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Berglust

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Sollte passen:<br />

neuer Partner,<br />

neue Schuhe<br />

paar andere mehr, mit denen er sonst seine<br />

Hochtouren geht, etwa den Brochkogel<br />

oder den Similaun. »Aber die haben unter<br />

der Woche nie Zeit«, sagt Daniel. Er promoviert<br />

gerade in BWL zum Thema Kreditausfälle,<br />

hat ein Bett im Büro und kann<br />

sich die Zeit einteilen. Wenn also offline<br />

nichts geht, stellt er Tourenwünsche ins<br />

Als Stüdl das erste Mal<br />

nach Kals kam, eilte der<br />

Pfarrer Lercher noch persönlich<br />

aus seiner Kirche.<br />

Netz. Daniel nennt es »die online-Quellen<br />

anzapfen«. Wünsche von anderen ignoriert<br />

er, denn »wenn mich Leute aktiv anschreiben,<br />

bin ich mir sicherer, dann kann<br />

ich wählen.« Daniels erste Wahl ging daneben.<br />

Es war Fußball-WM, sein Seilpartner<br />

hatte sich über Nacht besoffen. Trotzdem<br />

sucht Daniel weiter online, wenn offline<br />

nichts geht, denn er findet: »Zu zweit kann<br />

ich Gletscher besser überqueren und auch<br />

mal Leasingkilometer sparen.« Großes Gefühlskino.<br />

Am Abend steht Johann Stüdl in der Stüdlhütte<br />

und blickt durch seine Gaststube. 20,<br />

vielleicht 25 Bergsteiger löffeln Schokoladenmousse<br />

mit Minzblättchen. Ein Mann<br />

fotografiert sich mit dem Käse-Buffet. Auf<br />

der Terrasse kochen vier Polen, denen die<br />

Halbpension zu teuer war, eine Tütensuppe<br />

auf ihrem Gaskocher. Stüdl verzieht<br />

keine Miene. Gerne würde ich wissen, was<br />

Stüdl über die zwei Gäste an Tisch eins<br />

denkt, an dem Daniel Ilg, 30 Jahre alt, aus<br />

Ingolstadt, mit der Frisur des jungen Harry<br />

Potter vor seinem Radler sitzt und die Anstiegsskizze<br />

des Stüdlgrats auf sein Smartphone<br />

lädt, beinahe so, wie er mich aus<br />

dem Internet geholt hat. Wir kennen uns<br />

seit fünf Stunden. An den Nebentischen<br />

schwelgen ältere Bergsteiger in Erinnerungen<br />

oder schweigen sich an, weil sie schon<br />

alles gesagt haben. Stüdls Gesicht bleibt<br />

regungslos. Auch die Nachfrage erübrigt<br />

sich, denn Johann Stüdl ist ein Holzkopf.<br />

Sie haben dem Prager Kaufmann ein Denkmal<br />

gesetzt in der Hütte, die er 1868 auf<br />

2800 Metern errichten ließ. Siebeneinhalb<br />

mal viereinhalb Meter, aus Kalkmörtel,<br />

für zwölf Personen. So groß ist die Edelstahlküche<br />

der neuen Hütte, die 1996 als<br />

Fertighaus am Hubschrauber hinaufgeflogen<br />

wurde. Bis zu 120 Gäste bekommen<br />

warmes Wasser, abends vier Gänge und<br />

eine Zusatzrechnung, wenn sie mit Bergstiefeln<br />

in die Stube laufen (20 Euro), duschen<br />

wollen (4 Euro) oder nach 7:30 Uhr<br />

66 Bergsteiger 01⁄15

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