Berglust

Fotos: Dynafi t / Klaus Kranebitter (2), Markus Misslinger
Singer Hütte. Dort ist die Stube voll von
Menschen in Funktionskleidung, und die
Holzski und Seehundfelle an der Wand
zeugen von der langen Tradition des Tourengehens.
»Die Felle hat mein Großvater
noch benutzt«, erzählt Misslinger. Als die
Hütte 1949 erbaut wurde, gab es noch keine
Seilbahn in dem Gebiet, und so zogen
ganze Kolonnen von Skifahrern am Waldrand
den Berg nach oben, wie Fotos an der
Hüttenwand zeigen – und wie es 60 Jahre
später mit dem Tourenski-Boom wieder
der Fall ist.
Doppelte Nachtschicht
Mit solchen Kindheitserfahrungen hat
Misslinger Verständnis für Sportler, die
auch nach der Arbeit auf den Berg wollen.
Als sich manche Hüttenwirte noch
über die vereinzelten abendlichen Tourengeher
wunderten, versuchte Misslinger,
nachdem er die Hütte vor knapp 20
Jahren von seinen Eltern übernommen
hatte, den Nachsportlern zu helfen. »Als
abends immer mehr kamen, habe ich angefangen,
die Fahrer der drei Pistenraupen
anzurufen, um zu fragen, wo sie gerade
unterwegs waren. Damit die Tourengeher
wissen, wann sie nachts ungefährdet abfahren
können.«
So wuchs der abendliche Andrang auf der
Singer Hütte weiter. »Irgendwann fanden
die Leute von der Bergbahn das zu voll
und zu riskant«, erzählt Misslinger. Vor
allem die kaum sichtbaren Stahlseile, an
denen die Pistenraupen über Winden die
steileren Hänge hochgezogen werden,
sind nachts eine Gefahr. »Also haben wir
vor neun Jahren mit der Bergbahn ausgemacht,
dass die Pistenraupen an einem
Abend erst um zehn Uhr nachts die Abfahrt
hier planieren«, sagt Misslinger. Die
Wahl fiel auf den Dienstag – der damit
INFO
Auch nachts
gelten Regeln
Eine Nachtskitour im Vollmond- und Stirnlampenlicht
ist für viele Aktive auch ein Freiheitsgefühl
– sie können ihre Bergzeit selbst
bestimmen, die Pisten sind leer, kritische
Situationen mit Alpinskifahrern treten gar
nicht erst auf. Ganz frei von Regeln ist das
nächtliche Treiben jedoch nicht: Tourengeher
sollten sich unbedingt an die ausgeschriebenen
Tourenabende halten und an
anderen Tagen auf andere Ziele ausweichen.
Nicht nur, weil Kollisionen mit Pistenraupen
oder dem Seil, an dem diese sich den
Hang hinaufarbeiten, bisher selten glimpfl ich
ausgingen. Wer zu Sperrzeiten Touren geht,
gefährdet auch die bisher erreichten Regelungen
und geschlossenen Kompromisse
mit Bergbahnen und Pistenbetreibern.
Nicht überall sind Nachtskitouren auf Pisten
erlaubt – das Skigebiet Brauneck etwa
sperrte der Lenggrieser Gemeinderat für
diesen Winter pauschal von 18 bis 8 Uhr.
Andernorts bestehen Einigungen für bestimmte
Tage, an denen die Raupenfahrer
erst tief in der Nacht anrücken. Daher
sollten sich Tourengeher vorab im Internet
informieren (www.pistentour.com,
www.nachtskitouren.de) und vor Ort angebrachte
Hinweise und Regelungen akzeptieren.
der erste offizielle Pisten-Tourenabend der
Region wurde.
Für die Raupenfahrer bedeute das zwar eine
noch längere Nachtschicht bis vier oder
fünf Uhr in der Früh, räumt Betriebsleiter
Norbert Müller ein. »Aber insgesamt hat
sich die Situation mit dem Pistenabend
stark verbessert«, sagt er. Da sich die Hüttenwirte
mit den Seilbahnbetreibern abgestimmt
haben, und jeden Abend ein anderes
Skigebiet länger für Tourengeher
Nachtskitouren
sind nicht nur
Sport – hier trifft
man Menschen
auf der gleichen
Wellenlänge.
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