NAU 14 2008Abb. 9: Elbe. AusschnittGIS-Projekt. TopographischeKarte 1:100 000mit Bodendaten für denBereich innerhalb derDeichlinie (Graphik:N. Lau).68suchungsmethoden fanden allerdings bei denGeländearbeiten auf der Elbe nicht statt.In einem gewissen Maß gelten die genannten,methodenbedingten Einschränkungen durchausauch für große, feste Objekte, wie etwaSchiffswracks. Die starken Tideströme, die ineinem Ästuar wie der Elbe wirken, bewegentäglich große Mengen an Sediment. Das hat zurFolge, das ein heute exponiert liegendes Objektbereits morgen mit dem Sonar nicht mehr zu erfassenist, da es unter einer mit den eingesetztenhohen Frequenzen hydroakustisch nicht mehrzu durchdringenden Sedimentdecke liegt. DerEinsatz von niederfrequenten Sedimentsonarenhilft hier nur bedingt weiter. Zum einen nimmtdie visuelle Auflösung der Sonarbilder und damitihre Aussagekraft mit der kleinen Frequenzstark ab. Zum anderen bleiben die zu untersuchendenAreale wegen der wesentlich kleinerenbeschallten Fläche sehr klein. Um die möglichstflächendeckende hydroakustische Vermessungdes großen UVU-Gebietes zu gewährleisten,haben wir uns daher für eine ausschließlicheUntersuchung mit einem hochfrequenten Sonarentschieden.Weitere Probleme ergeben sich aus Unterspülungund Kolkbildung. Im Umfeld größerer, harterObjekte wie Schiffswracks bilden sich Auskolkungen,deren Größe und Ausmaß von derStärke der Ströme, der Ausdehnung und Formdes umspülten Objekts, und der Beschaffenheitdes Untergrundes abhängt. Die Auswirkungender entsprechenden Vorgänge reichen dann vomAbrutschen und Einsedimentieren bis hin zumAuseinanderbrechen des jeweiligen Objekts.Ein Wrack bzw. das ermittelte Schallbild verändertauf diese Art und Weise sehr schnell seineUmrisse. Eine sichere Ansprache ist ohne denEinsatz weiterer Methoden – hier kann ein Sedimentsonarweiterhelfen – oder taucherischenProspektionen und Beprobungen der Objektenicht möglich. Derartige Untersuchungenkonnten im Rahmen der Gutachtenerstellungallerdings nicht durchgeführt werden.Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Erkundungarchäologischer Objekte mit hydroakustischenMethoden unter Bedingungen, wiewir sie an der Weser oder der Elbe vorfanden,beim jetzigen Stand der Technik keine Alternativehat. Sichere Aussagen sind beim Einsatzdieser Methoden allerdings nur dann möglich,wenn die entsprechenden Befahrungen in regelmäßigenAbständen wiederholt und ergänzendeMaßnahmen ergriffen werden.Analyse, Darstellung, BewertungEin wesentlicher Teil der von den Auftraggebernformulierten Leistungsanforderung wardie Abgabe aller wesentlichen Ergebnisse inGIS-tauglichen Formaten. Aus denkmalpflegerischerSicht lag angesichts der geographischenGröße der Untersuchungsgebiete, des starkenBezugs der archäologischen Quellen zu naturräumlichenund technischen Raumdaten, derVerfügbarkeit zahlreicher archäologischer Datenim ADAB-Web (vgl. hierzu auch Wilbertz/Gohlisch 2003) und der einzusetzenden Geländemethodedie Nutzung eines Geoinformationssystemsebenfalls nah. Eingesetzt wurdenin beiden Fällen ArcView 9.1. Beim Elbegutachtenwurden die GIS-Arbeiten von N. Laudurchgeführt.Als Kartengrundlage dienten georeferenzierteLand- und Seekarten, welche die Auftraggeberzur Verfügung stellten. Weiterhin wurden, wieoben dargestellt, wichtige historische Kartengeoreferenziert (Lang 1969 Kat.-Nr. 37, 44, 47,61, 71, 85 u. 96; Schleier 1994, 29). Da Bodenkartenentscheidende Hinweise auf Primär- oderSekundärlage von Funden und Fundstellen gebenkönnen, waren auch im Maßstab 1:25000vorliegende Bodenkarten zu digitalisieren undzu georeferenzieren (Abb. 9).In einem zweiten Arbeitsschritt wurden alle archäologischenEinzelfunde und Fundstellen, vondenen Punkt- oder Raumkoordinaten bekanntwaren, eingepflegt. Analoge Fundstellenplänewurden digitalisiert und georeferenziert, Fundstellenohne koordinatengenaue Angaben ma-
