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WELTBÜHNE<br />
Analyse<br />
Syrien ist ein Leichenhaus.<br />
Mehr als 140 000 Menschen<br />
sind in dem grausamen Bürgerkrieg<br />
getötet worden. Das<br />
Massensterben ist so furchtbar,<br />
dass die Vereinten Nationen es aufgegeben<br />
haben, die Toten zu zählen.<br />
Im Irak ist der Krieg zwischen<br />
Sunniten und Schiiten neu entflammt.<br />
2013 starben mehr als 8000 Iraker, die<br />
höchste Opferzahl seit 2008. Mehr als<br />
140 000 Menschen sind seit vergangenem<br />
Dezember vor religiös motivierter<br />
Gewalt aus der Provinz Anbar geflohen.<br />
Im Januar verließen in nur einer Woche<br />
65 000 Iraker Falludscha und Ramadi –<br />
Städte, die wieder in die Hände von Al<br />
Qaida gefallen sind.<br />
Die Straßen Beiruts werden von Autobomben<br />
und Anschlägen erschüttert,<br />
weil die Kämpfe in Syrien auf den Libanon<br />
übergreifen. Auch Kairo ist zu einem<br />
Schauplatz von Bombenexplosionen und<br />
Tötungen geworden, zeitgleich kommt es<br />
zu dschihadistischen Angriffen im Sinai.<br />
Andere, scheinbar stabile arabische Staaten<br />
könnten bald auch in Gefahr sein.<br />
Die maskierten Al-Qaida-Kämpfer<br />
erleben einen neuen Aufwind. Sie scheinen<br />
die einzigen Sieger in all dem Chaos<br />
im Nahen Osten zu sein. Ihren Rekruten<br />
und fanatischen Anhängern ist es<br />
gelungen, sowohl den Volksaufstand in<br />
Syrien als auch die schwelenden Ressentiments<br />
im Irak in einen religiösen<br />
Krieg zwischen Sunniten und Schiiten<br />
zu verwandeln. Unter dem Label „Islamischer<br />
Staat im Irak und in der Levante“<br />
hat Al Qaida sich kein geringes<br />
Ziel gesteckt: die Grenzen zwischen Syrien<br />
und Irak von der Landkarte tilgen<br />
und einen eigenen transnationalen Terrorstaat<br />
ausrufen.<br />
Die Kämpfer sind disziplinierter,<br />
besser bewaffnet und erfahrener denn<br />
je. Die Schlachtfelder Syriens haben<br />
der Terrororganisation als Sammelort<br />
und Übungsplatz gedient. Inzwischen<br />
überqueren ihre kampfgestählten Infanteristen<br />
ungehindert die syrisch-irakische<br />
Grenze. Der amerikanische Botschafter<br />
im Irak schätzt, dass sich mehr<br />
als 2000 Al-Qaida-Kämpfer im Land<br />
aufhalten.<br />
Der Nahe Osten versinkt nicht einfach<br />
im Chaos. Er nimmt eine neue, ungleich<br />
tödlichere Gestalt an. Die vor<br />
TÖTEN FÜR DEN<br />
TERRORSTAAT<br />
Attentate und Massaker reihen sich schier<br />
endlos aneinander – Al Qaida mordet, als habe<br />
es nie einen „Krieg gegen den Terror“ gegeben.<br />
Ihr Ziel: Syrien und Irak von der Karte tilgen<br />
Von WILLIAM J. DOBSON<br />
66<br />
<strong>Cicero</strong> – 5. 2014