gwf Wasser/Abwasser IT-Branchenlösungen für die Wasserwirtschaft (Vorschau)
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| NACHRICHTEN<br />
|<br />
Branche<br />
Arzneimittel in der Umwelt sind eine<br />
globale Herausforderung<br />
Hunderte Wirkstoffe und Abbauprodukte belasten Gewässer und Böden nahezu weltweit<br />
Welches Ausmaß <strong>die</strong> Umweltbelastung<br />
mit Arzneimitteln<br />
erreicht, zeigt ein Forschungsprojekt<br />
im Auftrag des Umweltbundesamtes:<br />
Spuren von mehr als 630 verschiedenen<br />
Arzneimittelwirkstoffen sowie<br />
deren Abbauprodukte lassen<br />
sich in vielen Teile der Erde nachweisen.<br />
Sie sind in Gewässern, Böden,<br />
Klärschlamm und Lebewesen<br />
zu finden. Sehr häufig kommen das<br />
Schmerzmittel und der Entzündungshemmer<br />
Diclofenac vor. Der<br />
verwendete Wirkstoff wurde bisher<br />
in Gewässern von insgesamt 50 verschiedenen<br />
Ländern gemessen. Das<br />
Umweltprogramm UNEP der Vereinten<br />
Nationen prüft jetzt, ob<br />
„Arz neimittel in der Umwelt“ ein<br />
neues wichtiges Handlungsfeld<br />
im internationalen Chemikalienprogramm<br />
SAICM werden soll. Um<br />
<strong>die</strong>s zu unterstützen, initiierten<br />
das Umweltbundesamt (UBA) und<br />
das Bundesumweltministerium am<br />
8. und 9. April 2014 einen internationalen<br />
Arzneimittel-Workshop<br />
in Genf. Thomas Holzmann, der<br />
amtierende Präsident des UBA: „Das<br />
Umweltbundesamt kann jetzt sicher<br />
belegen, dass Arzneimittelrückstände<br />
in der Umwelt weltweit<br />
ein relevantes Problem darstellen.<br />
Lösen können wir es nur global,<br />
indem wir <strong>die</strong> internationale Chemikaliensicherheit<br />
stärken. Zum<br />
Beispiel im Rahmen des internationalen<br />
Chemikalienprogramms<br />
SAICM. Mit unserem vierjährigen<br />
Forschungsprojekt, welches den<br />
internationalen Wissensstand zu<br />
Arzneimitteln in der Umwelt analysiert<br />
und transparent macht, leisten<br />
wir dazu einen Beitrag.“<br />
Hohe Konzentrationen von Arzneimittelrückständen<br />
werden nicht<br />
nur in Gewässern und Böden der<br />
Industriestaaten gemessen, sondern<br />
auch in vielen Entwicklungs-<br />
und Schwellenländern. Die ersten<br />
Ergebnisse der UBA-Stu<strong>die</strong> zeigen:<br />
bis heute wurden über 630<br />
verschiedene Arzneimittelwirkstoffe<br />
und deren Abbauprodukte weltweit<br />
in der Umwelt nachgewiesen. 17<br />
Wirkstoffe kamen in allen Regionen<br />
der Welt vor. Die meisten Daten liegen<br />
bisher zum Schmerzmittel und<br />
Entzündungshemmer Diclofenac<br />
vor. Der Wirkstoff wurde bisher in<br />
Gewässern von insgesamt 50 verschiedenen<br />
Ländern gemessen. In<br />
35 <strong>die</strong>ser Länder überstiegen Messwerte<br />
<strong>die</strong> Gewässerkonzentration<br />
von 0,1 Mikrogramm pro Liter – ein<br />
Wert, der nahe der im Laborversuch<br />
ermittelten Konzentration liegt, bei<br />
der erste Schädigungen an Fischen<br />
beobachtet wurden. Dieser Wert<br />
war auch in der Diskussion als europäische<br />
„Umweltqualitätsnorm <strong>für</strong><br />
Oberflächengewässer“. Die EU-Mitgliedsstaaten<br />
haben sich nunmehr<br />
