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Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und ...

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Ausschussdrucksache 16(11)538<br />

Ausschuss für Arbeit <strong>und</strong> Soziales<br />

dem B<strong>und</strong>eshaushalt Beiträge für Kindererziehungszeiten<br />

in die Rentenversicherung einzuzahlen. Diese Mittel<br />

werden nicht in einem Kapitaldeckungsverfahren für<br />

künftige Rentenzahlungen angespart, sondern unmittelbar<br />

für die gegenwärtigen Rentenzahlungen verwendet.<br />

Sie verdecken einen Teil der in der Vergangenheit angelegten<br />

Finanzierungsprobleme infolge der verringerten<br />

Geburtenzahlen, der verlängerten Rentenbezugsdauer<br />

einschließlich der Frühverrentung usw. Tatsächlich wird<br />

damit verschleiert, dass der Beitragssatz erheblich höher<br />

liegen müsste, <strong>und</strong> es werden Personengruppen zur Rentenfinanzierung<br />

herangezogen, die keine Leistungen aus<br />

dem System beziehen.<br />

2. Zu den Einzelpunkten<br />

a) Vorwurf der Rentenkürzung<br />

Nachdem seit Jahrzehnten immer die Rentenbezugsdauer<br />

verlängert worden ist, ohne die Erwerbsphase auszuweiten,<br />

ist dieser Vorwurf völlig unangemessen. Die Alternative<br />

wäre eine weitere Beitragssatzsteigerung, also eine<br />

weitere Verschiebung der Belastungen auf künftige Generationen.<br />

Es wäre vielmehr umgekehrt zu fragen, ob<br />

die vorgesehene Maßnahme ausreicht, das System zu<br />

stabilisieren. Inzwischen ist eine Dilemmasituation eingetreten,<br />

in der die Rentendynamik so gering geworden<br />

ist, dass die notwendigen Korrekturen kaum ohne nominale<br />

Verringerung der Renten durchführbar sind. Die<br />

Anhebung der Regelaltersgrenze ist viel zu lange hinausgezögert<br />

worden, <strong>und</strong> die vorgesehene Maßnahme reicht<br />

voraussichtlich nicht aus, die steigende Lebenserwartung<br />

hinreichend zu berücksichtigen.<br />

b) Mehr Flexibilität beim Übergang in die Rente<br />

Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, die Inanspruchnahme<br />

der Altersrente weiterhin mit dem 63. Lebensjahr zu<br />

ermöglichen. Die Altersrente soll also um bis zu vier<br />

Jahre mit einem Abschlag bis zu 14,4 % statt bisher um<br />

zwei Jahre (mit 7,2 % Abschlag) vorgezogen werden<br />

können. Für eine Beschäftigung über die Regelaltersgrenze<br />

hinaus bleibt es bei dem Zuschlag <strong>von</strong> 5 % pro<br />

Jahr zur späteren Altersrente.<br />

Wie weit die Altersrente ohne Schaden für das Rentensystem<br />

vorgezogen werden kann, hängt wesentlich <strong>von</strong> den<br />

Rentenabschlägen ab. Die Funktionsfähigkeit des Umlagesystems<br />

beruht darauf, dass die Arbeitnehmer Beiträge<br />

in das System einzahlen. Der Extremfall mit einem Abschlag<br />

<strong>von</strong> 100 %, also einem Verzicht auf eine Rente<br />

aus der GRV, <strong>und</strong> einem Vorziehen auf den Beginn der<br />

Erwerbsphase käme einem Austritt aus dem System<br />

gleich. Dieser Extremfall soll nur verdeutlichen, dass es<br />

Mindesteinzahlungszeiten geben muss, die praktisch mit<br />

der Regelaltersgrenze definiert werden, <strong>und</strong> dass die<br />

Abschläge bei vorzeitigem Rentenbezug nicht aus der<br />

Sicht des Rentenbeziehers, sondern aus der Sicht der<br />

Versichertengemeinschaft bemessen werden müssen, die<br />

auf ein funktionsfähiges System angewiesen ist. Demzufolge<br />

muss der Rentenabschlag so hoch sein, dass sowohl<br />

die ausfallenden Beiträge bis zur Regelaltersgrenze als<br />

auch die vorzeitig zu zahlenden Renten kompensiert<br />

werden. Dann wird die Versichertengemeinschaft nicht<br />

geschädigt. Gemessen an diesem Kriterium ist der Abschlag<br />

<strong>von</strong> 3,6 % pro Jahr mit Sicherheit zu gering. An<br />

dieser Stelle wird die Anhebung der Regelaltersgrenze<br />

teilweise unterlaufen: Mehr Flexibilität einzuräumen ist<br />

richtig, aber der Bezieher einer vorzeitigen Rente sollte<br />

