NAU 14 2008Wracks, “Seabed Prehistory” und ein neues archäologischesProtokoll für die britische Offshore-IndustrieJüngste Entwicklungen im Rahmen der durch den „Aggregate LevySustainability Fund“ geförderten ProjekteDietlind PadenbergZusammenfassungUm die nachhaltige Umweltverträglichkeit der zunehmenden Förderung mariner Aggregate sicherzustellen, wurde im Jahr2002 der ‚Aggregat Levy Sustainability Fund (ALSF)’ ins Leben gerufen. Im Auftrag von English Heritage und der MarineIndustry Research Organisation (MIRO) ist Wessex Archaeology derzeit mit der Umsetzung von drei ALSF Projekten betraut.In ‚Seabed Prehistory’ geht es darum, prähistorische Schichten im Meeresboden zu charakterisieren, und die hierbei anzuwendendenMethoden zu testen und zu bewerten. Aus Effektivitätsgründen wurde angestrebt, auf Methoden zurückzugreifen, diein der Industrie für Survey-Zwecke ohnehin zum Einsatz kommen, und diese auf archäologische Fragestellungen anzuwenden.Erste Erfolge zeigten sich insbesondere beim Einsatz von Sedimentsonaren und der archäologischen Auswertung von Vibrationsbohrkernensowie, in begrenztem Maße, auch von Greifbaggerproben. Im ersten Teil des Projektes gelang es, eine mesolithischeLandschaft mit einer ästuarinen Uferlandschaft in 35 m Wassertiefe im östlichen Ärmelkanal (‚Palaeo-Arun’) zu rekonstruieren.Das Projekt wird seit 2005 auf weitere Offshore-Bereiche ausgedehnt.Das Projekt ‚Wrecks on the Seabed’ wurde bereits 2005 durch J. Auer vorgestellt. Im Sommer 2006 erfolgte die Sondierung vonWracks aus den Weltkriegen in der Themse mittels eines Tauchroboters.Das neue ‚BMAPA-Protocol’ zur Meldung archäologischer Funde ist für den Einsatz auf Baggerschiffen und den zugehörigenWerften bestimmt. Hier soll durch das Personal vor Ort eine Informationskette in Gang gesetzt werden, bei der bevollmächtigtePersonen aus der Industrie Berichte an Wessex Archaeology liefern, wo eine Beratung und die gefilterte Weiterleitung derInformationen an English Heritage erfolgen. In Kombination mit einem umfassenden Sensibilisierungsprogramm zeigt das seitOktober 2005 laufende Projekt erste Erfolge.SummaryIn order to assure the long-term sustainability of marine aggregate dredging the ‚Aggregate Levy Sustainability Fund (ALSF)’ wasintroduced in 2002. At present, Wessex Archaeology is conducting three ALSF-projects commissioned by English Heritage and theMarine Industry Research Organisation (MIRO).The ‘Seabed Prehistory’ project seeks to improve the application of geophysical and geotechnical survey methods commonly usedby the aggregate industry, so that better archaeological results can be obtained. The analysis of sub-bottom-profiler data and thearchaeological assessment of vibrocores yielded first results, as did, to a certain degree, systematic grab sampling. In Round I ofthe project it was possible to prove the existence of an estuarine Mesolithic landscape 35m below present sea level in the area ofthe palaeo-Arun in the eastern English Channel. The project has since been extended to further regions offshore Humber, GreatYarmouth and the eastern English Channel.The ‘Wrecks on the Seabed’ project was presented by J. Auer in 2004. In 2005, further surveys took place on two World Warwrecks in the Thames deploying a remotely operated vehicle.The new ‘BMAPA protocol for Reporting Finds of Archaeological Interest’ is to be applied on dredging vessels and their wharfs.The dredging industry staff is supposed to start a chain of information by informing nominated