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KiP : Kids Participation in Research - AECC-Bio - Universität Wien

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3. Zwischenbericht über die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse Oktober 2011durchaus <strong>in</strong> Anlehnung an wissenschaftliche Disputpraxis – e<strong>in</strong>en möglichst offenen Austauschunterschiedlicher Sichtweisen zu ermöglichen und zu fördern.Wie kann dieses Lernen und geme<strong>in</strong>same Arbeiten aussehen, das unterschiedlicher Sichtweisenberücksichtigt? Dazu e<strong>in</strong> Beispiel aus e<strong>in</strong>er Fallanalyse e<strong>in</strong>es unserer <strong>Bio</strong>-<strong>KiP</strong>s (Die gesamteFallstudie ist nachzulesen <strong>in</strong>: Heid<strong>in</strong>ger, Radits 2010): SchülerInnen e<strong>in</strong>er sechsten KlasseGymnasium <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> haben mit e<strong>in</strong>em Neurobiologen der Universität <strong>Wien</strong> zusammengearbeitet. DerWissenschaftler hat die SchülerInnen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> aktuelles Forschungsfeld mitgenommen, <strong>in</strong> dem sich dieWissenschaftlerInnen unter anderen die Forschungsfrage stellen, nach welchen Kriterien die Sp<strong>in</strong>neCupienius Salei, die <strong>in</strong> tropischen Gebieten <strong>in</strong> Mittelamerika heimisch ist, e<strong>in</strong>en Baum aussucht. DerWissenschaftler hat die SchülerInnen im Zuge der Kooperation aufgefordert, e<strong>in</strong>e passendeVersuchsanordnung zur Beantwortung der Forschungsfrage zu f<strong>in</strong>den. Die SchülerInnen schlugendaraufh<strong>in</strong> vor, e<strong>in</strong>en Urwald, also e<strong>in</strong> natürliches <strong>Bio</strong>top, e<strong>in</strong>zurichten. Diese Versuchsumgebung stehtim krassen Gegensatz zur Versuchsanordnung, die die Wissenschaftler aktuell e<strong>in</strong>setzen, um dieForschungsfrage zu beantworten, nämlich e<strong>in</strong>e stark reduzierte Laborumgebung, mit lediglich zweischwarzen Pappbalken als Reizen, die Bäume repräsentieren. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>ernaturwissenschaftlichen Forschungslogik könnte man nun sagen, der Weg der SchülerInnen sei derfalsche: Ohne e<strong>in</strong>e starke Reduktion der Umweltreize kann ke<strong>in</strong>e gesicherte Aussage über dasVerhalten der Sp<strong>in</strong>ne gemacht weden. Das war anfänglich auch die Botschaft des Wissenschaftlers <strong>in</strong>diesem <strong>Bio</strong>-<strong>KiP</strong>. Doch die SchülerInnen waren hartnäckig und s<strong>in</strong>d nicht von ihrer Vorstellung e<strong>in</strong>ergeeigneten Versuchsumgebung weggerückt, was zur Folge hatte, dass diese beidenunterschiedlichen Sichtweisen über den Prozess h<strong>in</strong>weg heiß diskutiert wurden. Hier zwei Beispiel-Zitate von SchülerInnen aus dem Gesprächsprozess:• “Das Problem, das ich sehe, dass die Sp<strong>in</strong>ne weiß, dass das [die schwarzen Pappbalken]Bäume s<strong>in</strong>d. Woher können die Forscher das wissen?”• “Ich versteh‘s noch immer nicht. Die Sp<strong>in</strong>ne ist immer im Labor- woher weiß die dann: ‚Das [derschwarze Pappbalken] ist e<strong>in</strong> echter Baum‘ ?”Interessant ist nun, dass sich im Verlauf der geme<strong>in</strong>samen Arbeit herausgestellt hat, dass h<strong>in</strong>ter denbeiden konträren Konzepten für e<strong>in</strong> geeignetes Versuchsdesign zwei völlig unterschiedlicheKonzeptionen zum Organismus Sp<strong>in</strong>ne stehen. Während der Wissenschaftler von e<strong>in</strong>em Organismusausgeht, dessen Verhalten durch e<strong>in</strong> fixes, genetisch völlig determ<strong>in</strong>iertes Programm gesteuert wird,orientieren sich die SchülerInnen <strong>in</strong> ihrem Modell der Sp<strong>in</strong>ne an e<strong>in</strong>em denkenden, lernendenIndividuum, das aufgrund se<strong>in</strong>er Erfahrungen handelt. Es leuchtet ihnen daher nicht e<strong>in</strong>, wie dieWissenschaftlerInnen davon ausgehen können, dass die Sp<strong>in</strong>ne im Labor mit den Pappbalken sichgleich verhält wie <strong>in</strong> ihrer natürlichen Umgebung, mit echten Bäumen.Das ist nur e<strong>in</strong> Beispiel, wie im Zuge dieser Kooperation durch die Verhandlung unterschiedlicherSichtweisen der SchülerInnen und des Wissenschaftlers zugrundeliegende Konzepte, Theorien,Überlegungen aufgedeckt wurden und dadurch e<strong>in</strong> gegenseitiges Verstehen erst möglich wurde. Vorallem aber ist es wichtig zu betonen, dass der Wissenschaftler erst durch diese <strong>in</strong>tensiveAuse<strong>in</strong>andersetzung mit den SchülerInnen gezwungen war, all die nötigen H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>fos zu se<strong>in</strong>erForschung zu liefern, die zum Nachvollziehen se<strong>in</strong>er Arbeit notwendig waren. Im Zuge dessen wurdenebenso allgeme<strong>in</strong>e Aspekte von authentischer, naturwissenschaftlicher Forschung aufgedeckt.9

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