darauf geeinigt, <strong>die</strong> Konzentration<br />
<strong>die</strong>ses Stoffes in europäischen Gewässern<br />
regelmäßig zu messen und<br />
mögliche Gegenmaßnahmen bei<br />
Überschreitung zu entwickeln. Neben<br />
dem „Blockbuster“ Diclofenac<br />
zählen zu den weltweit meist verbreiteten<br />
Wirkstoffen auch das<br />
Antiepileptikum Carbamazepin, das<br />
Schmerzmittel Ibuprofen, das Pillen-<br />
Hormon Ethinylestradiol sowie das<br />
Antibiotikum Sulfamethoxazol.<br />
In den letzten Jahren hat sich <strong>die</strong><br />
Datenlage zum Vorkommen von<br />
Arzneimitteln in der Umwelt <strong>für</strong><br />
Deutschland und <strong>die</strong> anderen Staaten<br />
der EU sowie <strong>für</strong> Nordamerika<br />
und China deutlich verbessert.<br />
Wenig war dagegen zur weltweiten<br />
Situation bekannt. Während <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> westeuropäischen Staaten zahlreiche<br />
Informationen und Veröffentlichungen<br />
vorliegen, sind es <strong>für</strong> Afrika,<br />
Lateinamerika und Osteuropa<br />
deutlich weniger. Im Besonderen<br />
gelangen Informationen zur Umweltbelastung<br />
in einigen Hauptproduktionsländern<br />
von Medikamenten<br />
wie In<strong>die</strong>n kaum an <strong>die</strong> Öffentlichkeit.<br />
Welche konkreten Maßnahmen<br />
den weltweiten Eintrag von Arzneimitteln<br />
in <strong>die</strong> Umwelt effektiv<br />
re duzieren können, diskutierten<br />
60 Expertinnen und Experten aus<br />
Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen,<br />
Politik und Wirtschaft<br />
auf einem internationalen Workshop<br />
in Genf. Das UBA-Forschungsprojekt<br />
soll dazu <strong>die</strong>nen, das Thema<br />
„Arzneimittel in der Umwelt“ im<br />
Umweltprogramm der Vereinten<br />
Nationen UNEP zu verankern, als<br />
Teil des „Strategischen Ansatz zum<br />
internationalen Chemikalienmanagement“<br />
SAICM. Wird <strong>die</strong>s angenommen,<br />
folgen konkrete, weltweite<br />
Maßnahmen.<br />
Weitere Informationen<br />
Arzneimittel in der Umwelt<br />
Humanarzneimittel gelangen hauptsächlich<br />
über das häusliche <strong>Abwasser</strong><br />
in <strong>die</strong> Umwelt. Sie werden nach<br />
der Einnahme vom Körper meist<br />
nicht vollständig abgebaut und<br />
wieder ausgeschieden. Kläranlagen<br />
können oft nicht alle Arzneimittelrückstände<br />
zurückhalten. Sind keine<br />
Kläranlagen vorhanden, gelangen<br />
<strong>die</strong> Wirkstoffe direkt ins Gewässer.<br />
Dort können sie Pflanzen und Tiere<br />
schädigen. Tierarzneimittel gelangen<br />
zum größten Teil über Gülle<br />
und Dung von behandelten Tieren<br />
in Böden und Gewässer. Über <strong>die</strong><br />
langfristige Wirkung <strong>die</strong>ser Substanzen<br />
auf <strong>die</strong> Ökosysteme liegen<br />
bisher wenige Informationen vor.<br />
Laborexperimente und Freilandversuche<br />
zeigen aber negative Effekte<br />
wie reduziertes Wachstum, Verhaltensänderungen<br />
oder verminderte<br />
Vermehrungsfähigkeit bei Lebewesen<br />
in der Umwelt.<br />
Mai 2014<br />
596 <strong>gwf</strong>-<strong>Wasser</strong> <strong>Abwasser</strong>