Einführung zum Praxismaterial aus dem Projekt ... - Frühe Chancen
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DJI/<strong>Projekt</strong> „Sprachliche Bildung und Förderung für Kinder unter Drei“ Juni 2011<br />
Strategien der Kinder beim Erstspracherwerb<br />
Bei der Beobachtung von Kindersprache ist es entscheidend zu erkennen, welche Strategien die Kinder<br />
einsetzen. Denn mit diesen Strategien gelingt es ihnen, die komplexe Umgebungssprache an ihre<br />
sprachlichen Möglichkeiten anzupassen. So vollziehen sie ihre sprachlichen Lernfortschritte. Aus der<br />
„Banane“ wird <strong>zum</strong> Beispiel ganz einfach die „Nane“. Die Kinder verändern nach <strong>dem</strong> Prinzip „Nicht zu<br />
viel auf einmal“ Laute, Wörter, Sätze und sprachliche Regeln. Außer<strong>dem</strong> verständigen sie sich zunächst<br />
vor allem über Gestik und Mimik.<br />
Fachkräfte sollten auch erkennen, für welche sprachlichen Aspekte Kinder in einer bestimmten Phase<br />
sensibel sind. Ob sie <strong>zum</strong> Beispiel gerade begeistert ihren Wortschatz rund ums Auto erweitern und<br />
entdecken, dass es neben <strong>dem</strong> „Audo“ auch noch den „Dador“ (Traktor) gibt, oder sich mit den<br />
persönlichen Fürwörtern und der schwierigen Unterscheidung von „mir“ und „mich“ abmühen.<br />
Der kindliche Spracherwerb vollzieht sich nicht als ein gleichmäßig ablaufender und kontinuierlicher<br />
Aufbauprozess. Fortschritte können mitunter auf den ersten Blick wie Rückschritte <strong>aus</strong>sehen, wenn<br />
Kinder <strong>zum</strong> Beispiel von neu entdeckten Regeln großzügig Gebrauch machen und <strong>aus</strong> „hab gegessen“<br />
plötzlich wieder „geesst“ wird. Aus all diesen Gründen ist es für die Bezugspersonen der Kinder wichtig,<br />
aufmerksam zu werden für die Zwischenschritte und individuellen Verläufe des Spracherwerbs.<br />
Eine zentrale Strategie von Kindern ist die Nachahmung. Kinder sind beim Spracherwerb – wie in ihrer<br />
Entwicklung insgesamt – aufmerksame Beobachter/innen und versuchen das, was sie bei anderen sehen<br />
und hören, selbst <strong>aus</strong>zuprobieren. Die Strategie der Nachahmung können wir beim Lauterwerb, beim<br />
Worterwerb, bei der Übernahme von Satzteilen, von Gestik und Mimik ebenso wie beim Nachspielen von<br />
vertrauten Situationen gut beobachten. So kommt es vor, dass wir Wörter oder komplexe sprachliche<br />
Formulierungen hören, die die Kinder von sich <strong>aus</strong> spontan eigentlich noch nicht produzieren können.<br />
Wichtig für die Anwendung der Nachahmungsstrategie ist für sie zunächst der intime Dialog mit einer<br />
vertrauten Bezugsperson, aber bald auch die Beobachtung des sprachlichen Agierens anderer Kinder.<br />
Kinder profitieren beim Spracherwerb nicht nur vom Imitieren, sondern ebenfalls davon, dass ihre<br />
Bezugspersonen das aufgreifen und wiederholen, was die Kinder produzieren. Aus der Forschung wissen<br />
wir, dass der Nachahmungsprozess wechselseitig verläuft. Auch die erwachsenen Dialogpartner/innen<br />
greifen die nonverbalen und verbalen Äußerungen der Kinder auf und spiegeln sie. Dabei erleben Kinder<br />
ihre Äußerungen als variantenreiches Echo beim Gegenüber, sehen und hören, was sie selbst produziert<br />
haben, und entdecken sich als Verursacher des sprachlichen Handelns ihre/s/r Gesprächspartner/s/in.<br />
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