STRASSENBAHN MAGAZIN Stuttgarts 300er im Porträt (Vorschau)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Fahrzeuge<br />
Vor 100 Jahren von der Magdeburger<br />
Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft (MSEG) in<br />
Dienst gestellt: Der Bw 300, hier am 14. Juni<br />
2014 in seiner aktuellen Lackierung<br />
<strong>im</strong> Schlepp von Tw 70<br />
RALF KOZICA<br />
Ein Chamäleon wird 100<br />
100 Jahre Magdeburgs Bw 300 Er trug in den vergangenen Jahren ganz unterschiedliche<br />
Lackierungen und Verzierungen: der 1914 in Hamburg gebaute Beiwagen 300. Aber welche<br />
Hintergründe gibt es dafür – und was könnte der Jubilar heute alles erzählen?<br />
Im Vorfeld der 300. Ausgabe des<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> kam<br />
der historische Beiwagen 300 der Magdeburger<br />
Verkehrsbetriebe (MVB) ins<br />
Blickfeld der Redaktion. Gespräche mit<br />
dem Verein IGNah, dessen Mitglieder die<br />
historischen Fahrzeuge der MVB in deren<br />
Auftrag betreuen, brachten die Erkenntnis,<br />
dass es 2014 ein weiteres Jubiläum zu würdigen<br />
gibt: das 100. des Bw 300!<br />
Der Blick in die Geschichte des Fahrzeugs<br />
führt zu einem Ereignis zurück, welches vor<br />
100 Jahren für die Menschen jener Zeit einschneidende<br />
Veränderungen <strong>im</strong> persönlichen<br />
und <strong>im</strong> gesellschaftlichen Leben mit<br />
sich brachte und den Lauf der Geschichte in<br />
eine ungeahnte Richtung lenkte: der Erste<br />
Weltkrieg.<br />
Dass während dieses Krieges Straßenbahnwagen<br />
für zivile Zwecke entstanden,<br />
erscheint <strong>im</strong> Rückblick erstaunlich. Denn<br />
seit Kriegsbeginn waren sowohl Waggonbaufirmen<br />
als auch Betriebe der Elektroindustrie<br />
mit Aufträgen für die Rüstung ausgelastet.<br />
Zudem stiegen die Rohstoffpreise,<br />
insbesondere für Kupfer und Metallguss, in<br />
kaum noch zu kalkulierendem Maße.<br />
Waggonfabrik Falkenried als<br />
zuverlässiger Lieferant<br />
Für die Magdeburger Straßen-Eisenbahn-<br />
Gesellschaft (MSEG) hatte 1898 die Berliner<br />
„Union-Elektricitäts-Gesellschaft“ (UEG)<br />
das Projekt der Einrichtung des elektrischen<br />
Betriebs vertraglich übernommen: Am 17.<br />
Juli 1899 fuhren die ersten elektrischen<br />
Triebwagen der MSEG. Zur Erstausstattung<br />
gehörten ausschließlich Fahrzeuge mit<br />
offenen Perrons (110 Zweiachser und 20<br />
Max<strong>im</strong>um-Vierachser), die von der zum<br />
UEG-Firmengeflecht gehörenden Waggonfabrik<br />
Falkenried der Hamburger „Straßen-<br />
Eisenbahn-Gesellschaft“ (SEG) geliefert<br />
wurden. Als Beiwagen fanden umgebaute<br />
Pferdebahnwagen und Beiwagen der Herrenkrug-Dampftram<br />
Verwendung, die ebenfalls<br />
offene Perrons aufwiesen. Insbesondere<br />
die ehemaligen Pferdebahnwagen waren<br />
jedoch relativ klein und mit ihrer Platzkapazität<br />
den steigenden Fahrgastzahlen mit<br />
Blick auf die Zukunft kaum gewachsen.<br />
Die Frage, weshalb sich die MSEG Anfang<br />
der 1910er-Jahre zunächst nur zur Bestellung<br />
neuer Beiwagen entschloss, muss<br />
54 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 10 | 2014