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Zeitschrift für Archivwesen - Archive in Nordrhein-Westfalen

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noch e<strong>in</strong>en Fluchtausgang. Panikschlösser gestatten im Notfall<br />

das Verlassen des Gebäudes ohne Schlüssel. Umgekehrt bieten<br />

die re<strong>in</strong>en Fluchtwegtüren ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, sie von außen zu<br />

öffnen. Die Zugangstüren sichern mit elektronischen Schlössern<br />

das Gebäude nach außen sowie die Übergänge <strong>in</strong> die verschiedenen<br />

Bereiche. Außerhalb der erweiterten Dienstzeiten s<strong>in</strong>d die<br />

Schlüssel grundsätzlich deaktiviert. Im Falle des Verlustes kann<br />

e<strong>in</strong> Schlüssel völlig aus dem System genommen werden. Beides<br />

verh<strong>in</strong>dert bzw. verr<strong>in</strong>gert die Gefahr des unberechtigten Zutritts<br />

mit entfremdeten Schlüsseln. Außerdem wird so das Haftungsrisiko<br />

<strong>für</strong> Mitarbeiter bei Verlust e<strong>in</strong>es Schlüssels deutlich gesenkt.<br />

Die wenigen Fenster der Magaz<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d schmal und mit Metall<br />

vergittert. Die Gitter s<strong>in</strong>d mit Faserzementplatten bzw. Holzlamellen<br />

verkleidet, so dass es nur mit sehr großem Aufwand<br />

möglich wäre, <strong>in</strong> die Magaz<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen. Die Platten verr<strong>in</strong>gern<br />

zusätzlich den Lichte<strong>in</strong>fall. Fe<strong>in</strong>er Maschendraht verh<strong>in</strong>dert<br />

das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen von Vögeln ebenso wie von kle<strong>in</strong>en Schädl<strong>in</strong>gen,<br />

wenn die Fenster geöffnet s<strong>in</strong>d. Schließkontakte, Magnetkontakte,<br />

Feuer- und Bewegungsmelder runden die Absicherung ab.<br />

Auf den ersten Blick wirken die Dächer des Archivs flach. Sie s<strong>in</strong>d<br />

als leicht gewelltes Walmdach ausgeführt und bestehen aus<br />

Alum<strong>in</strong>ium und bieten ausreichendes Gefälle <strong>für</strong> die schnelle<br />

Abführung von Regenwasser, das über außen angebrachte Regenr<strong>in</strong>nen<br />

und Fallrohre <strong>in</strong> die Kanalisation gelangt. Die ursprünglich<br />

angedachte Lösung, Regenwasser <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rigole versickern<br />

zu lassen, wurde wegen der Nähe zu dem Tiefgeschoss-Magaz<strong>in</strong><br />

aufgegeben. Im Magaz<strong>in</strong>dach gibt es ke<strong>in</strong>e Fenster oder Durchlässe,<br />

so dass von e<strong>in</strong>er hohen Absicherung gegen W<strong>in</strong>d, Regen<br />

und Unwetter gesprochen werden kann. Blitzableiter sorgen<br />

da<strong>für</strong>, dass auch Gewitter ke<strong>in</strong>en Schaden anrichten können.<br />

Gitter, Sichtblenden und Maschendraht schützen die Fensterflächen<br />

vor Hagel.<br />

Die Konstruktion dient aber nicht nur dem Schutz allgeme<strong>in</strong>, sie<br />

enthält auch Elemente, die <strong>für</strong> e<strong>in</strong> stabiles Klima sorgen, was die<br />

Lebenserwartung des Archivgutes erhöht. Der Faktor der relativen<br />

Feuchtigkeit gilt dabei als vorrangig. Zu niedrige relative<br />

Luftfeuchtigkeit verursacht bei vielen Archivalien Austrocknung,<br />

Versprödung und Brüchigwerden. Zu hohe relative Luftfeuchtigkeit<br />

fördert die Bildung von Schimmel, der mittelfristig das<br />

befallene Archivale sowie se<strong>in</strong> Umfeld, also auch Menschen,<br />

gefährdet. Starke Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit<br />

über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum können zu Rissen und Verformungen<br />

beim Archivgut führen und <strong>in</strong> speziellen Fällen chemische<br />

Reaktionen beschleunigen. 6 Um die von der Feuchtigkeit ausgehende<br />

Gefahr ger<strong>in</strong>g zu halten, wurde, wie oben geschildert, mit<br />

Fertigteilen gearbeitet und der Rohbau schnell geschlossen, um<br />

e<strong>in</strong>e zusätzliche Durchfeuchtung durch Niederschläge zu verh<strong>in</strong>dern.<br />

Die Böden wurden <strong>in</strong> konventionellem Anhydridestrich<br />

ausgeführt. Hauptvorteile dieses Verfahren liegen dar<strong>in</strong>, dass sich<br />

dieser Estrich leicht großflächig aufbr<strong>in</strong>gen lässt, dass er spannungsarm<br />

und fast ohne Verformung aushärtet und e<strong>in</strong>e hohe<br />

Endfestigkeit erreicht. Er ermöglicht die Schaffung großer,<br />

fugenloser Flächen und ist ideal <strong>für</strong> die streifenweise Verlegung<br />

zwischen den Rollregalschienen. Der ger<strong>in</strong>ge Anmachwassergehalt<br />

des Estrichs und der frühe Zeitpunkt, von dem an dieser<br />

Estrich künstlich getrocknet werden kann, sorgen da<strong>für</strong>, dass sich<br />

die Luftfeuchtigkeit <strong>in</strong> den Magaz<strong>in</strong>en zügig normalisiert. 7<br />

