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Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und ...

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Ausschuss für Arbeit <strong>und</strong> Soziales Ausschussdrucksache 16(11)538<br />

7. Zur Sicherung der Renten reicht es nicht aus, dass<br />

lediglich das sich verändernde Verhältnis der Anzahl<br />

der Beitragszahler zur Anzahl der Rentner Auswirkungen<br />

auf die Rentenanpassung bzw. das Rentenniveau<br />

hat, vielmehr muss sich die längere Lebenserwartung<br />

auch in einer höheren Lebensarbeitszeit widerspiegeln.<br />

Es wäre sogar denkbar, die Regelaltersgrenze<br />

direkt an die Lebenserwartung zu koppeln<br />

(vgl. Bomsdorf, E.: Ansätze zur formelgeb<strong>und</strong>enen<br />

Anpassung der Regelaltersgrenze in der GRV. Sozialer<br />

Fortschritt 51/2002, Heft 10, S. 259-263). Steigende<br />

Lebenserwartung darf nicht dazu führen, dass<br />

lediglich die Zeit des Ruhestandes immer länger<br />

wird, während die Lebensarbeitszeit, in der die Beitragszahlungen<br />

vorgenommen werden, stagniert oder<br />

sogar zurückgeht. Dass kann kein Alterssicherungssystem<br />

ohne Änderungen verkraften - auch kein kapitalgedecktes.<br />

8. Die immer wieder kolportierte Meinung, dass die<br />

Erhöhung des Rentenzugangsalters lediglich eine verkappte<br />

Rentenkürzung darstellt, greift zu kurz. Sie<br />

geht <strong>von</strong> einer stark vereinfachenden Betrachtungsweise<br />

aus, die isoliert das gesetzliche Rentenzugangsalter<br />

in den Vordergr<strong>und</strong> stellt <strong>und</strong> andere<br />

Komponenten unberücksichtigt lässt. So ist beispielsweise<br />

da<strong>von</strong> auszugehen, dass die Rentenlaufzeit<br />

sich 2029 - trotz höheren Rentenzugangsalters -<br />

in ähnlicher Höhe wie heute bewegt.<br />

9. Die aus der Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters<br />

resultierende Erhöhung des faktischen<br />

Renteneintrittsalters bewirkt zudem, dass der Nachhaltigkeitsfaktor<br />

eine deutlich geringere dämpfende<br />

Wirkung auf die Rentenzuwächse hat. Eine Studie hat<br />

gezeigt (vgl. Bomsdorf, E., <strong>und</strong> B. Babel (2006): Ist<br />

die Erhöhung des gesetzlichen Rentenzugangsalters<br />

nur eine Rentenkürzung? Wirtschaftsdienst 86/2006,<br />

S. 479-484), dass eine Erhöhung des gesetzlichen<br />

Rentenzugangsalters auf 67 Jahre bei einem tatsächlichen<br />

Rentenzugangsalter <strong>von</strong> 63 bis 65 Jahren den<br />

negativen demografischen Effekt des Nachhaltigkeitsfaktors<br />

gegenüber dem Status quo deutlich verringern<br />

wird – <strong>und</strong> zwar im Extremfall um mehr als<br />

die Hälfte. Dies führt dazu, dass z.B. ein Abschlag in<br />

Höhe <strong>von</strong> 7,2%, der durch einen vorzeitigen Rentenzugang<br />

<strong>von</strong> zwei Jahren anfällt, dadurch kompensiert<br />

wird, dass das Rentenniveau infolge der Erhöhung<br />

des gesetzlichen Rentenzugangsalters <strong>und</strong> der folgenden<br />

Erhöhung des faktischen Rentenzugangsalters<br />

in einer mittleren Modellvariante ca. 7% über dem<br />

ohne eine Erhöhung des Rentenzugangsalters liegt.<br />

Der aus den hier betrachteten Maßnahmen resultierende<br />

Anstieg des gesetzlichen Rentenzugangsalters<br />

ist daher keinesfalls zwangsläufig als Rentenkürzung<br />

zu sehen.<br />

10. Betroffen sind <strong>von</strong> der Erhöhung der Regelaltersgrenze<br />

auf keinen Fall die jetzigen Rentner oder die<br />

rentennahen Jahrgänge, deren Lobbyisten heute gegen<br />

die Rente mit 67 wettern, sondern die jüngeren<br />

Jahrgänge, denen dies zuzumuten ist <strong>und</strong> die sich<br />

auch darauf einstellen können. Die stufenweise Änderung<br />

des Rentenalters würde zudem geburtsjahrgangsspezifisch<br />

wirken, sie wäre damit ein echter<br />

Generationenfaktor in der Rentenberechnung. Wichtig<br />

ist es kurz- <strong>und</strong> mittelfristig, das tatsächliche Rentenzugangsalter<br />

anzuheben.<br />

11. Das Argument, dass die Erhöhung des gesetzlichen<br />

Rentenzugangsalters den Arbeitsmarkt zusätzlich belasten<br />

würde, wäre nicht <strong>von</strong> der Hand zu weisen,<br />

wenn das Rentenzugangsalter bereits kurzfristig auf<br />

67 Jahre steigen würde. Längerfristig greift dieses<br />

Argument allerdings zu kurz, da aufgr<strong>und</strong> des demografischen<br />

