Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
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same <strong>und</strong> öffentliche demokratische Entscheidungen<br />
im Jugendhaus e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Um bei dem erwähnten<br />
Beispiel zu bleiben, hieße das: Wie kann ich weniger<br />
sprachmächtige Personen <strong>und</strong> Gruppen befähigen,<br />
ihre Position zu klären <strong>und</strong> sie <strong>in</strong> öffentliche Diskussionen<br />
<strong>und</strong> Aushandlungsprozessen e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen?<br />
Dazu muss ich genau verstehen <strong>und</strong> erkennen, wie<br />
ihr „Sprachproblem“ (o<strong>der</strong> besser ihr Ausdrucksstil)<br />
beschaffen ist, um ihnen dann e<strong>in</strong>e adäquate Unterstützung<br />
anbieten zu können.<br />
Die Unterschiede <strong>der</strong> jeweils Teilnehmenden ist für<br />
jede Personengruppe <strong>und</strong> für jedes Jugendhaus speziell<br />
zu erkennen. Sie können verallgeme<strong>in</strong>ert nicht<br />
umfassend dargestellt werden. Die im Folgenden vorgestellten<br />
Unterschiede s<strong>in</strong>d also eher H<strong>in</strong>weise, mit<br />
<strong>der</strong>en Hilfe man die Beson<strong>der</strong>heit dieser Differenzen<br />
<strong>in</strong> Bezug auf die eigene(n) Zielgruppe(n) erk<strong>und</strong>en<br />
kann. Die Differenzliste zeigt, auf wieviel Ebenen Verschiedenartigkeiten<br />
von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen im<br />
Jugendhaus bestehen <strong>und</strong> dass diese <strong>in</strong> unterschiedliche<br />
Handlungs- <strong>und</strong> Unterstützungsweisen münden<br />
müssen.<br />
Unterschiede: Alter <strong>und</strong> moralisch kognitiver<br />
Entwicklungsstand<br />
Die Fähigkeit zur Beteiligung an demokratischen Ent-<br />
scheidungen im Jugendhaus ist mitgeprägt durch die<br />
unterschiedlichen Kompetenzen, die mit dem Lebensalter<br />
<strong>und</strong> psychisch sozialem Entwicklungsstand<br />
verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Entwicklungspsychologie<br />
zeigen, dass Jugendliche im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
über die kognitiven Kompetenzen zur Selbst- <strong>und</strong><br />
Mitbestimmung verfügen. Piaget (1973) kann zeigen,<br />
dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> ab dem 11. Lebensjahr <strong>in</strong> <strong>der</strong> „formaloperationalen<br />
Phase“ von konkreten E<strong>in</strong>zelfällen<br />
abstrahieren <strong>und</strong> zu allgeme<strong>in</strong>en Urteilen gelangen<br />
können. Kohlbergs Studien stellen fest, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
ab zehn Jahren e<strong>in</strong>e konventionelle Moralvorstellung<br />
ausbilden, mit <strong>der</strong> sie allgeme<strong>in</strong>e gesellschaftliche<br />
Normen <strong>und</strong> Regeln verstehen, begründen <strong>und</strong><br />
entwickeln können. So s<strong>in</strong>d sie fähig, sich <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Menschen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuversetzen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Frage sowohl<br />
vom eigenen, wie auch vom Standpunkt des an<strong>der</strong>en<br />
betrachten zu können. Damit eröffnet sich die<br />
Möglichkeit, egozentrische o<strong>der</strong> auf Eigengruppen<br />
begrenzte Perspektiven zu überschreiten <strong>und</strong> soziale<br />
<strong>und</strong> sachliche Kompromisslösungen zu entwickeln.<br />
Darauf aufbauend können Jugendliche e<strong>in</strong>e postkonventionelle<br />
Moral (Kohlberg) entwickeln, die über die<br />
bestehenden gesellschaftlichen Regeln <strong>und</strong> Gesetze<br />
h<strong>in</strong>aus denken kann <strong>und</strong> moralische Entscheidungen<br />
von Gr<strong>und</strong>pr<strong>in</strong>zipien wie Menschenwürde <strong>und</strong><br />
Gerechtigkeit abhängig macht. Jugendliche können<br />
damit auch übergreifende gesellschaftliche Belange<br />
<strong>und</strong> Interessen erkennen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>beziehen. Nicht alle<br />
Jugendlichen haben ab 15, 16 Jahren solche Kompetenzen<br />
tatsächlich ausgebildet (wie übrigens auch<br />
nicht alle Erwachsenen). Die Ausbildung dieser Fähigkeiten<br />
hängt von ihren sozialen, moralischen Lernerfahrungen<br />
<strong>und</strong> kognitiven Kompetenzen ab. Wichtig<br />
ist, dass sie gr<strong>und</strong>sätzlich dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d<br />
<strong>und</strong> Fähigkeiten <strong>der</strong> Beteiligung an demokratischen<br />
Entscheidungen potenziell besitzen <strong>und</strong> deshalb auch<br />
ihre Fähigkeiten dar<strong>in</strong> entwickeln <strong>und</strong> steigern können.<br />
Moral ist e<strong>in</strong> imperatives Handeln, d. h. e<strong>in</strong> System<br />
von Handlungsregeln für den Umgang mit <strong>der</strong> eigenen<br />
Person, mit an<strong>der</strong>en Menschen, mit <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Natur. Das moralische Urteil ent wickelt<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stufenfolge (Kohlberg). Da hier die <strong>in</strong>divi-<br />
duellen <strong>und</strong> sozialen Gr<strong>und</strong>lagen für Entscheidungen<br />
<strong>und</strong> Handlungsregeln liegen, ist <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> Moralentwicklung<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für die<br />
Befähigung, wie für die <strong>in</strong>haltliche Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong><br />
Umsetzung von geme<strong>in</strong>schaftlichen Entscheidungen.<br />
So haben Jugendliche im Allgeme<strong>in</strong>en k<strong>in</strong>dliche<br />
Moralmuster (z. B. das „Wie du mir, so ich dir“ <strong>der</strong> jüngeren<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> das „Was du nicht willst, das man<br />
dir tut, das füg’ auch ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en zu“ <strong>der</strong> älteren<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>) überschritten. Sie lernen dann, entsprechend<br />
Kohlbergs Stufe 4 <strong>der</strong> konventionellen Ebene nach<br />
für alle <strong>in</strong> gleicher Weise gültigen gesellschaftlichen<br />
Rechten <strong>und</strong> Pflichten zu urteilen („Was wäre, wenn<br />
das je<strong>der</strong> täte?“), <strong>und</strong> können fortschreiten zur „postkonventionellen<br />
Ebene“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie erkennen, dass es<br />
viele relative Werte <strong>und</strong> Normen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft<br />
gibt, aber dass bestimmte Werte wie Leben <strong>und</strong> Freiheit<br />
allgeme<strong>in</strong> respektiert werden müssen. Jugendliche<br />
können dann universelle Pr<strong>in</strong>zipien entwickeln,<br />
wie z. B. den kategorischen Imperativ „Handle nur<br />
nach <strong>der</strong>jenigen Maxime, durch die durch zugleich<br />
DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 67 -