Ice Station
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Schofield sah zu Renshaw hinüber. Der kleine Wissenschaftler war über ein Paar<br />
Mundstücke gebeugt, die er mit Meerwasser auswusch.<br />
»In der Tat, doch«, erwiderte Schofield leise.<br />
»Was haben Sie gesehen?«, fragte Renshaw interessiert.<br />
Schofield zögerte. »Mr. Olson hatte sich die eigene Zunge abgebissen.«<br />
»Hmmm.«<br />
»Die Kieferknochen waren auch fest geschlossen, und seine Augen waren heftig<br />
entzündet - rotgerändert, blutunterlaufen.«<br />
Renshaw nickte. »Und was hat man Ihnen erzählt, das ihm zugestoßen wäre?«<br />
»Sarah Hensleigh hat mir erzählt, Sie hätten ihn mit einer Subkutanspritze gestochen<br />
und ihm flüssigen Abflussreiniger in den Blutkreislauf injiziert.«<br />
Renshaw nickte wissend. »Aha. Lieutenant, könnten Sie bitte einen Blick auf dieses<br />
Buch werfen?« Renshaw zog ein durchweichtes Buch aus der Brusttasche seines Parkas. Es<br />
war das dicke Buch, das er aus seinem Zimmer mitgenommen hatte, als sie die <strong>Station</strong><br />
verlassen hatten.<br />
Renshaw reichte es Schofield. Biotoxikologie und durch Gift hervorgerufene Erkrankungen.<br />
»Lieutenant«, sagte Renshaw, »wenn Sie jemand mit Abflussreiniger vergiftet, bringt<br />
das Gift Ihren Herzschlag zum Erliegen, einfach so. Es gibt keinen Todeskampf. Sie<br />
sterben einfach. Kapitel 2.«<br />
Schofield durchblätterte die durchweichten Seiten bis zum Kapitel 2. Er sah die<br />
Überschrift: Durch Gift hervorgerufener, augenblicklicher physiologischer Tod.<br />
Er sah eine Liste dessen, was der Autor ›Bekannte Gifte‹ genannt hatte. Mitten auf der<br />
Liste sah Schofield ›Starke Reinigungsflüssigkeiten, Insektiziden<br />
»Der springende Punkt ist«, sagte Renshaw, »es gibt keine äußeren Anzeichen des Todes<br />
bei einem derartigen Gift. Ihr Herz hört auf zu schlagen, Ihr Körper hält einfach an.«<br />
Renshaw hielt den Finger hoch. »Aber bei gewissen anderen Giften ist das nicht so«,<br />
sagte er. »Wie beispielsweise das Gift der Seeschlange.«<br />
»Das Gift der Seeschlange?« fragte Schofield.<br />
»Kapitel 9«, erwiderte Renshaw.<br />
Schofield suchte es. Natürlich vorkommende Gifte - Meeresfauna.<br />
»Suchen Sie unter Seeschlangen«, sagte Renshaw.<br />
Schofield tat es. Er fand die Überschrift: Seeschlangen -Gifte, Symptome und Behandlung.<br />
»Lesen Sie es«, sagte Renshaw.<br />
Schofield tat es.<br />
»Laut«, meinte Renshaw.<br />
Schofield las: »Die gemeine Seeschlange (Enhydrina schistosa) besitzt ein Gift mit einer<br />
Toxizität, die dreimal so stark ist wie bei der Königskobra, der tödlichsten Landschlange.<br />
Ein Tropfen (0,03 ml) reicht aus, drei Menschen zu töten. Allgemeine Symptome einer<br />
Vergiftung durch die Seeschlange sind Schmerzen und Muskelversteifung, Anschwellen der<br />
Zunge, Lähmungserscheinungen, Sehverlust, heftige Entzündung der Augen und<br />
Zusammenziehen der Pupillen sowie, am bemerkenswertesten, Kieferstarre. Die<br />
Kieferstarre ist in der Tat in solchen Fällen so heftig, dass die Opfer einer Vergiftung durch<br />
die Seeschlange nicht selten...« Schofield unterbrach sich. »Lesen Sie«, sagte Renshaw<br />
leise. »... die eigene Zunge mit den Zähnen durchbeißen.« Schofield sah zu Renshaw auf.<br />
Renshaw legte den Kopf zur Seite. »Sehe ich für Sie wie ein Mörder aus, Lieutenant?«<br />
»Wer könnte denn sagen, dass Sie nicht Seeschlangengift in diese Subkutanspritze<br />
aufgezogen haben?«, konterte Schofield.<br />
»Lieutenant«, erwiderte Renshaw, »auf der Eisstation Wilkes wird das Seeschlangengift<br />
im Biotoxinlabor aufbewahrt, das stets - stets - verschlossen ist. Nur wenige Leute haben<br />
Zutritt zu diesem Raum, und ich bin keiner davon.«<br />
Schofield erinnerte sich an das Biotoxinlabor auf Deck B, erinnerte sich an das deutliche,<br />
aus drei Kreisen bestehende Warnzeichen an der Tür.