Archäologische Gutachten … für die geplanten Fahrrinnenanpassungen von Elbe und Wesernuell in die digitalen Karten eingehängt. DieseKartenelemente konnten in der Regel nach Typund Zeitstellung aufgeschlüsselt werden. Hinzukamen, auf Grundlage der BSH-Datenbankund der eigenen Geländeuntersuchungen, dieFundpunkte aller Wracks und aller bekanntenUnterwasserhindernisse. Schließlich wurdensämtliche Ergebnisse der hydroakustischenVermessungen einarbeitet. Die GIS-Projekteumfassten damit alle relevanten, für Analyseund Darstellung notwendigen Raumdaten undkonnten als Arbeitsgrundlage für alle Auswertungs-und Bewertungsarbeiten dienen.Einzelne Fundstellen und die eigentlichen,denkmalpflegerisch–archäologischen Resultateder beiden Gutachten können angesichts desnoch laufenden Planungsverfahrens an dieserStelle noch nicht behandelt werden. Wir gehenim Folgenden also nur kurz auf einige allgemeineKriterien unserer Bewertungen ein. Fundstellenangaben,die auf bloßen Aufsammlungen vonEinzelfunden im Gezeitenbereich des Flusses resultieren,sind in Bezug auf die geplanten Maßnahmenwenig relevant – in der Regel ist davonauszugehen, dass es sich um verlagerte Einzelfundeohne stratigrafischen Zusammenhanghandelt, welche bestenfalls indirekte Hinweiseauf intakte Fundstellen darstellen. Umgekehrtbedeutet der Nachweis von Baubefunden jeglicherArt und von Schiffswracks, dass am betreffendenFundplatz in der Regel noch aussagefähige,komplexe archäologische Zusammenhängezu erwarten sind. Dies gilt auch dann, wenn anden betreffenden Stellen bereits archäologischeUntersuchungen stattgefunden haben. Da essich stets um Fundstellen mit Feuchterhaltunghandelt, ist davon auszugehen, dass es sich inallen Fällen um Denkmale von hohem wissenschaftlichenund kulturellen Wert handelt, diegeeignet sind, wichtige Aspekte der Entwicklungder Kulturlandschaften an der Weser undder Elbe und ihrem Hinterland zu beleuchten.Der denkmalpflegerischen Bewertung der vorhandenenarchäologischen Fundstellen sind ansonstenenge Grenzen gesetzt. Den rechtlichenRahmen für diesen Aspekt der Bewertung bildendie Denkmalschutzgesetze der betroffenenBundesländer. Die entsprechenden Gesetzeformulieren in ihren §§ 1 und 2 gesetzlichenSchutz für Denkmale, an deren Erhaltung ausgeschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen,städtebaulichen sowie technik- oder heimatgeschichtlichenGründen ein öffentlichesInteresse besteht. Da die Daten zu den hierbehandelten Fundstellen im Wesentlichen ausListen der Denkmalpflegebehörden resultieren,war die Schutzwürdigkeit der aufgeführtenFundstellen nicht in Frage zu stellen.Nicht uneingeschränkt gilt dies allerdings fürmanche Wrackfundstellen. Besonders im Bereichder Außenweser war die Bewertungsgrundlagenoch so unzureichend, dass dasentsprechende Gutachten hier eine endgültigeBewertung von den Ergebnissen weiterer Untersuchungenabhängig mache musste. Die Resultatedieser Arbeiten liegen z. Zt. (August 2007)noch nicht vor.SchlussDie zahlreichen Fundpunkte von Schiffswracks,die in der Datenbank und den Karten des BSHerfasst sind, könnten den Eindruck erwecken,das deutsche Nordsee-Küstenmeer und die angrenzende„Ausschließliche Wirtschaftszone“(AWZ) seien archäologisch gründlich erforscht.Mit den tatsächlichen Verhältnissen hätte diesallerdings wenig zu tun. Die entsprechendenUntersuchungen des BSH berühren nur eineeinzige archäologische Quellengattung und nurdie jüngsten Abschnitte der Nutzungsgeschichtedes Raums. Die riesigen Zeitabschnitte, in denender Mensch die heute überfluteten Landschaftendes Kontinentalsockels als Siedelareale,Fisch- und Jagdgründe nutzte, bleiben von denUntersuchungen des Bundesamtes für Seeschifffahrtnaturgemäß vollkommen unberührt.Dass sich unsere Gutachten im Bereich derUntersuchungsgebiete Außenweser und Außenelbedennoch weitgehend auf schiffsarchäologischeFragestellungen konzentrierten, hatterein praktische Gründe. Archäologische Untersuchungenim deutschen Küstenflachmeer,die Anhaltspunkte auf räumliche Verteilungenund mögliches technisches Vorgehen im Untersuchungsgebiethätten liefern können, gibt esbislang nicht. Damit fehlten die wesentlichenVoraussetzungen für einen entsprechenden Zuschnittder im Rahmen des Gutachtens notwendigenUntersuchungen.Dass in den Untersuchungsgebieten mit entsprechendenDenkmälern zu rechnen war und seinwird, ist keine Frage archäologischer Theorie.Um dies zu erkennen, genügt ein Blick in dieFundlandschaften der Nachbarländer. Besondersvon Dänemark und Großbritannien sindinzwischen eine bedeutende Anzahl von Fundstellenmit teilweise ausgezeichnet erhaltenenarchäologischen Befunden bekannt geworden(Fischer 2004; Fleming 2004b; Grøn/Skaa-69