Elisabeth Schulte, UnternehmerverbandsGruppe e.V.: Bewerber-Chancen aus Unternehmer-Sicht und Konsequenzen Berufswahlkoordinatoren und Aufgabenteilung an Schulen bei der systematischen Vermittlung relevanter Kenntnisse und Erfahrungen über mehrere Jahrgänge und auch mehrere Fächer hinweg müssen in Zukunft Standard werden – die Büssow- Initiative hat auch das deutlich gezeigt. Hier sind die <strong>Bezirksregierung</strong> wie auch das Schulministerium gefordert, durch klare Regelungen und Stundenkontingente diese wichtige Arbeit an Schule zu gewährleisten. 89
Wolfgang Reuter: Einschätzung der Situation und mögliche schulische und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen Sind Schule, Wirtschaft und Gesellschaft gescheitert, den Übergang von der Schule in die Berufs- und Arbeitswelt für alle Schülerinnen und Schüler zu organisieren? Diese Frage impliziert zwei Grundannahmen: Erstens, es ist eine Aufgabe der Schule, den Übergang von der Schule in den Beruf zu organisieren und zweitens, es ist ein wirtschaftliches und gesellschaftspolitischer Anliegen, allen Jugendlichen einen angemessenen Platz im Arbeits- und Berufsleben einzuräumen. Aber offensichtlich haben sich die Verhältnisse so entwickelt, dass - wohlwollend formuliert - „Zweifel“ am gemeinsamen Erfolg angebracht sind; schärfer ausgedrückt: Die Zahl der unversorgten Jugendlichen, und hier sind die Statistiken der Arbeitsagentur unerbittlich, zeigt, dass, allen Bemühungen zum Trotz, alle drei - Schulen, Wirtschaft und Gesellschaft - es nicht geschafft haben, einer Vielzahl junger Menschen eine berufliche Perspektive und damit auch einen Eintritt in die Gesellschaft zu vermitteln. Weniger als 10 % der Duisburger Hauptschülerinnen und Hauptschüler mit dem Sekundarabschluss nach Klasse 10 können direkt im Anschluss an ihre Schullaufbahn eine Ausbildung beginnen und sind darauf verwiesen, andere Möglichkeiten einer zusätzlichen schulischen Qualifizierung oder der Berufsförderung wahrzunehmen. Bei denjenigen, die den mittleren Bildungsabschluss (Fachoberschulreife) erreicht haben, werden es immerhin noch 75 % sein, die diesen Weg gehen. Gleichzeitig erhebt die Wirtschaft schon seit Jahren den Vorwurf, die Schulen entließen immer mehr Jugendliche, die nicht ausbildungsfähig sind, weil ihnen sowohl die fachlichen Kenntnisse als auch die Sozialkompetenzen fehlen und ihre persönliche Einstellung zur Arbeit und zum Beruf zu Wünschen übrig lässt. Dabei schien gerade die Hauptschule am ehesten von allen Schulformen gut gerüstet zu sein, ihre Schülerinnen und Schüler auf das Berufsleben vorzubereiten. Bereits die ersten Richtlinien und Lehrpläne, die Anfang der Siebziger Jahre erschienen („Blaues Wunder“), legten verbindlich fest, dass sie im Lernbereich Arbeitslehre eine systematische Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung im Unterricht vermitteln muss. Gesamtschulen haben diesen verbindlichen Lehrplan übernommen, weil auch ihre Schülerinnen und Schüler, die nach Klasse 9 oder 10 die Schule in Richtung Ausbildungsberuf verlassen, entsprechend vorbereitet sein müssen. Das obligatorische Betriebspraktikum mit einer Dauer von drei Wochen in Klasse 9 ist in beiden Schulformen bis zum Ende der Siebziger Jahre als fester Termin in der Jahresplanung etabliert und sollte gerade dieser Altersgruppe erste Berührungen und Erfahrungen mit der Arbeits- und Berufswelt ermöglichen, um eine gezielte und rational begründete Berufsorientierung und Berufswahl zu bewirken. An keiner dieser beiden Schulformen standen genügend ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung, was die Wirtschaft damals zu Recht und heftig kritisierte. Viele arbeiteten fachfremd und autodidaktisch, und sie hatten damit Erfolg. Die Schulpolitik reagierte hierauf mit der Bildung der so genannten „PÄDAGOGISCHEN BEI- RÄTE“, die unter der Leitung der Unteren Schulaufsicht Konzepte entwickelten, „Wirtschafts- und Unternehmerwissen“ in die Schulen zu tragen und dort zu verankern, und die Betriebspraktika, die zunehmend auch von den Realschulen angeboten wurden, zu koordinieren. Der regelmäßige Meinungs- und Erfahrungsaustausch von Lehrern, Vertretern der Kammern und der Arbeitsverwaltung, die Organisation von Lehrerbetriebspraktika (auf freiwilliger Basis!) und die Erprobung erster Kooperationsmodelle zwischen Schulen und Unternehmen sind wesentliche Ergebnisse aus diesen ersten Jahren gemeinsamer Arbeit. Die Gründung der „ARBEITSGEMEINSCHAF- 90