NAU 14 2008mehr aus Italien zurückkehren. Dass der LangbürgnerSee auch in späterer Zeit noch über eineBrücke verfügte, ist durch die Karte von Appianaus dem Jahre 1568 belegt. Legt man dieserKarte trotz mangelndem Maßstab eine gewisseAbbildungsrealität zugrunde, so darf die hierdargestellte Brückenanlage jedoch eher am Norduferdes Sees unter der heutigen Bundesstraßevermutet werden, an dem ein heute noch vorhandener,kleiner Durchfluss in Richtung Nordenzum angrenzenden Schlosssee besteht.DanksagungAbb. 5: Darstellung der „urbs Hademarsperch“ mit zinnenbewehrtemBauwerk und romanischer Bogenfront sowie einem Mannmit Angel (Codex Falkensteinensis, 1166). Mit freundlicher Genehmigungdes Bayerischen Hauptstaatsarchivs (KL Weyarn 1/00031).zeit des Grafengeschlechtes von Falkenstein,die zur Zeit der Staufer eines der mächtigstenHerrschergeschlechter darstellte. Mit ihren ältestenBesitzungen im oberen Vils- und Inntalerstreckte sich ihr Einflussgebiet mit weitenLändereien bis nach Tirol, in das Mangfalltal,nach Niederösterreich und eben auch inden Chiemgau. Im sog. Codex Falkensteinensis(Abb. 4), dem bislang einzigen uns überliefertenTraditionsbuch einer mittelalterlichen Grundherrschaft,werden die vier Stammburgen derFalkensteiner genannt und zusätzlich in einerrot-braun gehaltenen Miniaturmalerei dargestellt(Noichl 1978). Neben Neuburg an derMangfall, der Burg Falkenstein am Inn sowieder niederösterreichischen Burg Hernstein wirdauch die vierte Burg, das oberbayerische WasserschlossHartmannsberg, die urbs Hademarsperchgezeigt (Abb. 5). Neben der Burgdarstellung miteinem zinnenbewehrten Mauerwerk und einerromanischen Bogenfassade ist auch ein Mannmit einer Angel zu erkennen. Zweifellos fällt dieDatierung der Brücken der urbs Hademarsperchnoch in die Herrschaftszeit des FalkensteinersSibotos IV., der vor seinem Aufbruch zumvierten Italienzug Barbarossas im Herbst 1166von Kanonikern des Stiftes Herrenchiemseeeben den genannten Codex Falkensteinensis anlegenließ, um den Familienbesitz für seine nochunmündigen Kinder zu sichern, sollte er nichtBesonderer Dank gilt der WasserwachtgruppeBad Endorf sowie allen Beteiligten der BayerischenGesellschaft für Unterwasserarchäologie(Marcus Thier, Dagmar Leeb, Andrea undThomas Haupt, Richard Schnell, Thomas Wachinger,Armin May M. A., Dr. Marcus Prell,Corinna Fiedler, Jürgen Fleckenstein), ohnederen tatkräftige Unterstützung eine genauereErforschung der Pfahlreihen nicht möglich gewesenwäre. Darüber hinaus sei Dr. G. Schönfeldsowie Dr. G. Schlicksbier vom BayerischenLandesamt für Denkmalpflege für die gute Zusammenarbeitgedankt.Anschrift des VerfassersDr. Tobias PfledererBayerische Gesellschaft fürUnterwasserarchäologie e. V.Naturbadstr. 25D-91056 ErlangenLiteraturPopp 1895: K. Popp, Wallburgen, Burgställe undSchanzen in Oberbayern. Oberbayer. Archiv 49,1895, 161 ff.; bes. 178 f.Torbrügge 1959: W. Torbrügge, Vor- und Frühgeschichtein Stadt und Landkreis Rosenheim. In: A.Aschl (Hrsg.), Quellen und Darstellungen zur Geschichteder Stadt und des Landkreises Rosen-heim 1(Rosenheim 1959) 54 ff.Schwarz 1989: K. Schwarz, Archäologisch-topographischeStudien zur Geschichte frühmittelalterlicherFernwege und Ackerfluren im Alpenvorland zwischenIsar, Inn und Chiemsee 45 (Kallmünz 1989).Pflederer 2001: T. Pflederer, Aktuelle Forschungenin bayerischen Seen. Nachrichtenbl. Arbeitskreis Unterwasserarch,NAU 8, 2001, 21 ff.Noichl 1978: E. Noichl, Codex Falkensteinensis.Die Rechtsaufzeichnungen der Grafen von Falkenstein(München 1978).94
Neuerscheinungen/BuchbesprechungenIrmgard Bauer/Beatrice Ruckstuhl/Josef Speck,Die spätbronzezeitlichen Ufersiedlungen vonZug-Sumpf, Band 3: Die Funde der Grabungen1923-37 (Zug 2004). Mit Beiträgen von M.Binggeli, S. Bolliger Schreyer, J. Bonzon, Ch.Maise, P. Northover, A. Rast-Eicher, W. H.Schoch, A. Shortland, A. Stempfel-Benghezal.2 Teilbände, 356 Textseiten (Teilband 1), 232Tafeln mit Katalog und Tabellen (Teilband 2).Preis: SFr. 95.