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Cicero 10 Jahre (Vorschau)

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„Viele Muslime<br />

fassen Glauben<br />

und Spiritualität<br />

als Lifestyle auf.<br />

Das äußert sich<br />

in ihrer Mode“<br />

Langston Hues, Modeblogger<br />

von modeststreetfashion.com<br />

schlicht in Schwarz oder in leuchtenden<br />

Farben kunstvoll drapiert. Die vagen<br />

Formulierungen des Koran lassen<br />

viel Raum für Interpretationen. Diese<br />

reichen vom iranischen Tschador, der<br />

Kopf und den gesamten Körper verhüllt,<br />

über die afghanische Burka, die der Trägerin<br />

nur den Blick durch ein Stoffgitter<br />

vor den Augen ermöglicht, bis hin zu<br />

vielen Varianten des Kopftuchs, das mit<br />

moderner Kleidung kombiniert wird: In<br />

der Türkei ist der Amira-Stil beliebt, bei<br />

dem das Tuch über einem breiten Haarband<br />

getragen wird, in Nordafrika bevorzugen<br />

Frauen den locker gebundenen<br />

Shayla-Stil und drapieren das Tuch<br />

mit Stecknadeln um Kopf und Schultern.<br />

Kaum ein Kleidungsstück weckt so kontroverse<br />

Assoziationen wie das Kopftuch.<br />

Zeichen der Unterdrückung und Abgrenzung<br />

oder religiöses Symbol und Identitätsmerkmal<br />

– für jeden verbirgt sich etwas<br />

anderes unter dem Stoff, aus dem die<br />

Diskussionen sind.<br />

Selma Elaimy und Aysha Marzouk<br />

kennen diese Debatten. Im Alltag beschäftigt<br />

sie jedoch eine andere Frage:<br />

Wie modisch darf Verhüllung sein? Im Internet<br />

bietet ein Universum fantasievoller<br />

Blogs Antworten. Junge Musliminnen<br />

präsentieren hier ihre eigenen Versionen<br />

von Hijab-Mode. Da wird das Tuch zum<br />

Turban oder im klassischen Stil gebunden,<br />

mit Jeans und Sneakers oder zu Haremshose<br />

und Blazer kombiniert. Nicht<br />

zu eng, nicht zu kurz, nicht zu offenherzig<br />

– das sind die Regeln der Hijabistas,<br />

der muslimischen Variante der Fashionistas.<br />

So werden Frauen, die sich für Mode<br />

interessieren und für Fotografen posieren,<br />

in der Welt der Streetblogs genannt.<br />

„Das Internet beschleunigt den<br />

Trend, islamische Mode mit westlichen<br />

Einflüssen zu vermischen“, sagt Reina<br />

Lewis, Professorin am London College of<br />

Fashion. Das Phänomen könne man seit<br />

etwa zehn <strong>Jahre</strong>n vor allem in London,<br />

Amsterdam oder New York beobachten:<br />

„Töchter muslimischer Einwanderer<br />

wachsen in der hiesigen Konsumkultur<br />

auf. An dieser wollen sie teilhaben<br />

und gleichzeitig ihre kulturellen Hintergründe<br />

bewahren.“ Dies falle Frauen<br />

der zweiten und dritten Einwanderergeneration<br />

leichter als ihren Müttern und<br />

Großmüttern: „Sie sind gebildet, sprechen<br />

mehrere Sprachen, haben Zugang<br />

zu Medien und Konsum.“<br />

Reina Lewis ist von der politischen<br />

Bedeutung des Trends überzeugt. „Es<br />

mag zunächst trivial klingen, weil es um<br />

Mode geht. Doch genau diese Mode kann<br />

sich positiv auf Integrationsprozesse auswirken.“<br />

Die jungen Frauen sind ein aktiver,<br />

sichtbarer Teil der Gesellschaften,<br />

in denen sie leben. Durch den Mix islamischer<br />

Mode mit globalen Trends und<br />

Elementen verliert das Kopftuch seine<br />

abgrenzende Funktion. Über religiöse<br />

und kulturelle Grenzen hinweg entsteht<br />

ein Austausch auf Basis der Mode. Beim<br />

Fachsimpeln über Kleidung und Accessoires<br />

spielt das Kopftuch keine Rolle.<br />

Ablehnung und Argwohn weichen der<br />

Neugier.<br />

DAS GLAUBT AUCH die Bloggerin Tasnim<br />

Baghdadi aus Köln. Vor anderthalb <strong>Jahre</strong>n<br />

entdeckte die 25 <strong>Jahre</strong> alte Muslimin<br />

den Turban für sich und erlebte positive<br />

Reaktionen: „Der Turban weckt andere<br />

Assoziationen als das klassische Kopftuch.“<br />

Statt an eine unterdrückte Frau<br />

denke man an Stilikonen wie Grace Kelly,<br />

die in den sechziger <strong>Jahre</strong>n Turban trug.<br />

Auch die Silhouette, die Hals und Schultern<br />

erkennen lässt, sei dem westlichen<br />

Auge vertrauter als versteckte Konturen.<br />

„Der Turban-Look rückt das Prinzip<br />

der Bedeckung plötzlich in ein positives<br />

Licht“, sagt Baghdadi.<br />

Seit sie 14 ist, bedeckt sie ihr Haar –<br />

zunächst aus religiösen Gründen und<br />

weil es in ihrer marokkanischen Familie<br />

so üblich war. Später kamen andere<br />

Motive hinzu: „Das Kopftuch hat auch<br />

eine feministische Dimension. Es bedeckt<br />

die Reize und zwingt den Betrachter, die<br />

Persönlichkeit jenseits der Optik wahrzunehmen.“<br />

Baghdadi experimentiert gern:<br />

Ihr Monopol<br />

auf die Kunst<br />

Gerhard<br />

Richter<br />

Exklusiv: Interview von Hans-Ulrich Obrist<br />

Zehn <strong>Jahre</strong> Monopol<br />

Wir schreiben Kunstgeschichte:<br />

2004 bis heute<br />

Jonathan Lethem<br />

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Crewdson<br />

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<strong>Cicero</strong> – 5. 2014

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