Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen
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Inbetriebnahme<br />
AUFSÄTZE<br />
Der Bau war Anfang 2008 fertig gestellt und wurde im Januar<br />
des Jahres an die beiden Hauptnutzer (Staatsarchiv und TU<br />
Bergakademie Freiberg) übergeben. Testmessungen im<br />
Magaz<strong>in</strong>bereich im Februar und März ergaben, dass die geforderten<br />
Klimawerte erreicht werden, so dass das Bergarchiv den<br />
Neubau im April und Mai beziehen konnte. Der Umzug war<br />
bereits auf lange Sicht h<strong>in</strong> vorbereitet worden. Das gesamte<br />
Archivgut war sachgerecht verpackt, Anfang der 90er Jahre <strong>in</strong><br />
Notübernahmen aufgenommenes Schriftgut bewertet. E<strong>in</strong>e<br />
besondere Aufgabe bestand dar<strong>in</strong>, die auf zwei Standorte im<br />
Freiberger Stadtgebiet und auf das Staatsarchiv Leipzig verteilten<br />
Bestände im Schloss Freudenste<strong>in</strong> zusammenzuführen. Da<br />
Umfang des Archivguts, Abmessungen der Archivkartons und<br />
die im neuen Magaz<strong>in</strong> zur Verfügung stehenden Regalanlagen<br />
bekannt waren, wurde zunächst das gesamte Archivgut „virtuell“<br />
e<strong>in</strong>gelagert und mit den so gewonnenen Informationen e<strong>in</strong><br />
detaillierter Ablaufplan erarbeitet. Für jeden Standort und jeden<br />
Bestand war damit nicht nur der Anfangs- und Zielort klar def<strong>in</strong>iert,<br />
sondern auch die Reihenfolge und damit der Zeitpunkt des<br />
Umzugs. Den Umzug des Archivguts selber übernahm e<strong>in</strong>e<br />
Fachspedition. Insgesamt wurde <strong>für</strong> das Archivgut e<strong>in</strong> Zeitraum<br />
von gut drei Wochen benötigt (rd. 4.500 lfm Akten, etwa 65.000<br />
Risse, Karten und Pläne, 25.000 Fotografien und 20.000 Bände<br />
Bibliotheksgut). Erst danach folgte die Büroe<strong>in</strong>richtung. Der<br />
Lesesaal war den gesamten April und Mai h<strong>in</strong>durch geschlossen.<br />
Am 29.05.2008 wurde das Bergarchiv feierlich wieder eröffnet.<br />
Die Mitglieder der Historischen Freiberger Berg- und<br />
Hüttenknappschaft transportierten e<strong>in</strong>e Kassentruhe des<br />
18. Jahrhunderts als symbolische „letzte Archivkiste“ aus dem<br />
alten Standort <strong>in</strong> der Kirchgasse <strong>in</strong> das neue Domizil im Schloss<br />
Freudenste<strong>in</strong>. Gleichzeitig mit der Wiedereröffnung des<br />
Bergarchivs wurde auch die Zimelienausstellung im neuen<br />
Ausstellungsbereich <strong>für</strong> die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.<br />
In den nachfolgenden Wochen und Monaten erfolgte die<br />
schrittweise Inbetriebnahme des gesamten Gebäudekomplexes.<br />
Was zunächst bei den Mitarbeitern <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e erhebliche Belastung<br />
und im Lesesaal zu permanenten Störungen sorgte, war der dauernde<br />
Verkehr von Handwerkern. Dieses Problem hat sich erst<br />
jetzt, nach über e<strong>in</strong>em Jahr Betrieb, normalisiert. Ebenso e<strong>in</strong><br />
Quell ständigen Ärgers war zunächst die Haustechnik.<br />
E<strong>in</strong>bruchmeldeanlage, Brandmeldeanlage, Klimatechnik und<br />
elektronische Zugangskontrolle fielen immer wieder e<strong>in</strong>mal aus,<br />
sorgten <strong>für</strong> Fehlalarme oder verh<strong>in</strong>derten den Zutritt. Auch hier<br />
ist e<strong>in</strong>e Normalisierung des Betriebs erst nach über e<strong>in</strong>em Jahr<br />
zu verzeichnen. Weiterh<strong>in</strong> schwierig bleibt die Klimatisierung des<br />
Lesesaals. Die offene Haus-im-Haus-Konstruktion führt zu e<strong>in</strong>er<br />
permanenten Zugluft, was sowohl Mitarbeiter als auch Besucher<br />
im Lesesaal häufig frieren lässt. Zur Lösung dieses Problems<br />
wird derzeit das Klimatisierungskonzept <strong>für</strong> den Öffentlichkeitsbereich<br />
grundlegend überarbeitet. Insgesamt muss aber betont<br />
werden, dass trotz aller Schwierigkeiten im Detail die<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung des Bergarchivs sehr viel Vorteile mit sich br<strong>in</strong>gt.<br />
Die gesamte Nutzfläche des Schlosses beträgt über 8.000 m².<br />
Auf das Bergarchiv fallen dabei über 4.200 m² Nutzfläche; dass<br />
die Inbetriebnahme e<strong>in</strong>er so großen E<strong>in</strong>heit längere Zeit <strong>in</strong><br />
Anspruch nimmt, ersche<strong>in</strong>t nicht überraschend.<br />
ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009<br />
Erste Erfahrungen<br />
Im Schloss Freudenste<strong>in</strong> ist das Bergarchiv hervorragend untergebracht.<br />
Erstmals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er 330-jährigen Geschichte ist es mit<br />
