gwf Wasser/Abwasser IT-Branchenlösungen für die Wasserwirtschaft (Vorschau)
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<strong>Abwasser</strong>behandlung | FACHBERICHTE |<br />
1. Veranlassung und Zielsetzung<br />
Für <strong>die</strong> meisten im <strong>Wasser</strong>kreislauf nachgewiesenen<br />
anthropogenen Spurenstoffe, vor allem Arzneimittelrückstände,<br />
können Kläranlagenabläufe als ein be deutender<br />
Eintragsweg in <strong>die</strong> aquatische Umwelt identifiziert werden<br />
[1–4]. Bislang ist jedoch <strong>die</strong> Daten lage zur Bewertung von<br />
anthropogenen Spurenstoffen und ihren Abbauprodukten<br />
im <strong>Wasser</strong>kreislauf noch unvollständig [5].<br />
Auf europäischer und nationaler Ebene gibt es<br />
mittlerweile Bestrebungen, Umweltqualitätsnormen in Gewässern<br />
auch <strong>für</strong> Arzneimittel rechtlich zu verankern [6]. Bei<br />
Überschreitung <strong>die</strong>ser Qualitätsziele im Gewässer kann <strong>die</strong>s<br />
zukünftig Maßnahmen zur Reduzierung notwendig machen.<br />
So fordert <strong>die</strong> EU-Kommission mit Erweiterung der<br />
<strong>Wasser</strong>rahmenrichtlinie vom 2. Juli 2013 <strong>die</strong> Einführung einer<br />
Überwachungsliste. Das neue Gesetz verweist auf das<br />
Risiko, dass <strong>die</strong> drei weit ver breiteten Arzneistoffe (<strong>die</strong> Hormonpräparate<br />
17alpha-Ethinylestradiol und 17beta-Estradiol<br />
sowie das Schmerzmittel Diclofenac) darstellen [7].<br />
Bayern verfolgt daher eine schrittweise Vorgehensweise<br />
hinsichtlich des Umgangs mit anthropogenen<br />
Spurenstoffen und der Frage der Notwendigkeit einer<br />
vierten Reinigungsstufe. Die Wahl der Maßnahmen zur<br />
Reduktion von Mikroverunreinigungen ist abhängig<br />
von zu berücksichtigenden Eintragspfaden in <strong>die</strong><br />
Gewässer. Eine vierte Reinigungsstufe („End-of-Pipe-<br />
Maßnahme“) kann als einer der Nachklärung nachgeschalteten<br />
Verfahrensstufe (im Anschluss an <strong>die</strong> konventionelle<br />
<strong>Abwasser</strong>reinigung) <strong>für</strong> eine weitergehende<br />
Reduzierung von Spurenstoffen im <strong>Abwasser</strong> <strong>die</strong>nen.<br />
Bestandteil der bayerischen Strategie im Umgang<br />
mit anthropogenen Spurenstoffen war das Projekt<br />
„Mikroverunreinigungen in oberirdischen Gewässern: Ermittlung<br />
des Handlungsbedarfs bei kommunalen Kläranlagen“<br />
[8]. Hierzu wurde ein georeferenziertes Modell <strong>für</strong> das gesamte<br />
bayerische Fließgewässernetz so aufbereitet, dass<br />
es <strong>die</strong> räumliche Konzentrationsverteilung <strong>für</strong> ausgewählte<br />
anthropogene Spurenstoffe in allen Gewässerabschnitten<br />
<strong>für</strong> den mittleren Abfluss und bei Bedarf <strong>für</strong> den Niedrigwasserabfluss<br />
simulieren und darstellen kann [8]. Auf <strong>die</strong>se<br />
Weise lassen sich mögliche Belastungsschwerpunkte, bei<br />
denen ggf. Handlungs bedarf bestehen könnte, prognostizieren<br />
und notwendige Messprogramme zur Überprüfung<br />
effizient durchführen [8]. Als wichtiges Ergebnis der<br />
Modellierung lässt sich festhalten, dass in Fließgewässerabschnitten<br />
mit hohem <strong>Abwasser</strong>anteil <strong>für</strong> bestimmte Arzneimittel<br />
umweltrelevante Konzentrationen im Gewässer<br />
prognostiziert werden. Eine generelle Notwendigkeit, Kläranlagen<br />
ab einer bestimmten Ausbaugröße landesweit<br />
mit einer vierten Reinigungsstufe nachzurüsten ergibt sich<br />
aufgrund der bisherigen Ergebnisse aber nicht. Es ist jedoch<br />
nicht ausgeschlossen, dass in begründeten Einzelfällen<br />
eine Nachrüstung erforderlich werden kann [9].<br />
