2.4.6.1.3. Ermittlung <strong>de</strong>r Ausbreitungsten<strong>de</strong>nz industrieller Schadstoffe im Grundwasser imAbstrom <strong>von</strong> SchadstoffquellenDie laterale Schadstoffverteilung in <strong>de</strong>n <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schadstoffmigration maßgeblichen Grundwasserleiternist zumeist beson<strong>de</strong>rs dadurch gekennzeichnet, dass sich hohe Gehalte organischer o<strong>de</strong>ranorganischer Wasserschadstoffe auf ein enges Areal um <strong>die</strong> Emissionsquellen konzentrieren.Außerhalb <strong>de</strong>r Schadstoffeintragsbereiche fällt <strong>die</strong> Schadstoffkonzentration dagegen auf kurzeStrecken sehr schnell ab. ‚Phänomene’ ließ auf bislang nicht erkannte bzw. nicht hinreichend genaucharakterisierte Mechanismen <strong>de</strong>s Schadstoffabbaues bzw. <strong>de</strong>s Verharrens <strong>von</strong> Schadstoffenim Grundwasser schließen. Die Verfasser leiteten <strong>die</strong> Existenz ‘Reaktiver Geogener Komplexe’ ab,in <strong>de</strong>nen faziell bedingte, physikalische, geochemische und mikrobielle Prozesse in komplexerWechselbeziehung ein höheres Rückhalten bzw. einen größeren Abbau <strong>von</strong> Schadstoffen imGrundwasser bewirken, als mit bislang mehr o<strong>de</strong>r weniger einseitigen Betrachtungsweisen z.B.aus Geochemie o<strong>de</strong>r Mikrobiologie angenommen wer<strong>de</strong>n konnte. Eine realitätsnahe Anwendung<strong>von</strong> rechnerischen Schadstofftransportmo<strong>de</strong>llen wur<strong>de</strong> zumeist durch <strong>die</strong> unsichere o<strong>de</strong>r empirischabgeschätzte Ermittlung <strong>de</strong>r Migrationsparameter eingeschränkt. Gera<strong>de</strong> <strong>die</strong> laborative Nachbildung<strong>die</strong>ser Prozesse bereitet auch heute noch große Schwierigkeiten.Unter Berücksichtigung <strong>von</strong> Art, Menge und Verteilung organischer Schadstoffe sowie außer<strong>de</strong>munter Beachtung <strong>de</strong>r Hydrogeochemie <strong>de</strong>s Kontaminationsbereiches und seiner Umgebung ist esprinzipiell möglich, <strong>de</strong>n Faktor natürlicher Abbauprozesse <strong>für</strong> Sanierungsentscheidungen zu nutzen,wenn er <strong>für</strong> <strong>de</strong>n speziellen Standort in Näherungen quantifiziert ist.Die Rückhalte- und Abbauwirkung <strong>de</strong>r REAKTIVEN GEOGENEN KOMPLEXE ist über zwei Wege quantifizierbar:1. durch fun<strong>die</strong>rte Berechnungsmetho<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Komplexität <strong>de</strong>r Vorgänge weitgehendund naturnah Rechnung tragen;2. im vergleichen<strong>de</strong>n Messen bestimmter Eingangs- und Ausgangsgrößen <strong>von</strong> Schadstoffeno<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer standortspezifischer Parameter über eine <strong>de</strong>finierte Länge in exakterAbstromrichtung <strong>de</strong>s Grundwassers.Bereits 1999 wur<strong>de</strong> in einer Stu<strong>die</strong> 50 <strong>de</strong>r internationale Stand <strong>de</strong>r in 1.) aufgeführten fun<strong>die</strong>rtenBerechnungsmetho<strong>de</strong>n umfassend recherchiert und kritisch beleuchtet. Es war u. a. ein Beweggrund<strong>für</strong> <strong>die</strong> genannte Stu<strong>die</strong>, reale, über Jahre gemessene Entwicklungen <strong>von</strong> Schadstofffahnenjeweiligen prognostischen Berechnungen gegenüberzustellen. Die Autoren kamen zu <strong>de</strong>m Ergebnis,dass eine realitätsnahe Anwendung <strong>von</strong> rechnerischen Schadstofftransportmo<strong>de</strong>llen zumeistdurch <strong>die</strong> unsichere o<strong>de</strong>r empirisch abgeschätzte Ermittlung <strong>de</strong>r Migrationsparameter eingeschränktwird. Gera<strong>de</strong> <strong>die</strong> laborative Nachbildung <strong>die</strong>ser Prozesse bereitet bis heute großeSchwierigkeiten o<strong>de</strong>r ist mit oft unverhältnismäßigem Aufwand verbun<strong>de</strong>n. Aus <strong>die</strong>sem Grun<strong>de</strong>ziehen sich <strong>die</strong> jeweiligen Gutachter zumeist hinter ein worst-case-Szenario zurück, das <strong>die</strong> jeweiligeBehör<strong>de</strong> oft zu einer Maximierung <strong>von</strong> For<strong>de</strong>rungen veranlassen könnte.Daraus ist abzuleiten, dass <strong>die</strong> existieren<strong>de</strong>n Berechnungsmetho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Komplexität <strong>de</strong>r Vorgänge(noch) nicht genügend Rechnung tragen. Es zeigte sich in <strong>de</strong>n meisten Fällen, dass <strong>die</strong> räumlicheAusbildung <strong>von</strong> Schadstofffahnen im Umfeld industrieller Standorte <strong>de</strong>utlich engständiger istund <strong>die</strong> Ausbreitungsgeschwindigkeit wesentlich langsamer verläuft, als bislang angenommenwur<strong>de</strong>.Die Feststellung <strong>die</strong>ser ‚Phänomene’ ließ auf bislang nicht erkannte bzw. nicht hinreichend genaucharakterisierte Mechanismen <strong>de</strong>s Schadstoffabbaues bzw. <strong>de</strong>s Verharrens <strong>von</strong> Schadstoffen imGrundwasser schließen. Die faziell bedingten physikalischen, geochemischen und mikrobiellen50 Stu<strong>die</strong>: Analyse / Bewertung limitieren<strong>de</strong>r und för<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Faktoren zum Abbauverhalten braunkohlenbürtigerSchadstoffe. – Autoren: K. Roselt, J. Schmidt, R. Hähnel, F. Weihrauch, A. Schaubs, JENA-GEOS-Ingenieurbüro GmbH, im März 199974 | REFINA: | MESOTES
Prozesse bewirken in komplexer Wechselbeziehung ein höheres Rückhalten bzw. einen größerenAbbau <strong>von</strong> Schadstoffen im Grundwasser, als mit bislang mehr o<strong>de</strong>r weniger einseitigen Betrachtungsweisenz.B. aus Geochemie o<strong>de</strong>r Mikrobiologie angenommen wer<strong>de</strong>n konnte.Aus <strong>die</strong>sem Grun<strong>de</strong> sehen <strong>die</strong> Autoren eine Lösung <strong>für</strong> eine solche, zunächst objektspezifischausgerichtete Quantifizierung in <strong>de</strong>r Ermittlung <strong>von</strong> parameterspezifischen Konzentrationsgra<strong>die</strong>nten(vergleichen<strong>de</strong>s Messen bestimmter Eingangs- und Ausgangsgrößen <strong>von</strong> Schadstoffen o<strong>de</strong>ran<strong>de</strong>rer standortspezifischer Parameter über eine <strong>de</strong>finierte Länge in exakter Abstromrichtung <strong>de</strong>sGrundwassers ).Der zeitliche Verlauf <strong>von</strong> Zerfalls- und Abbauprozessen wird durch folgen<strong>de</strong> allgemeine Beziehungcharakterisiert:(1)ct−λt= c 0⋅ ec 0 Anfangskonzentrationc tλKonzentration nach <strong>de</strong>r Zeit tZerfallskonstanteDie Auswertung <strong>von</strong> Grundwasseranalysen am Beispiel <strong>de</strong>r im Abstromverhältnissekarbochemischer Standorte hat gezeigt, dass auch <strong>die</strong> räumliche Entwicklung <strong>de</strong>r Konzentrationbestimmter Wasserinhaltsstoffe in Grundwasserfließrichtung näherungsweise durch eine analogeExponentialfunktion beschrieben wer<strong>de</strong>n kann:(2)c−i c s2= c 1⋅ec 1 Konzentration in Grundwassermessstelle 1c 2 Konzentration in <strong>de</strong>r Grundwassermessstelle 2i c parameterspezifischer Konzentrationsgra<strong>die</strong>nts Entfernung zwischen <strong>de</strong>n Messstellen 1 und 2Durch Umstellung <strong>von</strong> (2) wur<strong>de</strong> folgen<strong>de</strong> Arbeitshypothese <strong>für</strong> <strong>die</strong> Bestimmung <strong>de</strong>s parameterspezifischenKonzentrationsgra<strong>die</strong>nten i c abgeleitet:i c⎛ cln⎜⎝ c=(3) s12⎟ ⎞⎠Sind <strong>die</strong> Konzentrationen eines bestimmten Parameters in min<strong>de</strong>stens zwei im Abstrom einerEmissionsquelle in Grundwasserfließrichtung gelegenen Messstellen (M1 und M2) bekannt, kannmit <strong>de</strong>r Beziehung <strong>de</strong>r parameterspezifische Konzentrationsgra<strong>die</strong>nt i c ermittelt wer<strong>de</strong>n. Er charakterisiert<strong>die</strong> Engständigkeit <strong>de</strong>r Schadstofffahne und kann damit auch <strong>für</strong> standortübergreifen<strong>de</strong>Vergleiche unabhängig <strong>von</strong> <strong>de</strong>r jeweiligen Absolutkonzentration genutzt wer<strong>de</strong>n.⇒Der parameterspezifische Konzentrationsgra<strong>die</strong>nt ic beschreibt <strong>die</strong> Konzentrationsän<strong>de</strong>runganthropogen bedingter Wasserinhaltsstoffe o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer geeigneterstandortspezifisch ausgewählter chemisch - physikalischer Messgrößen auf <strong>de</strong>rabstromig gerichteten Strecke im Abstrom <strong>von</strong> Altlastverdachtsflächen in Abhängigkeit<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Entfernung zur Emissionsquelle. Er beschreibt somit halbquantitativ <strong>die</strong>Wirkung <strong>de</strong>s REAKTIVEN GEOGENEN KOMPLEXES und kann zur Beurteilung <strong>de</strong>r Schadstoffausbreitungsten<strong>de</strong>nzim Grundwasser herangezogen wer<strong>de</strong>nREFINA: | MESOTES | 75