NAU 14 2008Abb. 5: SpätlatènezeitlichesKeramikbruchstück(v. Schab 1877,Taf. XIV,68; Umzeichnung:WolfgangSchmid).worden wären, dürfte in Anbetracht des geringenFlächeninhaltes der Roseninsel wohl nicht der Fallgewesen sein.Mit Schabs Funden der Grabungen vom Jahre1873 [und 1874] kamen nach München in dieEthnographische Sammlung und danach an dieneu begründete Vorgeschichtliche Staatssammlungauch ein paar kaiserzeitliche Ziegelfragmente (voneiner Tegula und Tubenstücke), deren vereinzeltesVorkommen auf der Insel unverständlich bleibt[Abb. 6]. Mit den oben erwähnten frühkaiserzeitlichenFibeln Hefner-Altenecks haben diesewesentlich jüngeren Fragmente nichts zu tun. Diespäteren Grabungen an zahlreichen Punkten aufder Insel selbst haben überdies keine derartigenZeugnisse für das Vorhandensein eines römischenSteinbaues mit Hypokausteinrichtung und Ziegelbedachungergeben. Hier möchte man doch annehmen,dass diese wenigen Ziegelreste, die in SchabsArbeit allerdings nicht genannt werden, entwedermit Auffüllmaterial vom Festland auf die Insel gekommenoder eher noch aus einer anderweitigenälteren Aufsammlung Schabs in seinem StarnbergerAmtsbereich, etwa aus dem am Deixlfurter Seegelegenen römischen Steinbau, irrtümlicherweiseunter seine Bestände von der Roseninsel geratensind.In der ersten Hälfte der 1890er Jahre regte dieStaatssammlung neue Grabungen, diesmal aufder Fläche der Insel selbst, an, die dann im Jahre1895 durch den einstigen Vorarbeiter Schabsausgeführt wurden. Auf allen Seiten rings um dasCasino und das Gärtnerhaus wurden rechteckigeGruben, 36 [richtig: 35] an der Zahl, ausgehoben[Abb. 7]. Dabei wurden zu einzelnen mittelalterlich-neuzeitlichenKleinigkeiten Feuerstein-,Felsgestein-, Hirschhorn- und Knochengerät nebstspätneolithischen keramischen Resten, ebensolchevom Ausgang des frühen Bronzealters, urnenfelderzeitlicheBronzen und Scherben, Gefässresteder ersten Latènestufe, ein halber geknoteter Pufferarmringder zweiten Latènestufe [Abb. 4,e] undein geriefter Spätlatènescherben gehoben. Ein paarGussmodelstücke aus Sandstein unter den Fundendieser Grabung bezeugen, dass die altbronzezeitlichenSiedler auf der Insel auch Bronzegerät hergestellthaben werden [Abb. 8]. Die Funde erhieltanschliessend die Staatssammlung.Im Jahre 1915 hat dann Prinz Ludwig Ferdinandvon Bayern an mehreren Stellen auf der Insel wiedergraben lassen. Der Befund gab nichts Neues.Einige Stein-, Hirschhorn- und Bronzesachen zuScherben kamen an die Staatssammlung, der Restwurde dem neubegründeten Museum in Starnbergüberwiesen.Die kleine, im Casino auf der Roseninsel untergebrachteAntikensammlung des Königs Max II. bestehtheute nicht mehr dort. Einige Stücke scheinenan das Museum Antiker Kleinkunst gekommen zusein, anderes, so die Vasenscherben und eine Anzahlitalischer Bronzegegenstände, erhielt 1915 dasMuseum in Starnberg, eine Auswahl guter Stücke,u.a. die Pantherfigur aus Bronze, ist in Hofbesitzverblieben.Wahrscheinlich auf Schabs Grabungen geht wohlnoch eine schöne (jetzt zerbrochene) Dolchklingeaus bräunlichem Feuerstein zurück, die nach demersten Krieg aus der Sammlung des verstorbenenHauptmanns Ludw. Auer (Prien, später München)von der Vorgeschichtlichen Staatssammlungin München erworben wurde. Auer hatte in denletzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts insbesondereim Chiemseegebiet Vorzeitfunde aller Artgesammelt, besass aber auch von anderen PunktenSüdbayerns allerhand Fundstücke.Noch später wurde in Münchener Privatbesitz einefrühlatènezeitliche Bronzefibel vom Armbrustschemamit profiliertem umgebogenen Schlussknopfals Roseninselfund bekannt [Abb. 4,b]. Danachtauchte im Kunsthandel eine ehedem in J. NauesBesitz befindliche etruskische Bronzehelmhaubeals Fundstück aus dem „Starnberger See“ (mit derAndeutung, dass das Stück möglicherweise von derRoseninsel stamme) auf, ein Helm, der zu NauesZeiten schon einmal als Fund aus dem SempacherSee angeboten gewesen war und als Fundstück voneinem Platze nördlich der Alpen unbedingt abzulehnenist [Abb. 9].Abb. 6: Tubulusbruchstück in zwei Ansichten (Archäologische StaatssammlungMünchen, Umzeichnung: Wolfgang Schmid, nach Fotos vonRobert Stark) links: Innenansicht; rechts: Außenansicht.An dieser Stelle bricht das Textfragment unvermitteltab. Reineckes Interesse gilt zunächst demumstrittenen Antikenkomplex von der Roseninsel.Mit scharfsinniger Argumentation versuchter, die rätselhafte Herkunft dieser „Fundgruppe“zu erklären und bemängelt die unkritischeHaltung des Ausgräbers Sigmund von Schab.Dieser hatte es unter Verweis auf eine Textstellebei Strabo gar für möglich gehalten, einrömischer Altertumsliebhaber könnte währendder Zeit der römischen Okkupation besagte Ge-86