persons on site and within thecompany, who are supposed to submit a report to Wessex Archaeology. Wessex Archaeology will then advise with regard to furtherhandling and will filter relevant reports in order to forward them to English Heritage. The protocol and a comprehensive protocolawareness programme have been implemented in October 2005 and are starting to yield first results.20HintergrundEin beträchtlicher Teil des Bedarfs an Sand undKies für industrielle Zwecke in Großbritannienwird heute aus dem Meer gewonnen. MarineAggregate stellen mittlerweile etwa 21% der inEngland und Wales geförderten Menge. Sie findenhauptsächlich Verwendung als Baustoffe,dienen aber auch für Strandaufschüttungen undwerden auf den europäischen Kontinent exportiert(http://www.bmapa.org/key.htm).Die Mineralrechte in der See um Großbritanniengehören der Britischen Krone, und Förderlizenzenwerden von der Krone vergeben. EineLizenz wird nur dann erteilt, wenn im Vorfeld
Wracks, “Seabed Prehistory” und ein neues archäologisches Protokoll …eine Genehmigung der entsprechenden Umweltschutzbehördeeingeholt wurde. Aus diesemGrund muss jeder Förderantrag eine Vielzahl anUmweltverträglichkeitsstudien zum Beispiel inHinblick auf Küstenbildungsprozesse, Fischerei,Biologie und marine Archäologie beinhalten(http://www.bmapa.org/what_licence01.php).Für jede gebaggerte Tonne wird eine Abgabe andie Krone fällig. Der Großteil dieser Einkünftewird an die Staatskasse weitergeleitet. Im Jahr2002 wurde mit diesen Geldern der sogenannte‚Aggregate Levy Sustainability Fund’ (ALSF)eingerichtet, wörtlich zu übersetzen mit ‚Aggregat-SteuerNachhaltigkeits-Fond’. Er wird dazueingesetzt, die nachhaltige Umweltverträglichkeitder Aggregatgewinnung sicherzustellen(http://alsf.defra.gov.uk/). Im Auftrag des Umweltministeriumsobliegen ‚English Heritage‘und der ‚Mineral Industry Research Organisation’(MIRO) die Verteilung der Mittel für dashistorische Umfeld (http://www.english-heritage.org.uk/server/show/nav.1315;http://www.dclgaggregatefund.co.uk/). Wessex Archaeologyist derzeit mit der Umsetzung von drei marinenALSF-Projekten betraut (Firth 2006). Es handeltsich um1. ‚Seabed Prehistory’2. das ‚BMAPA Protocol’ und3. ‚Wrecks on the Seabed’.Abb. 1: Lage derUntersuchungsgebiete2003–2004 (1) und2005–2007 (2–4).‚Seabed Prehistory’EinführungIm Rahmen der Erstellung der Umweltverträglichkeitsgutachtenwurde schnell klar, wiebegrenzt die Aussagemöglichkeiten speziell imHinblick auf marine Archäologie sind. MarineArchäologie umfasst im Wesentlichen Schiffswracksund ehemals terrestrische Siedlungsreste.Die Erfassung der Schiffswracks in einem Baggergebietkann aufgrund der durch das UKHO(United Kingdom Hydrographic Office, entsprichtdem Bundesamts für Seeschifffahrt undHydrographie [BSH]) zur Verfügung gestelltenDaten, durch die Auswertung weiterer Sekundärquellenund durch die Anwendung geophysikalischerMethoden auf eine mehr oder wenigerverlässliche Basis gestellt werden. Die Folge istin der Regel die Einrichtung von Bagger-Sperrzonen.Weitaus schwieriger gestaltet sich die Beurteilungdes prähistorischen Potentials eines Baggergebiets.Bislang versuchte man sich demProblem durch eine Kombination verschiedenerMethoden anzunähern, darunter zum BeispielRekonstruktionen der Paläolandschaft, Analysender prähistorischen Siedlungsaktivitätim zugehörigen heutigen Küstenstreifen undAuswertungen genereller nordwesteuropäischerUrgeschichts-Bevölkerungsmodelle. NaturgemäßAbb. 2: Sedimentsonar-Analyse:‚Palaeo-Channel’.21