- (ISBN: 3-907068-04-1).Etwa sieben Jahrzehnte nach Beendigung derumfangreichen Grabungen des Zuger ProkuristenMichael Speck in der PfahlbausiedlungZug-Sumpf liegen jetzt die Ergebnisse dieser Unternehmungenin wissenschaftlich aufbereiteterForm vor und beschließen die vom KantonalenMuseum für Urgeschichte Zug herausgegebenedreibändige Publikationsreihe zu den Ufersiedlungenim Sumpf: Gut Ding will Weile haben.Der Sohn des damaligen Ausgräbers, seinerzeitals Jugendlicher ebenfalls bereits mit von derPartie, ist Mitautor des Bandes und hat in den1950er Jahren erneut im Sumpf gegraben. DieseKampagnen, die Wesentliches zur Frage desCharakters von Pfahlbausiedlungen beisteuertenund die Mehrphasigkeit der Siedlung belegten,wurden im zweiten Band der Publikationsreihevon Mathias Seifert ausgewertet und in Zusammenarbeitmit der Zeichnerin Marlise Wunderli1997 vorgelegt. Die Dorfgeschichte ist im Auftaktbandvon 1996 von einem Autorenkollektivum Mathias Seifert abgehandelt worden (dazudie Rezension in NAU 8, 2001, 109 ff.).Den Auftakt der Abhandlungen bildet eineumfängliche, bis ins Jahr 1859 zurückreichendeForschungsgeschichte des Platzes. Wer wäre alsAutor hierfür berufener als der leider inzwischenverstorbene Josef Speck selbst, der viele Jahreals Ausgräber in Zug-Sumpf tätig war und diemoderne Erforschung der Siedlung wesentlichgefördert hat? Mehrfach wurde die Siedlung imSumpf entdeckt bzw. wiederentdeckt, mehrfachist das Wissen um ihre Lokalisierung in Vergessenheitgeraten, bis dann Michael Speck ab 1923umfängliche Grabungen einleitete und im Laufevon 12 Jahreskampagnen (in den Jahren 1930,1933 und 1934 wurde nicht gegraben) einen Teildes Siedlungsareals untersuchte. Sie genügennaturgemäß modernen Ansprüchen nicht, fandenin der damaligen Zeit aber große Beachtungund zeitigten – dies macht dieser Band deutlich– respektable Ergebnisse. Ferdinand Keller, derEntdecker der Pfahlbauten in der Schweiz, aberauch Jakob Heierli als erster akademischer Vertreterdes Faches „Urgeschichte“ an der ZürcherUniversität haben neben zahlreichen wenigerprominenten Erforschern im Sumpf ihre Spurenhinterlassen.In den folgenden Kapiteln wird der Fundstoffder Grabungen behandelt – die Befunde hingegensind im ersten Teilband zur Dorfgeschichteenthalten. Die Funde werden im KantonalenMuseum für Urgeschichte in Zug verwahrt,dessen Gründung ebenfalls auf eine InitiativeMichael Specks zurückgeht. Erneut ergreiftJosef Speck das Wort und behandelt auf knapp90 Textseiten fast 600 Bronzeobjekte. Da Speckkein ausgebildeter Prähistoriker war, sondernGeologie studiert und als Gewerbeschullehrertätig war, mußte er sich autodidaktisch in dieumfängliche archäologische Fachliteratur zurSpätbronzezeit einarbeiten, was ihm die aufrichtigeBewunderung des Rezensenten eingetragenhat.Zum Nachdenken regen allgemeine Überlegungenzur Bronzedichte in Pfahlbausiedlungenan, wie sie die Tabelle der Abb. 16 auf S. 18 liefern.Der Vergleich mit der Siedlung von Greifensee-Böschenim benachbarten Kanton Züricherbringt einen exakt 10-fach höheren Wertfür die Bronzedichte pro Siedlungsjahr. DieserWert sinkt etwas ab (von 10,0 auf 5,9), wennman die Tabelle um eine Rubrik „Bronzedichtepro m 2 und Siedlungsjahr“ als aussagekräftigerenQuotienten ergänzt. Jedenfalls verlangtdie erheblich höhere Bronzedichte der SiedlungGreifensee-Böschen im Vergleich zu Zug-Sumpfnach einer überzeugenden Deutung. Wären diePfahlbaubronzen wirklich als „echter Siedlungsniederschlag,der auf natürliche Verluste oderHinterlassenschaft bei der Siedlungsaufgabe zurückzuführenist“ aufzufassen, wie dies auf S. 21nachzulesen ist, müssten sich in vergleichbarenSiedlungen Bronzedichtequotienten derselbenGrößenordnung ergeben. So bietet es sich an,doch den von Speck pauschal abgelehnten Vorschlageiner „kultischen Deutung“ der Pfahlbaubronzendes Berner Prähistorikers Felix Müller(Jahrb. SGUF 76, 1993, 71 ff.) nicht gänzlichausser Acht zu lassen. Verweist Speck dochselbst an anderer Stelle (S. 49 Anm. 288) bei derBesprechung des Ringschmuckes auf die enormhohe Anzahl von ca. 300 Armringen der StationGrandson-Corcelettes, Kanton Vaud am NeuenburgerSee, die wohl schwerlich vorwiegendals Verlust erklärbar ist. Dass die Diskussionüber den Charakter der Pfahlbaubronzen beiweitem noch nicht beendet ist, belegen u.a. dieinzwischen publizierten Beiträge des KongressesIKUWA 2 (Antiqua 40, 2006).Im Folgenden werden die einzelnen Bronze-95