Berglust

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REPORTAGE Winterfluchten | Teil 4: Kolumbien Fortsetzung der Serie aus dem Winter 2014 Edelweiß Kolumbiens: Den Nationalpark Chingaza bevölkern kuriose Rosettenpflanzen. Páramo – Trekking durchs 78 Bergsteiger 01⁄15
Als die Nebel sich doch noch lichten, senkt sich die Dunkelheit herab. Der weiße Dunst, der die Bergsteiger den Tag über immer wieder eingehüllt hatte, zieht sich wie ein Theatervorhang sachte zurück. Und gibt den Blick gerade noch rechtzeitig frei in eine einsame Landschaft, die seltsame Wesen bewohnen. Eine Armee dürrer, langer Gestalten mit wuchtigen Kronen auf dem Kopf bevölkert die Hänge. Luftlinie nur knapp 80 Kilometer von der kolumbianischen Hauptstadt Bogotà entfernt, ist der Bergwanderer hier mitten in der Wildnis: mitten im Páramo und mitten im Nationalpark Chingaza. Die Anden- Apotheke Die silbrige Stunde In anderen Regionen trägt der Moment, in dem sich das Tageslicht verabschiedet, den Namen »blaue Stunde«. Für den Páramo bedarf es eines neuen Namens. »Silbrige Stunde«? Denn jetzt leuchten die haarigen, fleischigen Blätter der Espeletiinae, wie die eigenartigen Pflanzen heißen, die hier zuhause sind, besonders hell vor dem in vielen Facetten dunkelgrünen Hintergrund der Berghänge, an denen sie wachsen. »Nebel der Hölle« nannten spanische Eroberer in Reiseberichten die Schwaden, die ihnen das Durchqueren dieser sumpfigen, unwegsamen Landschaft auf über 3000 Metern noch schwerer machten, als es Kälte und Schlamm ohnehin schon taten. 20 Mann und Pferde verlor ein Gesandter der kastilischen Krone an einem einzigen Tag. Er hatte den direkten Weg von den Llanos, den Ebenen des ost-kolumbianischen Tieflandes, über den östlichen Ausläufer der Anden nach Bogotá gesucht. Gefunden hatte er eine von Gletschern geformte Landschaft und ein einzigartiges Ökosystem. Er wusste es nur nicht zu schätzen. Zunächst. Bis er beobachtete, wie die indigene Bevölkerung in den Lagunen Goldschätze als Opfergaben versenkte. artenreichste Hochgebirge der Welt Die spanischen Eroberer hatten Angst vor den »Nebeln der Hölle« des Páramo in den Anden. Heute sind Biologen von dem Gebiet zwischen 3000 und 4000 Metern nahe Bogotá begeistert und nennen es »Himmelsinseln«. Autorin Sandra Zistl war auf Trekking-Tour in der Zauberwelt. Alle Fotos: Sandra Zistl Frailejones – Pflanzen in Mönchsgestalt Heute ist es ein Biologe, der dort noch immer ungeahnte Schätze birgt. »Die Páramos sind – oberhalb der Baumgrenze – das diverseste Ökosystem der Welt.« Mauricio Diazgranados macht eine rhetorische Pause, bevor er den nächsten Trumpf zieht: »Hier leben mehr als 4500 unterschiedliche Pflanzen. Es ist eine einzige, große Apotheke.« Auch er hat einen Namen für die Region: »Himmelsinseln«. Denn nur in isolierten Bergregionen der Welt, die über feuchtes Klima verfügen, konnte sich 01⁄15 Bergsteiger 79
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