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Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und ...

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Ausschussdrucksache 16(11)538<br />

Ausschuss für Arbeit <strong>und</strong> Soziales<br />

Es wären jedoch weit mehr Versicherte <strong>von</strong> den Abschlägen<br />

bei den Erwerbsminderungsrenten betroffen.<br />

Versicherte, die aufgr<strong>und</strong> körperlich belastender Tätigkeiten<br />

nicht bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres<br />

arbeiten können, wären – anders als heute – auch dann<br />

<strong>von</strong> Abschlägen betroffen, wenn ihre Erwerbsminderung<br />

zwischen dem vollendeten 63. <strong>und</strong> 65. Lebensjahr eintritt.<br />

Die Anzahl der abschlagsbehafteten Erwerbsminderungsrenten<br />

wird daher selbst dann steigen, wenn die<br />

Anzahl der Erwerbsminderungen trotz Anhebung der<br />

Regelaltersgrenze auf 67 Jahre konstant bliebe.<br />

Das Erwerbsminderungsrisiko würde zum Risiko lebenslanger<br />

Armut<br />

Mit der Rentenreform 2001 wurde ein Paradigmenwechsel<br />

in der Alterssicherungspolitik eingeleitet: Die Lebensstandardsicherung<br />

soll nicht mehr allein durch die<br />

gesetzliche Rentenversicherung als erster Säule der Alterssicherung,<br />

sondern künftig durch alle drei Säulen der<br />

Alterssicherung abgedeckt werden.<br />

Dieser Paradigmenwechsel bedeutet für das Erwerbsminderungsrisiko<br />

bereits nach geltendem Recht ein verschärftes<br />

Armutsrisiko. Denn zum einen sind Erwerbsminderungsrentnerinnen<br />

<strong>und</strong> -rentner aufgr<strong>und</strong> des früheren<br />

Renteneintritts länger <strong>von</strong> den Dämpfungen der Rentenanpassungen<br />

betroffen. Zum zweiten berechnet sich<br />

ihre Rente auf Gr<strong>und</strong>lage der vielfach niedrigeren Einkommen<br />

junger Berufsjahre. Zum dritten fehlt ihnen<br />

aufgr<strong>und</strong> des früheren Renteneintritts vielfach eine ausreichende<br />

private Altersvorsorge, zumal sie immer noch<br />

<strong>von</strong> der Riesterförderung ausgeschlossen sind.<br />

Die mit der Anhebung des Referenzalters verb<strong>und</strong>ene<br />

Verbreiterung der Abschläge wird das Armutsrisiko der<br />

Erwerbsminderungsrentnerinnen <strong>und</strong> -rentner zusätzlich<br />

verschärfen. Dies ist umso problematischer, als bis heute<br />

gesicherte empirische Bef<strong>und</strong>e über die materielle Lebenssituation<br />

<strong>von</strong> Erwerbsminderungsrentnerinnen <strong>und</strong> -<br />

rentnern fehlen. Der durch eine Erwerbsminderung erzwungene<br />

Austritt aus dem Erwerbsleben darf nach<br />

Auffassung des SoVD nicht zu einem Risiko lebenslanger<br />

Armut führen. Dies würde die gesetzliche Rentenversicherung<br />

als Pflichtversicherung in erhebliche verfassungsrechtliche<br />

Legitimationsprobleme bringen.<br />

Die Abschlagshöhe nach Beitragsjahren ist verfassungsrechtlich<br />

bedenklich<br />

Der Vorschlag, das Referenzalter für Versicherte mit 35<br />

bzw. 40 Beitragsjahren ausnahmsweise beim 63. vollendeten<br />

Lebensjahr zu belassen (§ 77 Abs. 4, § 264c Satz 2<br />

SGB VI-E), kann darüber hinaus in bestimmten Fallkonstellationen<br />

zu verfassungsrechtlich bedenklichen Ergebnissen<br />

führen.<br />

Der Eintritt einer Erwerbsminderung lässt sich zeitlich<br />

nicht steuern. Ein Versicherter, der mit Vollendung des<br />

63. Lebensjahres bereits 35 bzw. 40 Beitragsjahre zurückgelegt<br />

hat <strong>und</strong> erwerbsgemindert wird, müsste dem<br />

Vorschlag zufolge keine Abschläge hinnehmen. Tritt die<br />

Erwerbsminderung allerdings einen Monat vor dem<br />

Erreichen der 35 bzw. 40 Beitragsjahre ein, müsste der<br />

Versicherte gleichen Alters hingegen lebenslange Abschläge<br />

in Höhe <strong>von</strong> 7,2 Prozent hinnehmen. Der SoVD<br />

hält dies für verfassungsrechtlich äußerst bedenklich,<br />

insbesondere dann, wenn in beiden Fällen gleich hohe<br />

Beitragsvorleistungen erbracht wurden.<br />

1.3. Altersrente für schwerbehinderte Menschen<br />

Die geplante Anhebung der abschlagsfreien Altersrente<br />

für schwerbehinderte Menschen <strong>von</strong> 63 auf 65 Jahre (§§<br />

37, 236a SGB VI-E) <strong>und</strong> ihrer abschlagsbehafteten vorzeitigen<br />

