Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
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Geme<strong>in</strong>schaft leben <strong>und</strong> Mitverantwortung tragen<br />
müssen. Sie müssen lernen, ihre Interessen zu vertreten,<br />
aber auch Kompromisse mit an<strong>der</strong>en zu schließen.<br />
Dabei ist die Methode <strong>der</strong> Mediation e<strong>in</strong>e wichtige<br />
methodische Basis. cliquen müssen erkennen,<br />
dass e<strong>in</strong>erseits ihre Differenz anerkannt wird <strong>und</strong><br />
„Raum entfalten darf“, an<strong>der</strong>erseits müssen sie als<br />
Gleiche <strong>und</strong> Gleichberechtigte an <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>schaftlichen<br />
Gestaltung des Hauses mitwirken.<br />
Als weitere Ebene <strong>der</strong> <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Offenen</strong><br />
<strong>Jugendarbeit</strong> ist die Ebene <strong>der</strong> gesamten E<strong>in</strong>richtung<br />
o<strong>der</strong> des Hauses zu betrachten. Damit ist die<br />
gesamte Institution, all ihre Beteiligten (K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
Jugendlichen <strong>und</strong> pädagogischen Fachkräfte im Kern)<br />
geme<strong>in</strong>t, aber es müssen auch die Bezüge zum Träger,<br />
zu F<strong>in</strong>anziers <strong>und</strong> zu an<strong>der</strong>en wichtigen E<strong>in</strong>flussbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Außenwelt bedacht werden. <strong>Partizipation</strong><br />
auf <strong>der</strong> Ebene des Hauses behandelt die Fragen, die<br />
alle geme<strong>in</strong>sam angehen <strong>und</strong> an <strong>der</strong>en Entscheidung<br />
alle geme<strong>in</strong>sam beteiligt werden sollten. Es ist damit<br />
nicht nur die konzeptionelle Entscheidung zu fällen,<br />
wer über was entscheidet, son<strong>der</strong>n damit verb<strong>und</strong>en<br />
ist auch die Frage, wer entscheidet darüber, wer über<br />
was entscheiden darf. Das Haus als <strong>Partizipation</strong>sebene<br />
zu thematisieren, bedeutet also, die Machtfrage<br />
zu stellen. De facto geht die konkrete Macht im Haus<br />
vom Träger (<strong>und</strong> F<strong>in</strong>anziers) <strong>und</strong> den Hauptamtlichen<br />
aus. Sie entscheiden normalerweise über die gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
konzeptionellen Bed<strong>in</strong>gungen des Hauses.<br />
Meistens s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche beson<strong>der</strong>s an<br />
den Gr<strong>und</strong>satzfragen wie F<strong>in</strong>anzen, bauliche Entscheidungen<br />
<strong>und</strong> Personal so gut wie nicht beteiligt.<br />
Wollen aber Träger <strong>und</strong> Hauptamtliche den <strong>Partizipation</strong>sauftrag<br />
<strong>der</strong> <strong>Offenen</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> ernst nehmen,<br />
müssen sie Schritt für Schritt den Entscheidungsfreiraum<br />
<strong>der</strong> teilnehmenden K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
erweitern. Dazu gehört an<strong>der</strong>erseits auch zu klären,<br />
wo <strong>und</strong> warum Entscheidungen nicht <strong>in</strong> die Macht<br />
<strong>der</strong> Jugendlichen gestellt s<strong>in</strong>d. Mit e<strong>in</strong>er <strong>Partizipation</strong>sorientierung<br />
allerd<strong>in</strong>gs müssten m<strong>in</strong>destens diese<br />
Machtentscheidungen vor den betroffenen Teilnehmern<br />
gerechtfertigt werden <strong>und</strong> ihnen, wenn nicht<br />
die Entscheidungsmacht, so doch e<strong>in</strong>e Protestchance<br />
e<strong>in</strong>geräumt werden.<br />
Der erste Schritt <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>er durchgehenden<br />
<strong>Partizipation</strong>sorientierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Offenen</strong> <strong>Jugendarbeit</strong><br />
ist also auch, den Beteiligten die Entscheidungsstrukturen<br />
<strong>und</strong> Entscheidungs<strong>in</strong>halte überhaupt<br />
bewusst zu machen. Es bleibt Recht (<strong>und</strong> auch erzieherische<br />
Aufgabe) <strong>der</strong> Hauptamtlichen (<strong>und</strong> <strong>der</strong> Träger)<br />
zu entscheiden, wer über was bestimmen darf.<br />
Wenn man jedoch das Jugendhaus konzeptionell<br />
demokratisieren <strong>und</strong> die Macht teilen will, muss auch<br />
allen Beteiligten klar se<strong>in</strong>, welche Entscheidungspotenziale<br />
<strong>und</strong> –grenzen es überhaupt gibt. Im Kern<br />
geht es dabei um Pflichten <strong>und</strong> Rechte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelnen<br />
<strong>und</strong> Gruppen im Jugendhaus, um Regeln des sozialen<br />
Umgangs mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>und</strong> um die Verfügung über<br />
Ressourcen (Geld, Raum, Personal, Aufmerksamkeit<br />
usw.), aber auch um Regelungen von Konflikten <strong>und</strong><br />
Umgang mit Abweichungen von den geme<strong>in</strong>sam entschiedenen<br />
Normen <strong>und</strong> Regeln.<br />
Das Vorhandense<strong>in</strong> von Macht <strong>und</strong> Entscheidungen<br />
im Jugendhaus überhaupt für die Beteiligten bewusst<br />
zu machen, kann methodisch unterschiedlich angegangen<br />
werden. Um erst e<strong>in</strong>mal für alle die Entscheidungsmöglichkeiten<br />
zu klären, kann e<strong>in</strong>e Methode<br />
namens „Das Buch <strong>der</strong> Macht, o<strong>der</strong>: Über was entscheidet<br />
wer im Haus?“ verwendet werden. Dazu<br />
werden zwei große Wandzeitungen aufgehängt<br />
(vielleicht ansprechend gestaltet im Stil e<strong>in</strong>es Zauberbuches)<br />
<strong>und</strong> auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite steht die Frage<br />
nach den Inhalten (was wird entschieden?), auf <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Seite die Frage: Wer entscheidet? In e<strong>in</strong>er<br />
geme<strong>in</strong>samen Übersituation o<strong>der</strong> auch im normalen<br />
offenen Betrieb können K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />
Kärtchen ausfüllen <strong>und</strong> ihre <strong>in</strong>haltlichen Erkenntnisse<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Entscheidungsliste des „Buches <strong>der</strong> Macht“<br />
dokumentieren. Auch die Hauptamtlichen werden<br />
sich an dieser Übung beteiligen. E<strong>in</strong>e Möglichkeit zu<br />
ihrer Auswertung ist die Methode „Wieso eigentlich?<br />
– H<strong>in</strong>terfragung von Macht- <strong>und</strong> Entscheidungsstrukturen“.<br />
Dazu werden Plakate zu e<strong>in</strong>zelnen Entscheidungsträgern<br />
<strong>und</strong> –<strong>in</strong>halten gestaltet, <strong>in</strong>dem<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen Satz die Entscheidungsstruktur<br />
beschrieben <strong>und</strong> dann h<strong>in</strong>terfragt wird (z. B. „Die<br />
großen Jungen entscheiden, wer wann an den Billardtisch<br />
darf – wieso eigentlich?“). An diese Übung müssen<br />
sich Diskussionsforen anschließen, <strong>in</strong> denen die<br />
Beteiligten ihre Entscheidung rechtfertigen <strong>und</strong> die<br />
DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 74 -