Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen
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ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009<br />
ARCHIVTHEORIE<br />
UND PRAXIS<br />
HISTORISCHES ARCHIV<br />
DER STADT KÖLN<br />
EIN HALBES JAHR<br />
NACH DEM EINSTURZ<br />
Das Ende der ersten Bergungsphase und der Beg<strong>in</strong>n der Planungen<br />
<strong>für</strong> das weitere Vorgehen beim Wiederaufbau des am 3. März<br />
2009 e<strong>in</strong>gestürzten Historischen Archivs der Stadt Köln geben<br />
Anlass, das bisher Erreichte zu resümieren und die ersten Konzepte<br />
<strong>für</strong> die Zukunft vorzustellen. Zum E<strong>in</strong>sturz liegen bereits<br />
mehrere Publikationen vor, die <strong>in</strong>des noch nicht mit e<strong>in</strong>er abschließenden<br />
Bilanz und Wertung aufwarten können, sondern<br />
dem Informationsbedürfnis des Augenblicks gedient haben. 1<br />
Auch dieser Beitrag kann nur e<strong>in</strong>en Zwischenstand referieren,<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em entscheidenden Stadium am Übergang von<br />
der unmittelbaren Katastrophenbewältigung h<strong>in</strong> zur systematischen<br />
Wiederaufbauarbeit.<br />
STAND UND BILANZ DER BERGUNG<br />
Bis Ende Juli konnten ca. 85 Prozent des Archivguts geborgen<br />
und bis Ende August erstversorgt, d. h. grob gere<strong>in</strong>igt, grob registriert<br />
und entweder als trocken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von 19 Asylarchiven<br />
<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong> sowie <strong>in</strong> Schleswig und Freiburg e<strong>in</strong>gelagert<br />
oder als feucht klassifiziert e<strong>in</strong>gefroren werden. Parallel zur<br />
E<strong>in</strong>lagerung ist zunächst bei den Landschaftsverbänden <strong>Westfalen</strong>-Lippe<br />
und Rhe<strong>in</strong>land die Gefriertrocknung der etwa 2.500 lfm.<br />
Bergungsgut, die als nass oder mikrobiell befallen e<strong>in</strong>gefroren<br />
worden s<strong>in</strong>d, erfolgt. Hier ist Eile geboten, weil nach ca.<br />
18 Monaten e<strong>in</strong>gefrorenes Archivgut Folgeschäden erleidet. Die<br />
Entscheidung, statt massenhaft e<strong>in</strong>zufrieren e<strong>in</strong>e Trocknungsmöglichkeit<br />
<strong>für</strong> nur leicht feuchtes Bergungsgut zu schaffen,<br />
bewährt sich hier, da sonst noch wesentlich größere Mengen <strong>in</strong><br />
dieser kurzen Zeitspanne zu bewältigen wären.<br />
Ca. 10 bis 15 Prozent des Archivgutes – dies ist abhängig vom<br />
noch nicht genau absehbaren Umfang der Totalverluste – liegen<br />
noch im E<strong>in</strong>sturzkrater unterhalb des ehemaligen Archivgebäudes<br />
im Grundwasser. Diese können erst geborgen werden, wenn<br />
e<strong>in</strong> Sicherungsbauwerk <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er sogenannten Bohrpfahlwand<br />
errichtet wurde, die e<strong>in</strong> Abrutschen des Erdreichs verh<strong>in</strong>dert.<br />
In se<strong>in</strong>er Sitzung vom 10. August hat der Hauptausschuss<br />
der Stadt Köln die Errichtung e<strong>in</strong>es solchen Bauwerkes beschlossen.<br />
Die Verwaltung und e<strong>in</strong> speziell beauftragtes Ingenieurbüro<br />
haben umgehend mit der Vorbereitung begonnen. Aufgrund der<br />
statischen und technischen Schwierigkeiten wird jedoch e<strong>in</strong>e<br />
Bergung voraussichtlich erst im Verlaufe des W<strong>in</strong>ters möglich<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Bei den bereits geborgenen Archivalien ist e<strong>in</strong>e erste grobe<br />
E<strong>in</strong>schätzung der entstandenen Schäden erfolgt. Diese liegen<br />
zum e<strong>in</strong>en im Bereich der Verunordnung aller Bestände, zum<br />
anderen im Bereich der tatsächlichen Schädigung der Archivalien<br />
selbst, die häufig multiple Schadensbilder aufweisen. Alles<br />
Bergungsgut ist verstaubt, und zwar durch alkalischen Betonstaub,<br />
der auf Dauer Papier, Pergament und <strong>in</strong>sbesondere AV-<br />
Medien schädigt. Schon alle<strong>in</strong> deshalb muss dieser entfernt<br />
werden, allerd<strong>in</strong>gs kann der Staub voraussichtlich nicht durch