Wandels die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen<br />

Alter deutlich zurückgehen <strong>und</strong> der Anteil<br />

dieser Personen an der Gesamtbevölkerung ebenfalls<br />

sinken wird. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt<br />

<strong>und</strong> das Rentenzugangsalter sollten zudem nicht gegeneinander<br />

ausgespielt werden, denn die Entscheidung<br />

für eine Erhöhung des Rentenzugangsalters<br />

muss letztlich weitgehend unabhängig vom Arbeitsmarkt<br />

in erster Linie aufgr<strong>und</strong> der Entwicklung der<br />

Lebenserwartung getroffen werden.<br />

12. Die Rente mit 67 ist eine wesentliche Maßnahme zur<br />

Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung.<br />

Würde auf diese Maßnahme verzichtet, blieben letztlich<br />

nur ein wiederholtes Aussetzen <strong>von</strong> Rentenanpassungen<br />

beziehungsweise sogar eine Kürzung der<br />

Renten oder eine deutliche Erhöhung des Beitragssatzes<br />

in der Rentenversicherung. Dies folgt nahezu<br />

unmittelbar aus dem Prinzip des Umlageverfahrens<br />

der gesetzlichen Rentenversicherung.<br />

13. Die Rente mit 67 ist kein Allheilmittel, aber ein notwendiger<br />

Baustein auf dem Weg zu einer auch weiterhin<br />

sicheren umlagefinanzierten Rente. Ansonsten<br />

begibt man sich auf den Weg zum stufenweisen<br />

Übergang zu einer steuerfinanzierten Gr<strong>und</strong>rente mit<br />

der Notwendigkeit einer obligatorischen kapitalgedeckten<br />

Säule der Alterssicherung.<br />

Zum Nachholen unterlassener Dämpfungen <strong>von</strong> Anpassungen<br />

des Rentenwerts<br />

14. Bei der Anpassung des Rentenwerts sollten die Veränderung<br />

des Verhältnisses <strong>von</strong> Beitragszahlern zu<br />

Rentnern durch den Nachhaltigkeitsfaktor sowie Änderungen<br />

des Beitragssatzes (im Folgenden erfolgt<br />

der Einfachheit halber textlich eine Einschränkung<br />

auf den Nachhaltigkeitsfaktor) berücksichtigt werden.<br />

Damit diese nicht zu einer negativen Änderung des<br />

Rentenwerts führen bzw. eine aus der Lohnentwicklung<br />

resultierende Rentenwertverringerung nicht verstärkt<br />

wird, enthält das Gesetz bisher bereits eine<br />

Schutzklausel. Die Anwendung der Schutzklausel<br />

kann dazu führen, dass der so genannte Nachhaltigkeitsfaktor<br />

seine Wirkung nicht oder nicht voll entfalten<br />

kann <strong>und</strong> es entsteht ein Nachholbedarf, der im<br />

Gesetzentwurf etwas verharmlosend als Ausgleichsbedarf<br />

bezeichnet wird.<br />

15. Ein Nachholen <strong>von</strong> unterlassenden Dämpfungen der<br />

Steigerung des Rentenwerts ist zwingend notwendig,<br />

damit der Nachhaltigkeitsfaktor seine Wirkung -<br />

wenn auch verzögert - voll entfalten kann.<br />

16. Die Berücksichtigung des Nachholbedarfs bei zukünftigen<br />

Rentenwertanpassungen soll in § 68a Abs.<br />

(2) <strong>und</strong> (3) sowie § 255d SGB VI geregelt werden.<br />

Die Regelung orientiert sich allerdings nicht in erster<br />

Linie am Nachholbedarf selbst sondern an der Rentenanpassung,<br />

die ohne Nachholbedarf vorgesehen<br />

wäre. Im Kern wird in Abs. (3) da<strong>von</strong> ausgegangen,<br />

dass - falls ein Nachholbedarf (Ausgleichsbedarf) besteht<br />

- der Rentenwert sich so lange nur halb so stark<br />

wie nach § 68 ohne Nachholbedarf berechnet erhöht,<br />

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