e<strong>in</strong>em den Bedürfnissen angepassten Zweckbau versehen. An<br />
zentraler Stelle im prom<strong>in</strong>entesten Gebäude der Innenstadt positioniert,<br />
erfährt es e<strong>in</strong>e öffentliche Aufmerksamkeit, die <strong>für</strong> e<strong>in</strong><br />
Spezialarchiv dieser Größenordnung nicht selbstverständlich ist.<br />
Die Magaz<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d standsicher, klimatisiert und verfügen über<br />
ausreichende Lagerungsreserven, der Benutzersaal ist gut dimensioniert<br />
und ausgestattet, die Mitarbeiter arbeiten geme<strong>in</strong>sam an<br />
e<strong>in</strong>em Standort <strong>in</strong> Büroräumen mit e<strong>in</strong>er guten Infrastruktur.<br />
Die unkonventionelle Farbgebung, die so gar nicht den gängigen<br />
Klischees e<strong>in</strong>es Archivbaus entspricht, war bei den Mitarbeitern<br />
nach e<strong>in</strong>er kurzen E<strong>in</strong>gewöhnungszeit ke<strong>in</strong> Diskussionspunkt<br />
mehr. Der ganze Bau hat aber das Interesse von Architekten und<br />
Architektur<strong>in</strong>teressierten hervorgerufen. In Fachzeitschriften<br />
wurde weltweit (bis nach Korea) darüber berichtet.<br />
Studentengruppen der Universitäten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Dresden und<br />
Weimar besuchen <strong>in</strong>zwischen regelmäßig das Schloss<br />
Freudenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Freiberg. Um diesem Interesse entgegen zu kommen,<br />
das primär ja gar nichts mit e<strong>in</strong>er klassischen<br />
Archivbenutzung zu tun hat, wurden eigens an zwei festen<br />
Term<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der Woche Archivführungen e<strong>in</strong>gerichtet und auf<br />
Basis e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gfügigen Beschäftigung e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> zur<br />
Entlastung des Stammpersonals befristet e<strong>in</strong>gestellt. Aber auch<br />
die Archivbenutzung hat zugenommen. Die Gründe da<strong>für</strong> s<strong>in</strong>d<br />
vielfältig. Bestimmt ist manch potentieller Nutzer erst über die<br />
<strong>in</strong>tensive Öffentlichkeitsarbeit im Zuge der Renovierungs- und<br />
Umbauarbeiten auf das Archiv aufmerksam geworden. Die zentrale<br />
Lage, e<strong>in</strong> ungeh<strong>in</strong>derter Zugang zum Lesesaal und ausreichende<br />
Benutzerplätze haben aber wohl auch dazu beigetragen,<br />
Schwellenängste gar nicht erst aufkommen zu lassen.<br />
Synergien durch die geme<strong>in</strong>same Unterbr<strong>in</strong>gung mit der „Terra<br />
M<strong>in</strong>eralia“, der weltweit größten privaten M<strong>in</strong>eraliensammlung,<br />
s<strong>in</strong>d durchaus zu verzeichnen. Es gibt e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen<br />
Hausmeisterdienst <strong>für</strong> das gesamte Objekt, der Vortragssaal wird<br />
geme<strong>in</strong>sam betrieben, e<strong>in</strong> wesentlicher Teil der Besucher der<br />
„Terra M<strong>in</strong>eralia“ f<strong>in</strong>det auch den Weg <strong>in</strong> die Ausstellung des<br />
Bergarchivs. Bei der technischen Ausstattung des Vortragssaales<br />
wurden durch die TU Bergakademie sehr viel höhere Ansprüche<br />
an die Vortragstechnik gestellt als von Seiten des Staatsarchivs.<br />
Dadurch werden Horizonte geschaffen, an die aus eigenem<br />
Antrieb gar nicht zu denken war. So hat das Bergarchiv nun die<br />
Möglichkeit, AV-Medien aus se<strong>in</strong>en Beständen mit professioneller<br />
Vorführtechnik zu präsentieren. Was ebenfalls als Synergie<br />
bezeichnet werden kann, ist der Umstand, dass durch die geme<strong>in</strong>same<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung das Bergarchiv bei der Problembewältigung<br />
<strong>in</strong> Bausachen nicht mehr alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerhalb des<br />
Staatsarchivs agieren muss, sondern als Teil des Staatsarchivs<br />
geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>em weiteren starken Partner auftritt. Das<br />
erhöht die Aufmerksamkeit und gegebenenfalls auch den Druck<br />
zur Problemlösung, setzt aber natürlich entsprechende Abstimmungen<br />
zwischen den Partnern und e<strong>in</strong>en Willen zum<br />
geme<strong>in</strong>samen Handeln voraus.<br />
Aber auch Schwierigkeiten sollen nicht verschwiegen werden. Die<br />
„Terra M<strong>in</strong>eralia“ hat als öffentliches Museum e<strong>in</strong>en grundsätzlich<br />
anderen Besucherkreis als das Bergarchiv Freiberg. Während<br />
die Ausstellung unter anderem e<strong>in</strong>e touristische Zielsetzung hat,<br />
richtet sich das Angebot des Bergarchivs <strong>in</strong> der Regel an konzen-