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Berglust

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Fotos: Thomas Ebert<br />

Herzen und Ziele: Würden Sie sich mit<br />

diesem Mann ans Seil binden?<br />

tern. »Ich gehe das analytisch an. Es gibt<br />

Indikatoren: Wenn jemand bestimmte<br />

Touren gemacht hat, so wie du, oder nicht<br />

fragt, welche Ausrüstung man braucht,<br />

ist das schon mal ein gutes Zeichen.« Ein<br />

gutes Zeichen ist auch, dass Daniel den<br />

Stüdlgrat zur Not solo gehen würde. Das<br />

hatte er mir geschrieben. Die große Blase<br />

an seiner Ferse ist ein schlechtes Zeichen.<br />

Ein älterer Bergsteiger fragt im Vorbeigehen<br />

nach unserem Ziel. »Stüdlgrat? Letztes<br />

Jahr hat’s zwei Tschechen im Neuschnee<br />

runtergewichst, gleiche Verhältnisse wie<br />

jetzt«. Es ist kein Satz, den man unbedingt<br />

mit ins Bett nehmen möchte.<br />

»Die Westseite ist heute die Bitch«, sagt Daniel<br />

am nächsten Morgen. Er hängt auf der<br />

Westseite und verschnauft, etwa drei Meter<br />

unterhalb der Gratschneide des Stüdlgrats<br />

auf knapp 3600 Meter. Unser Seil<br />

hängt an einer daumendicken Eisenstange,<br />

die im Fels verankert ist. Wir sind in der<br />

Kanzel. Wir kennen uns seit 19 Stunden,<br />

und jetzt wird es ernst. Alles ist voller Eis<br />

und Raureif, schlechte Bedingungen also.<br />

Weiter oder nicht weiter?<br />

Seit dem Aufstehen haben wir keine fünf<br />

Sätze gewechselt. Nicht über den Sonnenaufgang,<br />

der den unter uns liegenden<br />

Gletscher vergoldet, nicht über die zehn<br />

oder zwölf Seilschaften, die am Normalweg<br />

schnell vorankommen. Wir funktionieren<br />

ohne Worte. Den Frühstücksplatz<br />

erreichen wir eine Stunde schneller als<br />

geplant. Die Blase ist weg. Wir müssen keine<br />

Seilkommandos ausmachen, benutzen<br />

das gleiche Sicherungsgerät. »Endlich mal<br />

einer, der ganz normal HMS sichert«, sagt<br />

Daniel, als er die erste Seillänge hinaufklettert.<br />

Es läuft gut. Bis zur Kanzel.<br />

Ab hier wird es schwieriger. Für uns zu<br />

schwierig, um ungesichert weiterzuklettern.<br />

Ob wir unter dem Eis die nötigen Haken<br />

finden? Es ist die erste nicht planbare<br />

Situation unserer Tour, und auch das Internet,<br />

so weit sein Segen reicht, kann uns<br />

darauf keine Antwort geben. Ich denke an<br />

die Tschechen. Daniel denkt an den Gipfel,<br />

erst vor zwei Wochen musste er auf einer<br />

Klettertour umkehren. Wortlose Minuten<br />

vergehen, Daniel zögert. Dann schaut er<br />

noch einmal auf die Skizze im Smartphone,<br />

als würde dadurch das Eis verschwinden.<br />

Was nicht passiert. Wir seilen ab. Lieber<br />

pragmatisch als dramatisch.<br />

Stüdls Miene ist wieder regungslos, als<br />

wir die Stüdlhütte erreichen. Der Wirt ist<br />

froh. »Richtige Entscheidung Jungs, da<br />

bricht euch kein Zacken aus der Krone.<br />

Kommt wieder, wenn’s weniger Eis hat.«<br />

Beim Abstieg steht die Hitze im Tal. Helm,<br />

Seil und Steigeisen baumeln am Rucksack.<br />

Die nassen Socken werfen Falten und reiben<br />

die Füße wund, es ist der Rückzug<br />

der Geschlagenen. Die Sonne strahlt über<br />

dem Großglockner, als würde sie uns auslachen.<br />

Man sieht sein Kreuz mit bloßem<br />

Auge, aber auch das Eis, das an seinen<br />

Flanken klebt. »Daniel, was bedeuten eigentlich<br />

die Herzen auf mountix?« – »Das<br />

ist sowas wie ein Like bei facebook.« Zum<br />

Abschied dreht sich Daniel um und zeigt<br />

dem Gipfel den Mittelfinger. Emotionaler<br />

Mehrwert. Es stimmt schon: Mit mountix<br />

stiefelt man nicht alleine durch die Berge.<br />

Es kann aber passieren, dass dabei trotzdem<br />

jeder für sich bleibt.<br />

◀<br />

INFO<br />

Finde deinen Weg:<br />

über mountix<br />

Die Outdoor-Community mountix ist der erste<br />

breit angelegte Versuch, eine Tourenpartnerbörse<br />

im Internet zu installieren. Gegründet<br />

haben das Portal die Schlierseer Freunde<br />

Robert Jacobi (38) und Ex-Langlaufprofi Peter<br />

Schlickenrieder (45). Ziel war das Finden von<br />

Gleichgesinnten. www.mountix.com ist seit<br />

2012 online, heute gibt es mehr als 15 000<br />

Accounts und 11 000 eingetragene Touren.<br />

Auch das erste Pärchen hat sich schon<br />

über mountix gefunden. Jacobis Vision geht<br />

aber weit über eine Partnerbörse hinaus:<br />

»Unser Ziel ist eine one-stop-Lösung für alles,<br />

was mit Bergsteigen zu tun hat«, also auch<br />

zur Inspiration, Planung und Kommunikation.<br />

»Es soll ein Lebensgefühl vermitteln.«<br />

Der neue Claim von mountix lautet dementsprechend:<br />

»Find your tour«.<br />

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