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KOLUMNE<br />
Blick aus dem<br />
Zimmerfenster<br />
im Lager 3<br />
am Nanga Parbat<br />
DAVIDS DEPESCHEN (11)<br />
Geschichten aus dem Basislager<br />
Mobile Immobilie<br />
Es muss keineswegs<br />
immer eine Doppelhaushälfte<br />
mit Gartenteich<br />
und Webergrill auf der<br />
Terrasse sein: Manchmal<br />
reichen als Zuhause auch<br />
ein paar Quadratmeter<br />
und ein bisschen Stoff.<br />
Von David Göttler<br />
Worauf freust du dich am meisten?«, fragt<br />
mich meine Mama, als wir in München vor<br />
dem Geländewagen stehen. Gleich werden<br />
wir auf eine Abenteuerreise in die Sahara<br />
auf brechen, nach Algerien. Ich bin etwa<br />
elf Jahre alt, und ich weiß nicht wirklich,<br />
was das heißen soll: auf brechen zu einem<br />
– in meinen Vorstellungen – monotonen<br />
und sehr heißen XXL-Sandkasten. Meine<br />
Antwort lautet: »Ich freue mich am meisten<br />
auf daheim!«<br />
Mein Lebensstil hat sich mittlerweile ein<br />
wenig geändert. Ich bin mehr unterwegs<br />
als jemals zuvor und ganz sicher – so<br />
hoffe ich doch – in vielerlei Hinsicht etwas<br />
anders unterwegs als mit elf Jahren.<br />
Und trotzdem brauche ich ein »Daheim«,<br />
ein »Zuhause«. Ich denke, dass nur ganz<br />
wenige Menschen ohne ein solches auskommen.<br />
Fast jeder schafft sich ein Zuhause<br />
auf seine ganz eigene Art. Es muss<br />
keineswegs immer eine Doppelhaushälfte<br />
mit Gartenteich und Webergrill auf der<br />
Terrasse sein. Und auch ich habe mein Zuhause<br />
gefunden.<br />
Es ist mein Zelt.<br />
Wo immer es steht, dieses Haus aus Stoff<br />
und Stangen und Reißverschlüssen: Ich<br />
kann hineinschlüpfen und fühle mich<br />
»daheim«. Klar, es ist ein anderes Daheimgefühl<br />
als in meiner Wohnung. Aber es ist<br />
ein gutes Gefühl.<br />
Mittlerweile ist eine richtige Routine entstanden.<br />
Im Basislager zum Beispiel, wo<br />
sich Bergsteiger in Dauercamper verwandeln,<br />
verfeinere ich das Zelt und dessen<br />
Umfeld im Stile eines Häuslebauers. Ich<br />
schaffe Treppen und Terrassen aus Steinplatten,<br />
hänge Bilder mit Hilfe von Klebeband<br />
auf, installiere Licht und richte meine<br />
Taschen wie Schränke rings um meine<br />
Schlafmatte her. Ich genieße den riesigen<br />
Platz, den ich hier im Vergleich zu den<br />
Hochlagerzelten habe.<br />
Tiefschlaf im Sitzen<br />
In den Hochlagern bedeutet mir das Zelt<br />
dagegen vor allem eines: nicht mehr schuften<br />
zu müssen. Denn der Berg bedeutet Arbeit,<br />
sei es das Spuren, das Schleppen des<br />
schweren Rucksacks oder das Atmen in der<br />
dünnen Luft (oft auch alles zusammen).<br />
Im Zelt, das weiß ich, kann ich mich ausruhen.<br />
Wir schmelzen Schnee, versuchen<br />
uns aufzuwärmen und uns zu erholen. Im<br />
Fotos: David Göttler<br />
46 Bergsteiger 01⁄15