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Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit

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keit zur Selbstverantwortung <strong>und</strong> Selbstbestimmung,<br />

also zur Autonomie <strong>und</strong> demokratisch-kompetenten<br />

Mitentscheidung, zugestanden wird. Statt von <strong>der</strong><br />

noch nicht vorhandenen Autonomie- <strong>und</strong> <strong>Partizipation</strong>sfähigkeit<br />

auszugehen <strong>und</strong> diesen “Mangel” durch<br />

pädagogische Regelungen, Sanktionen <strong>und</strong> Rahmungen<br />

vorsichtig zu bearbeiten, g<strong>in</strong>ge es darum,<br />

sich als Pädagoge/ Pädagog<strong>in</strong> <strong>in</strong> allen anstehenden<br />

Entscheidungen zu fragen, wie <strong>der</strong> <strong>Partizipation</strong>s<strong>und</strong><br />

Autonomiespielraum von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

vergrößert, statt begrenzt werden könnte. Will<br />

man Selbstbestimmung <strong>und</strong> Verantwortung als Ziel<br />

setzen, muss man ihnen Raum geben. Man muss maximale<br />

Selbstständigkeit <strong>und</strong> Verantwortungsfähigkeit<br />

unterstellen <strong>und</strong> doch mit aktuell vorhandener<br />

Begrenztheit rechnen. Wo solche Grenzen <strong>der</strong> Fähigkeit<br />

zur (Selbst-)Verantwortung <strong>und</strong> Selbstbestimmung<br />

zu e<strong>in</strong>er Selbst- o<strong>der</strong> Fremdgefährdung werden<br />

können, müssen unter Umständen stellvertretende<br />

Entscheidungen für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

gefällt werden, um ihre (o<strong>der</strong> fremde) potenzielle<br />

Autonomie <strong>in</strong> Zukunft zu sichern. Diese Abweichung<br />

von <strong>der</strong> zu unterstellenden Selbstständigkeit muss<br />

allerd<strong>in</strong>gs begründet werden. Wenn Pädagogen<br />

e<strong>in</strong>e selbstkritische Reflexion <strong>der</strong> ausnahmsweisen<br />

Annahme von Unselbstständigkeit leisten, besteht<br />

e<strong>in</strong> gewisser Schutz gegen Entmündigung (zur gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Legitimation pädagogischer E<strong>in</strong>griffe vgl.<br />

Brumlik 1992 <strong>und</strong> Hansbauer/ Schnurr 2002,S.77.ff.).<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen gegenüber müssen <strong>und</strong><br />

können stellvertretende Entscheidungen begründet<br />

werden, so dass ihnen die Möglichkeit eröffnet wird,<br />

solche Entscheidungen zu kritisieren. Damit wird nicht<br />

die Entscheidung h<strong>in</strong>fällig gemacht, jedoch das pädagogische<br />

Machtgefälle aufgedeckt. Indem die betroffenen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen stellvertretende Entscheidungen<br />

gegen ihre Autonomie h<strong>in</strong>terfragen<br />

können, erheben sie den Anspruch auf Selbstbestimmung<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Konflikt entsteht, <strong>in</strong>dem sie Selbstbestimmung<br />

für sich entwerfen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>klagen.<br />

Wenn emanzipatorische Bildung Autonomie <strong>und</strong><br />

Integrität des Subjekts ermöglichen <strong>und</strong> schützen<br />

will, so gilt auch, dass Selbstbestimmung Grenzen<br />

haben kann, z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrung <strong>und</strong> Schätzung <strong>der</strong><br />

Autonomie <strong>und</strong> Integrität des/<strong>der</strong> An<strong>der</strong>en. Auf <strong>der</strong><br />

umfassenden Geltung dieses “Respekts” gegenüber<br />

An<strong>der</strong>en muss partizipative <strong>Jugendarbeit</strong> bestehen<br />

<strong>und</strong> u. U. <strong>in</strong> Konflikten um diese E<strong>in</strong>haltung kämpfen,<br />

bzw. mit deutlichen Entscheidungen die Unversehrtheit<br />

An<strong>der</strong>er schützen. Die Formel lautet: soviel<br />

Zumutung von Selbstbestimmung <strong>und</strong> demokratischer<br />

Mitverantwortung wie möglich, soviel Schutz <strong>und</strong><br />

„anwaltschaftliche“ Unterstützung für E<strong>in</strong>zelne <strong>und</strong><br />

Gruppen wie möglich. Wenn pädagogisch Schutz (<strong>und</strong><br />

damit Schwächung des Selbstvertretungs anspruches)<br />

als nötig behauptet wird, ist immer Vorsicht angesagt.<br />

Zu leicht breitet sich hier e<strong>in</strong> Helfer-Imperialismus aus,<br />

<strong>der</strong> mit „gutem Willen“ das Beste für die Schwachen<br />

tun will, aber <strong>in</strong> Gefahr gerät sich mächtig <strong>und</strong> sie ohnmächtig<br />

zu machen, bzw. ihnen chancen des (durchaus<br />

mühsamen) E<strong>in</strong>übens von Selbst <strong>und</strong> Mitbestimmung<br />

vorzuenthalten. (Beispiele gibt es hier <strong>in</strong> Bezug<br />

auf Mädchen, die man vor <strong>der</strong> Dom<strong>in</strong>anz <strong>der</strong> Jungen<br />

im Jugendhaus schützen möchte – was berechtigt se<strong>in</strong><br />

kann! – , <strong>in</strong>dem man die Jungen mit pädagogischer<br />

Macht bee<strong>in</strong>flusst <strong>und</strong> die Mädchen <strong>in</strong> Schonräumen<br />

„Selbstbehauptung“ üben lässt. Dabei vernachlässigt<br />

man aber die Mündigkeitsunterstellung.)<br />

Demokratische <strong>Partizipation</strong> herauszufor<strong>der</strong>n durch<br />

die Unterstellung von Selbstständigkeit, stellt e<strong>in</strong> ständiges<br />

Kriterium zur Gestaltung des pädagogischen<br />

Alltags <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offen <strong>Jugendarbeit</strong> dar. Statt, wie sonst<br />

häufig üblich, zu versuchen, den Alltag pädagogisch<br />

möglichst reibungsfrei zu gestalten, auch <strong>in</strong>dem statt<br />

Verantwortung an K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche zu übertragen,<br />

sie pädagogisch monopolisiert wird, wäre<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Partizipation</strong>sperspektive, sich ständig zu fragen,<br />

wie <strong>in</strong> je<strong>der</strong> alltäglichen Handlung <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>samen<br />

Aktivität die Fähigkeit zur Mitverantwortung<br />

<strong>und</strong> Selbstbestimmung <strong>der</strong> Jugendlichen unterstellt<br />

<strong>und</strong> ermöglicht werden könnte.<br />

V.5.2 Anerkennung als Basis von<br />

<strong>Partizipation</strong><br />

In den Bildungskonzepten von Müller <strong>und</strong> Scherr für<br />

die <strong>Jugendarbeit</strong> ist bereits die Bedeutung von sozialer<br />

Anerkennung für die Entwicklung <strong>und</strong> Entfaltung<br />

von Subjektivität <strong>und</strong> damit auch von Befähigung zur<br />

<strong>Partizipation</strong> betont worden. Sich als e<strong>in</strong>e Person mit<br />

DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 60 -

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