Inanspruchnahme <strong>von</strong> 60 auf 62 Jahre (§§ 236a,<br />

77 SGB VI-E) wird ebenfalls mit Entschiedenheit abgelehnt.<br />

Der SoVD fordert die B<strong>und</strong>esregierung auf, diese<br />

Leistungskürzung zu Lasten schwerbehinderter Menschen<br />

aufzugeben.<br />

Die beschäftigungs- <strong>und</strong> arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen<br />

erlauben die geplante Anhebung der<br />

Altersgrenzen bei der Rente für schwerbehinderte Menschen<br />

nicht. Schwerbehinderte Menschen sind nach wie<br />

vor in besonderer Weise <strong>von</strong> Arbeitslosigkeit betroffen<br />

oder werden in die Frühverrentung gedrängt. Auch hier<br />

würde die geplante Anhebung der Altersgrenzen zu einem<br />

erheblichen Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit<br />

<strong>von</strong> schwerbehinderten Menschen führen. Die vielfältigen<br />

<strong>und</strong> anerkennenswerten Bemühungen der B<strong>und</strong>esregierung<br />

zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation<br />

schwerbehinderter Menschen würden konterkariert.<br />

Ferner haben die Betroffenen – wie der Eintritt einer<br />

Erwerbsminderung – keinen Einfluss auf den Eintritt<br />

einer Schwerbehinderung. Mit der Anhebung der Altersgrenzen<br />

bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen<br />

würde eine wichtige Kompensationsleistung für<br />

behinderungsbedingte Nachteile verwässert. Gerade<br />

diejenigen Versicherten würden bestraft, die aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Schwerbehinderung häufig eine überdurchschnittliche<br />

Energieleistung <strong>und</strong> erhebliche Anstrengungen<br />

erbringen müssen, um die Anforderungen eines langen<br />

Erwerbslebens zu bewältigen.<br />

1.4. Große Witwen- oder Witwerrente<br />

Die Altersgrenze für die große Witwen- bzw. Witwerrente<br />

an Hinterbliebene mit vollendetem 45. Lebensjahr soll<br />

auf die Vollendung des 47. Lebensjahres heraufgesetzt<br />

werden (§ 46 Abs. 2 Nr. 2, § 242a Abs. 4 <strong>und</strong> 5 SGB VI-<br />

E). Auch dies lehnt der SoVD mit Entschiedenheit ab.<br />

Mit der Rentenreform 2001 („Riestersche Rentenreform“)<br />

wurden bereits erhebliche Leistungskürzungen<br />

bei den Hinterbliebenenrenten verabschiedet. So wurde<br />

das Niveau der Hinterbliebenenrenten <strong>von</strong> 60 Prozent auf<br />

55 Prozent der Versichertenrente abgesenkt. Ferner wurden<br />

Abschläge bei den Hinterbliebenenrenten eingeführt,<br />

wenn der Versicherte vor Vollendung seines 63. Lebensjahres<br />

verstirbt. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Leistungskürzungen<br />

<strong>und</strong> der Arbeitsmarktsituation der Frauen darf<br />

die Unterhaltssicherungsfunktion der Hinterbliebenenrenten<br />

nicht weiter eingeschränkt werden.<br />

Auch die geplante Anhebung des Referenzalters für die<br />

abschlagsfreie Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hinterbliebenenrenten<br />

wird entschieden abgelehnt. Auf die Ausführungen<br />

zu II.1.2. wird Bezug genommen.<br />

1.5. Bestandsprüfungsklausel<br />

Die vorgeschlagene Bestandsprüfungsklausel wird mit<br />

Hinweis auf die gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen<br />

abgelehnt. Dem Gesetzentwurf zufolge (§ 154 Abs. 4<br />

Sätze 1 <strong>und</strong> 2 SGB VI-E) soll die B<strong>und</strong>esregierung ab<br />

dem Jahr 2010 alle vier Jahre über die Beschäftigungs<strong>und</strong><br />

Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong><br />

Arbeitnehmer berichten <strong>und</strong> eine Einschätzung darüber<br />

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