdigen, aus der Förderung von<br />

E<strong>in</strong>zelprojekten im sogenannten Normalverfahren entstehenden<br />

Beihilfeakten e<strong>in</strong>e besondere Herausforderung dar, wobei e<strong>in</strong>e<br />

Übernahmequote von unter 5 Prozent angepeilt wird. Für die<br />

Sicherung und Bewertung der Grundsatz- und Gremienakten<br />

soll demnächst e<strong>in</strong> Bewertungskatalog erarbeitet werden.<br />

Die Karlsruher Tagung setzte auch den 2008 <strong>in</strong> Münster begonnenen<br />

Dialog zwischen den Universitäts- und Wissenschaftsarchiven<br />

und den <strong>Archive</strong>n sozialer Bewegungen fort. In e<strong>in</strong>em<br />

geme<strong>in</strong>samen Vortrag wandten sich Jürgen Bacia (Archiv <strong>für</strong><br />

alternatives Schrifttum, Duisburg) und Cornelia Wenzel (Archiv<br />

der deutschen Frauenbewegung, Kassel) den Besonderheiten<br />

ihrer <strong>Archive</strong> und der Überlieferungsbildung zu. 7 Als „<strong>Archive</strong><br />

von unten“ dokumentieren die <strong>Archive</strong> der neuen sozialen Bewegungen<br />

die vielfältigen Aktivitäten an der gesellschaftlichen<br />

Basis und sammeln <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mischung von Archiv-, Bibliotheksund<br />

Dokumentationsgut und selbstgesetzten Sammlungsprofilen<br />

unter anderem Nachlässe von Aktivisten, <strong>Zeitschrift</strong>en, Bücher,<br />

graue Literatur, Fotos, Filme und Transparente. Die stark von<br />

ihren jeweiligen, meist knappen personellen und f<strong>in</strong>anziellen<br />

Möglichkeiten abhängigen <strong>Archive</strong> verstehen sich <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Ausprägung e<strong>in</strong>erseits vor allem als Dienstleister und<br />

Informationsversorger ihrer Milieus und andererseits als<br />

Gedächtnis der jeweiligen Bewegung. Auch wenn beispielsweise<br />

seit 1994 der Dachverband der Lesben/Frauenarchive, -bibliothe-<br />

1 Vgl.Wolfgang Müller (Redaktion): Dokumentationsziele und Aspekte der Bewertung<br />

<strong>in</strong> Hochschularchiven und <strong>Archive</strong>n wissenschaftlicher Institutionen.<br />

Beiträge zur Frühjahrstagung der Fachgruppe 8 – Archivare an Hochschularchiven<br />

und <strong>Archive</strong>n wissenschaftlicher Institutionen – des Verbandes Deutscher<br />

Archivar<strong>in</strong>nen und Archivare am 23. und 24. März 2006 an der Universität<br />

des Saarlandes <strong>in</strong> Saarbrücken. Saarbrücken 2008 (Saarbrücker<br />

Universitätsreden 73).<br />

2 Dokumentationsprofil <strong>für</strong> <strong>Archive</strong> wissenschaftlicher Hochschulen. E<strong>in</strong>e<br />

Handreichung von Thomas Becker (Bonn),Werner Moritz (Heidelberg),Wolfgang<br />

Müller (Saarbrücken), Klaus Nippert (Karlsruhe) und Max Plassmann<br />

(Düsseldorf). Saarbrücken 2009.<br />

3 Uwe Hoßfeld/Tobias Kaiser/He<strong>in</strong>z Mestrup (Hrsg.): Hochschule im Sozialismus.<br />

Studien zur Geschichte der Friedrich-Schiller-Universität <strong>in</strong> der SBZ/DDR<br />

(1945-1990). 2 Bände. Köln, Weimar 2007.<br />

4 www.thueraz.de. Zuletzt unter anderem: Kathar<strong>in</strong>a Lenski/Tobias Kaiser:<br />

Universitätsgeschichtliche Forschung und archivische Vielfalt – mit e<strong>in</strong>em besonderen<br />

Blick auf die Überlieferung des MfS. In: Wolfgang Müller (Redaktion):<br />

Dokumentationsziele und Aspekte der Bewertung <strong>in</strong> Hochschularchiven<br />

und <strong>Archive</strong>n wissenschaftlicher Institutionen (Anm.1), S. 221-237; Re<strong>in</strong>er Merker:<br />

Spannungsfeld zwischen „Aufarbeitungs<strong>in</strong>itiative“ und „klassischem Archiv“.<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und Bedeutung der DDR-Oppositionsarchive. In:<br />

Deutschland Archiv 41 (2008) H. 2, S. 295-301.<br />

5 Vgl. die zum Jahresende 2009 ersche<strong>in</strong>ende Studie Matthias Lienert: Dresdner<br />

Studenten im Spannungsfeld von Politik,Widerstand und Repression. Außerdem<br />

Klaus-Dieter Müller/Jörg Osterloh: Die Andere DDR. E<strong>in</strong>e studentische<br />

Widerstandsgruppe und ihr Schicksal <strong>in</strong> Spiegel persönlicher Er<strong>in</strong>nerungen<br />

und sowjetischer NKWD-Dokumente, Berichte und Studien 4 Des Hannah-<br />

Arendt-Instituts <strong>für</strong> Totalitarismus-Forschung der TU Dresden. Dresden 1995.<br />

6 Vgl. Anm. 2.<br />

7 Vgl. auch mit weiteren Literaturh<strong>in</strong>weisen Jürgen Bacia/Cornelia Wenzel: Das<br />

etwas andere Er<strong>in</strong>nern <strong>in</strong>: Aktuelle Nachrichten der kulturpolitischen Gesellschaft<br />

vom 13.5.2009.

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