Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
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<strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> Jugendhilfee<strong>in</strong>richtungen geht es<br />
um die demokratische Gestaltung des Geme<strong>in</strong>samen<br />
Handelns. Der Alltag im Jugendhaus, <strong>der</strong> Tagesablauf<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> betreuten Wohngruppe, <strong>der</strong> Kauf von Möbeln<br />
für die Hortgruppe – <strong>in</strong> all diesen Themen eröffnen<br />
sich für Jugendliche E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten. Der pädagogische<br />
Alltag <strong>in</strong> Jugende<strong>in</strong>richtungen darf nicht für<br />
die Jugendlichen gestaltet werden (auch wenn dies<br />
wohlme<strong>in</strong>end geschieht). <strong>Partizipation</strong> for<strong>der</strong>t vielmehr,<br />
den Alltag mit den Jugendlichen geme<strong>in</strong>sam<br />
zu gestalten. <strong>Partizipation</strong>srechte müssen <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>richtungen<br />
strukturell verankert, den Jugendlichen<br />
bekannt <strong>und</strong> zugänglich se<strong>in</strong>. Dies ist umso wichtiger,<br />
je weniger Jugendliche sich entziehen können (z. B.<br />
<strong>in</strong> außerfamilialen Unterbr<strong>in</strong>gungsformen). <strong>Partizipation</strong><br />
<strong>in</strong> Jugendhilfee<strong>in</strong>richtungen f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>erseits<br />
als Gestaltung von Beteiligungsprozessen <strong>in</strong> pädagogischen<br />
Sett<strong>in</strong>gs statt, an<strong>der</strong>erseits ist <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Jugendhilfe e<strong>in</strong> konstitutiver Bestandteil pädagogischen<br />
Denkens <strong>und</strong> Handelns selbst. He<strong>in</strong>rich Kupffer<br />
thematisiert dieses Verhältnis als die Frage nach<br />
„Freiheit“, die sich primär als Element des Handelns<br />
zeigt. „Mit <strong>der</strong> Freiheit ist es ähnlich wie mit dem<br />
Recht, von dem Kurt Tucholsky sagt: ‚Recht kann man<br />
nur <strong>in</strong> bedrohten Lagen erkennen; wenn es da nicht<br />
gilt, taugt es nichts.’“ (vgl. Kupffer 1980, S. 26).<br />
Geme<strong>in</strong>wesenorientierung als fachlicher Standard<br />
verlangt von <strong>der</strong> Jugendhilfe nicht nur, sich selbst<br />
als Handeln<strong>der</strong> im Geme<strong>in</strong>wesen zu verstehen, son<strong>der</strong>n<br />
auch Jugendliche auch bei ihrer E<strong>in</strong>mischung <strong>in</strong><br />
öffentliche Entscheidungen zu unterstützen. Im E<strong>in</strong>richtungsalltag<br />
manifestieren sich konkrete Fragen<br />
<strong>und</strong> Probleme von Jugendlichen, die über die E<strong>in</strong>richtung<br />
h<strong>in</strong>aus weisen (sie stammen aus <strong>der</strong> Schule o<strong>der</strong><br />
dem öffentlichen Raum). Jugendhilfe ist aufgefor<strong>der</strong>t,<br />
Jugendliche bei <strong>der</strong> Wahrnehmung ihrer Rechte<br />
<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Institutionen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu<br />
unterstützten.<br />
Letztlich for<strong>der</strong>t <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe,<br />
Jugendliche dazu zu ermächtigen, Entscheidungen<br />
für ihr eigenes Leben treffen zu können. Nur über<br />
<strong>Partizipation</strong> lassen sich Kompetenzen <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />
Lebensbewältigung för<strong>der</strong>n: eigene Interessen<br />
wahrnehmen, artikulieren, aushandeln, durchsetzen,<br />
unterliegen, sowie die Wirkungen des eigenen Han-<br />
delns erfahren.<br />
(4) Öffentlicher Raum / Kommunen<br />
<strong>Partizipation</strong> ist auch <strong>und</strong> vor allem direkte politische<br />
Mitbestimmung Jugendlicher, direkte E<strong>in</strong>flussnahme<br />
auf politische Entscheidungen. Diese kann anwaltschaftlich<br />
geschehen (durch Jugendbeauftragte o<strong>der</strong><br />
Jugendanwälte) o<strong>der</strong> durch Jugendliche direkt (<strong>in</strong><br />
repräsentativen offenen o<strong>der</strong> projektorientierten<br />
Formen, vgl. BMFSFJ 2002). Primäres Handlungsfeld<br />
politischer Beteiligung ist die Kommune als öffentlicher<br />
Alltagsraum für Jugendliche. Fünf B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong><br />
haben die Rechte Jugendlicher auf politische Mitwirkung<br />
<strong>in</strong> ihren Geme<strong>in</strong>deordnungen festgeschrieben<br />
(vgl. Bruner/W<strong>in</strong>klhofer/Z<strong>in</strong>ser 1999). Am weitesten<br />
geht Schleswig-Holste<strong>in</strong> mit <strong>der</strong> Formulierung: „Die<br />
Geme<strong>in</strong>de muss bei Planungen <strong>und</strong> Vorhaben, die die<br />
Interessen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen berühren,<br />
diese <strong>in</strong> angemessener Weise beteiligen“ (§ 47f GO).<br />
Kennzeichnend für kommunale <strong>Partizipation</strong> ist, dass<br />
Jugendliche ist hier außerhalb e<strong>in</strong>es pädagogisch<br />
gestalteten Raums Rechte auf Mitwirkung haben:<br />
Jugend<strong>in</strong>teressen sollen als Querschnittsthema <strong>in</strong> allen<br />
politischen <strong>und</strong> planerischen Vorhaben berücksichtigt<br />
werden. In kommunale Entscheidungen fließen sehr<br />
unterschiedliche Perspektiven <strong>und</strong> Interessen e<strong>in</strong>: so<br />
s<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Außenraumplanung e<strong>in</strong>es<br />
Wohnviertels neben den Pädagogen auch politische<br />
Vertreter, Mitarbeiter <strong>der</strong> Verwaltung, Vertreter <strong>der</strong><br />
Wohnungswirtschaft u. a. <strong>in</strong>volviert (vgl. Knauer/<br />
Friedrich/Hermann/Liebler 2004). Jugendliche treten<br />
hier als politisch handelnde Akteure im politischen<br />
Raum auf. Sie werden damit auch für an<strong>der</strong>e Interessengruppen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Kommune als politisch Handelnde<br />
sichtbar bzw. ihnen als weiterer Aushandlungspartner<br />
zugemutet. Damit wird <strong>Partizipation</strong> „entpädagogisiert“:<br />
Jugendliche werden zu Subjekten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
nicht-pädagogischen Raum.<br />
Ihre Beteiligung ist damit gleichzeitig den Spielregeln<br />
politischen Handelns unterworfen (vgl. Lü<strong>der</strong>s 2004),<br />
sie s<strong>in</strong>d mit den Strategien politischen Handelns direkt<br />
konfrontiert. Die Gefahr, dass Jugendliche <strong>in</strong> dieser<br />
DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 23 -