Leben mit dem Tourette Syndrom - InteressenVerband Tic und ...
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A.: Nein. Es kam auch schon mal vor, dass man mich drauf ansprach. Einmal war<br />
ich beim Hausarzt <strong>und</strong> da hat mich einer gefragt, was ich habe. Ich hab ihm das<br />
dann erklärt <strong>und</strong> er hat auch richtig aufmerksam zugehört <strong>und</strong> er hat gesagt: „Das<br />
find ich toll, dass du da so offen darüber sprichst.“ Hat auch selber zugegeben,<br />
dass er sich erschrocken hat <strong>und</strong> gedacht hat, dass ich einen Knall hab oder so.<br />
Wenn die Menschen dann erstmal merken, dass ich auch normal reden kann <strong>und</strong><br />
normal denken kann, dann geht das eigentlich. Aber erstmal dahin zu kommen,<br />
das ist schon ein großer Schritt.<br />
I.: Bemerkst du, wenn ein <strong>Tic</strong> kommt? Hast du dieses sensorische Vorgefühl?<br />
A.: Ich merk das. Aber das sind ganz wenige Sek<strong>und</strong>en, also das ist keine Sek<strong>und</strong>e.<br />
Früher hab ich das nicht gemerkt, weil ich ganz häufig <strong>Tic</strong>s hatte. Ich schätz<br />
mal 30 in einer Minute. Da ist das nicht so aufgefallen. Inzwischen kann ich es<br />
auch etwas kontrollieren, aber dafür kommen die <strong>Tic</strong>s dann doppelt so stark, wenn<br />
ich mich unbeobachtet fühle. Wenn ich mal in der Disko bin <strong>und</strong> dann auf Toilette<br />
gehe <strong>und</strong> mich keiner sieht, dann zuck ich einmal so <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Körper zusammen.<br />
Das ist so eine Entladung. Also ich kann es teilweise zurückhalten.<br />
I.: Also kannst du die <strong>Tic</strong>s aufschieben?<br />
A.: Ja, das geht. Das kommt aber auch immer auf die Situation an. Warum ich es<br />
kann, weiß ich selber nicht. Eigentlich kann man es nicht. Also, früher konnte ich<br />
es nicht. Ob man das lernen kann? Ich weiß nicht. Wenn man es könnte, könnte<br />
man sie ja eigentlich immer zurückhalten. Es ist nur in manchen Situationen.<br />
Wenn richtig viel Stress ist, dann kann ich es nicht. Aber wenn ich in einer Situation<br />
bin, in der ich denke, dass ich alles im Griff habe, dann geht es schon.<br />
I.: Wie hast du dich gefühlt, bevor die Diagnose gestellt wurde?<br />
A.: Tja, ziemlich hilflos. Alle fragen, was man hat <strong>und</strong> man konnte keine Antwort<br />
geben. Das war schon ziemlich schlimm. Ich war schon bei verschiedenen Ärzten<br />
<strong>und</strong> hatte auch verschiedene Diagnosen, z.B. hatte ich angeblich ADHS. Dann<br />
war da noch Eppilepsi nikosalam Krämpfe. Das sind also auch so motorische kurze<br />
Zuckungen. Das war schon furchtbar. Jeder Arzt sagt dir was anderes <strong>und</strong> du<br />
weißt nicht, was du hast. Man fühlt sich ziemlich hilflos <strong>und</strong> das schlimmste ist,<br />
wenn man selber nicht weiß, was man hat. Man denkt: „Was ist <strong>mit</strong> dir los, wie<br />
fühl ich mich, was mach ich hier, wer bin ich? Das bin nicht ich. Was hast du?“<br />
Wenn man keine Antwort darauf weiß, das ist richtig schlimm. Da macht man