Zu den Funden von der Roseninsel im Starnberger Seegenstände aus seiner italischen Heimat an denStarnberger See gebracht haben (v. Schab 1877,82 f.). Allerdings ist es keineswegs so, dass sich,wie Reinecke ausführt, unter dem umfänglichenprähistorischen Material der Schab’schenGrabungen keinerlei Hinweise auf Antiken griechisch-italischerHerkunft ergeben hätten. Schabvermerkte hierzu (v. Schab 1877, 69): „Von grossemInteresse ist die Auffindung einer einem griechisch-italischenGefässe angehörenden Scherbe,wahrscheinlich dem Theile des Fusses einer Schale,dessen Durchmesser sich auf 9,4 Cm. berechnenliess. Diese Scherbe lag in Fundgrube XLVI. DiesesBruchstück ist aus sehr fein bearbeitetem und hellrothgebranntem Thone gefertigt, auf einer Seitemit einem 1 Cm. breiten dunkelbraunen concentrischenStreifen, auf der andern mit Ausnahmeeines kleinen ebenfalls concentrischen Streifens,der nicht mit Farbe überzogen ist, gleichfalls dunkelbraunbemalt. Die bemalten Stellen sind glattund glänzend, wie mit Glasur überzogen. Taf.II. 11a, 11b und Taf. XII.311.“ [Abb. 1, 11a-b,dargestellt in 2 Ansichten in den beiden oberenEcken der Abbildung]. Die Beschreibung diesesleider verschollenen Bruchstückes passt gut zumFußfragment einer griechischen Kylix. An andererStelle vermerkt er ausdrücklich, das fraglicheStück stamme aus der Kulturschicht und manstehe daher vor einem Rätsel (v. Schab 1877,82 f.). Da im Jahre 2002 bei Gartenarbeiten dasFragment eines ostmediterranen Balsamariumsaus blauem Glas (6. Jh. v. Chr.) und damit einweiteres rätselhaftes antikes Stück auf der Inselselbst aufgelesen wurde, wird die Frage nach einerzumindest teilweisen Authentizität des umstrittenenFundkomplexes erneut aufgeworfen(Fesq-Martin/Lang 2006, 12). Natürlich istnicht auszuschließen, dass ein zu Bruch gegangenesGefäß aus der auf der Insel verwahrtenköniglichen Antikenkollektion von den Bedienstetendes Königshauses auf einfachste Weiseentsorgt worden sein könnte. Zumindest hätteein in die späte Hallstattzeit weisendes Fundstückauf der Insel bislang keinerlei Parallele– sie scheint nach Ausweis des prähistorischenFundstoffs zu dieser Zeit unbesiedelt gewesen zusein. Ein aus der Kulturschicht stammendes Keramikfragmentwie der oben genannte Kylixfußläßt sich auf diese Weise nicht erklären. Da nichtaus dem Umfeld von späthallstatt/frühlatènezeitlichenkeltischen Fürstensitzen stammend,wäre im Falle verifizierbarer Authentizität dasVorhandensein dieser Scherbe auf der Roseninselzumindest sehr ungewöhnlich.Größte Bewunderung zog der prächtige honiggelbeSilexdolch vom Typ Remedello (Abb. 2)Abb. 7: Planskizze der 1895 von Johannes Ranke veranlassten Grabungen auf derRoseninsel. Vermerkt sind die Abmessungen der Gruben und die Anzahl der pro Grubegemachten Funde. Grubennummern und eine konkrete Zuweisung einzelner Fundstückezu den Schnitten fehlen (mit freundlicher Genehmigung der ArchäologischenStaatssammlung München).nach seiner Auffindung zu Beginn der 1850erJahre auf sich. Reinecke hält ihn für ein authentisches,möglicherweise aus einem neolithischenGrabfund stammendes Fundstück und korrigiertdamit seine eigene, früher geäußerte Anschauung,der Dolch sei in Zusammenhang mitden rätselhaften Italica des bayerischen Königshauseszu sehen und als unterschoben zu werten(Reinecke 1934, 287).Der frühlatènezeitliche Fundschleier, der sichüber die Insel zieht und in einigen qualitätvollenFundstücken fassbar wird (Abb. 4) unddessen Vorhandensein Reinecke zu überspitztenÜberlegungen veranlasste, hat im Lichte neuesterarchäologischer Forschungen beste Entsprechungenin bisher einzigartigen Holzbefundendieser Zeitstellung im Flachwasser vor der Nord-87