Sommerakademien der deutschen Stiftung - Studienstiftung.ch

Arbeitsgruppe 9
Die Kunst, das Leben zu regieren. Die ‘Ökonomie’ des
Lebens in Literatur und Kulturtheorie
Was ist Leben? Diese Frage ist für alle Disziplinen relevant: Für die Medizin, die sich angesichts
der Epigenetik lebensweltlichen Fragen öffnen muss, oder für die Finanzwirtschaft,
die sich den Konsequenzen ihrer Modelle für das konkrete Leben der Menschen zu stellen
hat. Keine Disziplin hat eine Deutungshoheit in Fragen des Lebens. Die Phänomenologen
(von Husserl bis hin zu Merleau-Ponty und Waldenfels) und die Epistemologen als
‘Philosophen der Wissenschaften’ (von Bachelard zu Canguilhem und Foucault) und
neuerdings die italienische Philosophie haben auf die unüberwindbare Differenz zwischen
Wissenschaft und dem Lebendigen hingewiesen. Aber es war die Literatur, die stets davon
erzählte oder poetisch erfahrbar machte, dass das Leben in dem zu suchen ist, was Ordnungen
überschreitet. Leben zeigt sich im ‘Dazwischen’: als Resistenz oder Unbestimmtheit,
als Affekt, Körperlichkeit, Präsenz, Intensität. Unsere Arbeitsgruppe reflektiert über
die politischen und ökonomischen Vektoren, die Lebenswissen bestimmen, und über die
vielfältige Kunst von Klassikern. Wir werden Texte von Rousseau, Diderot, Balzac, Flaubert,
Baudelaire, Leopardi, Pirandello, Calvino, Larra, Rosalía de Castro und María Zambrano
lesen, die nach vielfältigen Wegen suchten, das Leben jenseits ihrer Repräsentation
erfahrbar zu machen. Neben klassischen und zeitgenössischen Autoren stehen auch deutsche
und französische Philosophen wie Bergson, Deleuze, Levinas, Heidegger, Benjamin
und Waldenfels auf dem Programm.
Leitung
Teilnehmer
Prof. Dr. Vittoria Borsò
Institut für Romanistik, Universität Düsseldorf
Dr. Yasmin Temelli
Institut für Romanistik, Universität Düsseldorf
Studierende der Literatur- und Kulturwissenschaften, Philosophie
und Interessierte aller anderen Fächer
Literatur Canguilhem, G., Die Erkenntnis des Lebens, Berlin 2009.
Rose, N., Was ist Leben? – Versuch einer Wiederbelebung, in: Bios
und Zoë. Die menschliche Natur im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit,
hg. von M.G. Weiß, Frankfurt/M. 2009, S. 152-
178.
Esposito, R., Immunitas. Schutz und Negation des Lebens, Zürich
2004 (besonders Kap. IV und V).
Die Kunst, das Leben zu bewirtschaften. Biós zwischen Politik,
Ökonomie und Ästhetik, hg. von V. Borsò und M. Cometa, Bielefeld
2012.
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Akademie VI St. Johann