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Activities 2006 - European Academy of Sciences and Arts

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EUROPEAN ACADEMY OF SCIENCES & ART<br />

Begriff der Toleranz gegenüberstehen, zeigt aber, dass man ihn nicht statisch sehen kann.<br />

Er hat sich dynamisch entwickelt. Vom Gegenein<strong>and</strong>er über das Nebenein<strong>and</strong>er leitet er<br />

heute über zum Mitein<strong>and</strong>er. Die negative Intoleranz wurde und wird über die neutrale<br />

Toleranz inzwischen zur positiven Akzeptanz. War die frühere Intoleranz vielfach mit<br />

Ignoranz verbunden, gehört zur Akzeptanz geradezu zwillingshaft das Wissen um den<br />

Anderen, um die <strong>and</strong>ere Kultur oder Ideologie, um die <strong>and</strong>ere Religion oder<br />

Weltanschauung. Nur wer den <strong>and</strong>eren oder das <strong>and</strong>ere kennt, um es weiß, wird ihn oder<br />

es verstehen. Anders ausgedrückt könnte man auch sagen: Toleranz ist erlernbar.“<br />

In seiner Rede, ging Siegbert Alber auch auf die europäische Einheit und zwischenstaatliche<br />

Beziehungen ein und fragte: „Welches sind die Gründe oder gar Geheimnisse des<br />

Erfolges der europäischen Einigung? In den Präambeln der Verträge wird vieles dazu<br />

gesagt. Das Bestreben, den Frieden zu erhalten, wird ergänzt durch das Bekenntnis zu den<br />

Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und den Menschenrechten sowie durch den<br />

Wunsch, die Solidarität zwischen den Völkern zu stärken. In Art. 6 Abs. 3 des<br />

Unionsvertrages heißt es zudem: ‚Die Union achtet die nationale Identität ihrer<br />

Mitgliedstaaten.’ Dies ist mehr als nur die Befolgung eines Toleranzgebotes. Gerade die<br />

verschiedenen nationalen Identitäten, also der Pluralismus, sind Teil der Schönheit<br />

Europas. Die mögliche Teilnahme an ihnen, ist ein großer Gewinn. Der gewollte Pluralismus<br />

ist auch eine Garantie dafür, dass Europa nicht zu einem ‚Einheitsbrei’ werden wird.“<br />

Abschließend fügte Alber hinzu: „Was nun darüber hinausgehend die Beziehungen zwischen<br />

den Staaten anbelangt, so bedeutet Toleranz zielgerichtet letztlich und im weitesten<br />

Sinne die Versöhnung der Völker. Gerade in diesem Bereich haben die Minister Genscher<br />

und Dumas durch den Abbau von Spannungen große Verdienste erworben, für die sie<br />

heute zu Recht ausgezeichnet werden. Da nachher Berufene dieses Wirken gebührend<br />

würdigen werden, brauche ich auf den Bereich der zwischenstaatlichen Beziehungen nicht<br />

näher einzugehen. Nur so viel: Die Toleranz ist so gesehen die wichtigste Voraussetzung<br />

für den Erhalt des Friedens. Der Erhalt und die Schaffung des Friedens ist – wie die heutige<br />

Zeit erneut zeigt – die wichtigste politische Aufgabe überhaupt. Die Vereinigung<br />

Europas, an der die heute zu Ehrenden entscheidend mitgewirkt haben, könnte hierfür ein<br />

Modell sein. Wenn man früher keine richtige Lösung f<strong>and</strong>, hat man geteilt. So wurde<br />

Deutschl<strong>and</strong> geteilt, Korea und Vietnam. Die europäische Antwort aber war: Vereinen statt<br />

Teilen. Die Grenzen wurden abgeschafft und durch Brücken ersetzt. Die Gemeinsamkeiten<br />

wurden und werden betont und das Trennende kleingeschrieben. Wir brauchen und wollen<br />

auch weltweit keinen Zusammenprall der Kulturen, sondern einen Dialog, einen<br />

Austausch, ja sogar eine Teilhabe an den Werten und Errungenschaften der Anderen, wie<br />

auch wir eine solche Teilhabe bieten.<br />

Was also Toleranz in diesem Sinne letztlich ist, wird gleich am Anfang der künftigen<br />

Europäischen Verfassung gesagt. In Art. I – 8 Abs. 3 wird als Leitspruch der Europäischen<br />

Union festgehalten: ‚In Vielfalt vereint’ In Art. I – 8 Abs. 2 wird zur Europahymne gesagt,<br />

dass sie der ‚Ode an die Freude aus der Neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven’<br />

entstammt. Wie heißt es darin so schön? Alle Menschen werden Brüder! Dies zu erreichen<br />

ist letztlich auch der Sinn der Toleranz. Aus gutem Grunde ist dies deshalb – und dasselbe<br />

muss auch für die Europapolitik gelten – die Ode an die Freude.“<br />

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