Aufbauend auf den Ergebnissen der Modellierung<br />
wurde 2012 ein Messprogramm zur Überprüfung der im<br />
Modell prognostizierten Belastungsschwerpunkte durch<br />
das Bayerische Landesamt <strong>für</strong> Umwelt (LfU) und den<br />
<strong>Wasser</strong>wirtschaftsämtern durchgeführt [10]. Ergänzend<br />
hierzu wurden bestehende Kenntnisse zur vierten<br />
Rei nigungsstufe zusammengetragen. Das Projekt<br />
„Be wertung vorhandener Technologien <strong>für</strong> <strong>die</strong> Elimination<br />
anthropogener Spurenstoffe auf kommunalen Kläranlagen“<br />
wurde vom Bayerischen Landesamt <strong>für</strong> Umwelt beauftragt<br />
und durch das Bayerische Staatsministerium<br />
<strong>für</strong> Umwelt und Gesundheit (StMUG) finanziert.<br />
Derzeit existiert keine kommunale bayerische Kläranlage<br />
mit einer vierten Reinigungsstufe. Daher sind <strong>die</strong> betrieblichen<br />
Erfahrungen mit einer vierten Reinigungsstufe<br />
in Bayern, <strong>die</strong> Kenntnisse zum Eliminations verhalten und<br />
den Auswirkungen auf das Gewässer kaum vorhanden.<br />
Ziel der Stu<strong>die</strong> war, <strong>für</strong> Bayern eine umsetzbare Lösung einer<br />
vierten Reinigungsstufe zu erarbeiten. Hierzu wurden<br />
verschiedene Technologien, <strong>die</strong> sich derzeit in Deutschland<br />
und in der Schweiz im Einsatz befinden, hinsichtlich<br />
Reinigungsleistung, Wirtschaftlichkeit und Einsatzfähigkeit<br />
verglichen und daraus eine Vorgehensweise (Erarbeitung<br />
einer Vorzugslösung) <strong>für</strong> Bayern abgeleitet. Dabei wurden<br />
<strong>die</strong> speziellen Randbedingungen in Bayern berücksichtigt.<br />
2. Methoden<br />
Im Hinblick auf <strong>die</strong> Zielsetzung des Vorhabens wurden in<br />
einer umfangreichen Literaturrecherche überwiegend <strong>die</strong><br />
verschiedenen nachgeschalteten Filtrationsverfahren<br />
(Nanofiltration (NF), Umkehrosmose (UO)), Adsorptionsverfahren<br />
(Pulveraktivkohle (PAK) und Filtration über<br />
granulierte Aktivkohle (GAK)) und Oxidationsverfahren<br />
(Ozon) näher betrachtet. Grundlage <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zusammenstellung<br />
der bereits gewonnenen Erfahrungen und<br />
Erkenntnisse zu den genannten Reinigungstechnologien<br />
sind veröffentlichte Forschungsberichte, Machbarkeitsstu<strong>die</strong>n<br />
und Projektsteckbriefe. An <strong>die</strong>ser Stelle wird<br />
u. a. auf folgende Literaturstellen ver wiesen (Auszug der<br />
untersuchten Literaturstellen): [11–25].<br />
Aktuelle Forschungsvorhaben, Erläuterungsberichte<br />
zu geplanten vierten Reinigungsstufen und<br />
Betriebs erfahrungen aus der Schweiz sowie der<br />
Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-<br />
Westfalen wurden systematisiert und überschaubar<br />
zusammengefasst. Eine Zusammenstellung der Literaturerhebungen<br />
ist im Abschlussbericht unter:<br />
http://www.unibw.de/ifw/swa/Forschungsvorhaben<br />
zu finden. Zusätzlich können unter nachfolgendem<br />
Link, Steckbriefe zu nationalen und internationalen<br />
Projekten und Forschungsvorhaben zum Thema Elimination<br />
von Mikroschadstoffen in Gewässern downgeloaded<br />
werden: http://www.masterplan-wasser.nrw.de<br />
Um gesicherte Kenntnisse über den Betrieb von<br />
Technologien zur Reduzierung von Mikroverunreinigung<br />
zu erlangen, wurden Kläranlagen mit einer vierten<br />
Reinigungsstufe in Baden-Württemberg und Nord-<br />
Rhein-Westfalen untersucht und <strong>die</strong> wichtigsten Daten<br />
vor Ort erhoben. Im Zeitraum von August bis Oktober<br />
Mai 2014<br />
<strong>gwf</strong>-<strong>Wasser</strong> <strong>Abwasser</strong> 649