die Kosten, die der Versichertengemeinschaft entstehen,<br />

in vollem Umfang tragen. Dann kann die Altersrente<br />

gegebenenfalls noch um ein oder zwei Jahre weiter vorgezogen<br />

werden. Auf jeden Fall muss aber sicher gestellt<br />

sein, dass die vorgezogene Altersrente oberhalb des<br />

Sozialhilfeniveaus liegt, damit nicht die Gesamtgesellschaft<br />

für einen Teil des Lebensunterhalts aufkommen<br />

muss, obwohl der Rentenbezieher noch Arbeitsleistungen<br />

einbringen <strong>und</strong> seine Rente erhöhen könnte.<br />

Um nicht abrupt <strong>von</strong> der Erwerbsphase in die Rentnerphase<br />

überzugehen, können die Arbeitnehmer in eine<br />

Teilzeitbeschäftigung wechseln, wobei nicht an eine<br />

geförderte Altersteilzeitarbeit zu denken ist. Ein Problem<br />

kann in dem verringerten Einkommen liegen, wenn die<br />

Arbeitszeit beispielsweise halbiert wird. Deshalb muss es<br />

möglich sein, eine Teilzeitrente in Anspruch zu nehmen.<br />

Dann wirken die Beiträge auf das Einkommen aus der<br />

Teilzeitbeschäftigung rentensteigernd, wenn auch abgeschwächt.<br />

Die Teilrente <strong>und</strong> die Altersrente würden um<br />

den gleichen Prozentsatz gekürzt, so sich dass insgesamt<br />

ein neutrales Ergebnis für die Versichertengemeinschaft<br />

ergibt. Unter diesen Bedingungen können die Hinzuverdienstgrenzen<br />

vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze<br />

entfallen.<br />

c) Die geförderte Frühverrentung einstellen<br />

Über viele Jahre ist versucht worden, Beschäftigungsprobleme<br />

dadurch zu lösen, dass älteren Arbeitnehmern<br />

eine vorgezogene Altersrente ohne Abschläge <strong>und</strong> sogar<br />

mit ergänzender Förderung angeboten wurde. Damit<br />

wurden die Arbeitsmarktprobleme nicht gelöst, sondern<br />

aufgr<strong>und</strong> steigender Beiträge <strong>und</strong> Steuern verschärft, <strong>und</strong><br />

das Rentensystem geriet in eine Finanzierungskrise.<br />

Mit dem Wechsel <strong>von</strong> der unmittelbaren Frühverrentung<br />

auf die geförderte Altersteilzeitarbeit wurden die finanziellen<br />

Lasten teilweise <strong>von</strong> der Rentenversicherung auf<br />

den B<strong>und</strong>eshaushalt verlagert. Aber auch diese Förderung<br />

steht im diametralen Widerspruch zu den Erfordernissen<br />

der Rentenversicherung <strong>und</strong> zu der geplanten<br />

Anhebung der Regelaltersgrenze. Die Lohnaufstockung<br />

für Altersteilzeitarbeit durch die B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit<br />

soll zwar auslaufen, aber die Lohnaufstockung durch<br />

die Arbeitgeber soll weiterhin steuer- <strong>und</strong> sozialabgabenfrei<br />

bleiben. Auch das ist eine Förderung, die immer<br />

noch einen kräftigen Anreiz bietet, eine vorgezogene<br />

Altersrente zu beanspruchen, ohne die vollen Kosten zu<br />

tragen.<br />

Auch die Privilegierung der „besonders langjährigen<br />

Versicherten“ durch die Regelung, ihnen eine abschlagsfreie<br />

Rente nach der Vollendung des 65. Lebensjahres zu<br />

gewähren, wenn sie 45 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt<br />

haben, passt nicht zu den Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung.<br />

Diese Begünstigung sollte nicht eingeführt<br />

werden. Sie wirkt völlig <strong>und</strong>ifferenziert auf alle<br />

Branchen, Berufe <strong>und</strong> Ausbildungswege. Für Menschen,<br />

die nicht bis zum 67. Lebensjahr arbeiten können, sind<br />

die Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente<br />

vorgesehen.<br />

d) Arbeitsmarktbedingungen verbessern<br />

Gegen die Anhebung der Regelaltersgrenze wird häufig<br />

vorgebracht, es gäbe nicht genug Arbeitsplätze für ältere<br />

Arbeitnehmer. Für dieses Argument trifft das Gleiche zu<br />

wie für die Frühverrentung: Das Rentensystem ist nicht<br />

geeignet, die Probleme des Arbeitsmarktes zu lösen. Es<br />

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