MAGAZINKLIMA<br />

375<br />

In den Magaz<strong>in</strong>en unseres Archivs reguliert der Innenputz<br />

(2,5 cm an den Wänden und 1,5 cm an den Decken) die Feuchtigkeit.<br />

Er nimmt überschüssige Feuchtigkeit auf und gibt sie bei<br />

Bedarf wieder ab. Den Putz an den Decken anzubr<strong>in</strong>gen, erwies<br />

sich als nicht ganz e<strong>in</strong>fach, obwohl nach den Erfahrungen andernorts<br />

bei unserem Bau von vornhere<strong>in</strong> darauf geachtet worden<br />

ist, dass der Deckenbeton nicht zu glatt ausgeführt wurde.<br />

Dennoch gab es Schwierigkeiten mit dem Aufbr<strong>in</strong>gen des Putzes.<br />

Wesentlich <strong>für</strong> das Gel<strong>in</strong>gen war es, dass auf die Glättung des<br />

Putzes an der Decke verzichtet wurde. Nun haftete der Putz, die<br />

Decke er<strong>in</strong>nert allerd<strong>in</strong>gs jetzt e<strong>in</strong> wenig an e<strong>in</strong>e Tropfste<strong>in</strong>höhle.<br />

Dies mag e<strong>in</strong> ästhetischer Nachteil se<strong>in</strong>, der aber im Nebeneffekt<br />

zu e<strong>in</strong>er erheblichen Vergrößerung der Putzoberfläche führte, die<br />

sich ausgesprochen positiv auf die Feuchtigkeitsregulierung<br />

auswirkt.<br />

Die relative Luftfeuchtigkeit wird (wie die Temperatur) an zwölf<br />

Messpunkten <strong>in</strong> jedem großen Magaz<strong>in</strong> laufend elektronisch<br />

überwacht und gegen den Zielwert 50 % abgeglichen. Reicht der<br />

Innenputz <strong>für</strong> die Regulierung nicht mehr aus, werden die<br />

Fenster automatisch geöffnet und durch Querlüftung versucht,<br />

überschüssige Feuchtigkeit abzutransportieren. Vorher vergleicht<br />

das System aber die absolute Feuchte <strong>in</strong>nen und außen. Dadurch<br />

wird verh<strong>in</strong>dert, dass unerwünschte Feuchtigkeit <strong>in</strong>s Magaz<strong>in</strong><br />

gelangt. Bei extremen Bed<strong>in</strong>gungen können mobile Entfeuchter<br />

<strong>in</strong>s Magaz<strong>in</strong> gefahren werden, was im bisherigen regulären<br />

Betrieb jedoch noch nicht notwendig war.<br />

Die nachfolgende Grafik <strong>für</strong> Mai zeigt, dass trotz starker Schwankungen<br />

der relativen Luftfeuchtigkeit außen (weiß) sich die<br />

relative Luftfeuchtigkeit <strong>in</strong> den großen Magaz<strong>in</strong>en (schwarz) im<br />

idealen Bereich bewegten, nur das kle<strong>in</strong>ere Karten- und Drucksachenmagaz<strong>in</strong><br />

war nicht ganz so stabil. 8<br />

5 The National <strong>Archive</strong>s (Hg.): Standard for Record Repositories. London 2004.<br />

Abschnitt 5.3.1., me<strong>in</strong>e Übersetzung. Siehe auch:<br />

www.nationalarchives.gov.uk/documents/standard2005.pdf.<br />

Vgl. dazu auch die Empfehlung der Archivreferentenkonferenz:<br />

Notfallvorsorge <strong>in</strong> <strong>Archive</strong>n. (Stand 17.11.2004) www.landesarchivbw.de/sixcms/detail.php?template=hp_artikel&id=8648&id2=8446&sprache=de<br />

mit vielen H<strong>in</strong>weisen auf bauliche Maßnahmen zur Vorbeugung gegen<br />

Schäden unterschiedlichster Art.<br />

6 Vgl. dazu die Aufstellung bester Erhaltungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>: UNESCO<br />

(Hg.): Safeguard<strong>in</strong>g Our Documentary Heritage, S. 8/16 –<br />

http://webworld.unesco.org/safeguard<strong>in</strong>g/en/<strong>in</strong>dex.html. Hilfreich jetzt<br />

auch Mario Glauert: Klimamessung und Klimaregulierung im Archivmagaz<strong>in</strong>.<br />

In: Mario Glauert / Sab<strong>in</strong>e Ruhnau (Hg.) (wie Anm. 3), S. 55-72.<br />

7 Industriegruppe Estrichstoffe im Bundesverband der Gips- und Gipsplatten<strong>in</strong>dustrie<br />

(Hg.): Rohstoffe <strong>für</strong> Calciumsulfat-Fließestriche – www.calciumbo.de/PDFs/Rohstoff.pdf.<br />

Vgl. außerdem die Pressemeldung von Lanxess<br />

vom2.4.2004:www.anhydrit.com/anhydrit/de/publications/press/00.2004/<br />

content/<strong>in</strong>dex_00276.php.<br />

8 Die Lücken <strong>in</strong> den Datenreihen resultieren aus Serverproblemen bei der E<strong>in</strong>führung<br />

e<strong>in</strong>er Term<strong>in</strong>al-Server-Umgebung.<br />

ARCHIVAR 62. Jahrgang Heft 04 November 2009

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