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Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit

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wird. Demokratie lernt man durch die Praxis demo-<br />

kratisches Handelns. Dies muss aber als Recht den<br />

Subjektstatus begründen. Nur so wird <strong>Partizipation</strong><br />

echt <strong>und</strong> ernst <strong>und</strong> ist nicht abhängig von <strong>der</strong> Gnade<br />

<strong>der</strong> PädagogInnen. In diesem Bewusstse<strong>in</strong> haben die<br />

Reformpädagogen wie Korczak, Makarenko, Bernfeld<br />

<strong>und</strong> Neill K<strong>in</strong><strong>der</strong>-Republiken gegründet. In ihnen s<strong>in</strong>d<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen Bürger mit Rechten <strong>und</strong><br />

nicht Zögl<strong>in</strong>ge (vgl. Kamp 1995; Knauer 1998).<br />

De facto muss man immer wie<strong>der</strong> von noch mangeln-<br />

den Kompetenzen Jugendlicher ausgehen, aber dieses<br />

führt nicht dazu, den Anspruch auf den Subjektstatus<br />

e<strong>in</strong>zugrenzen. Pädagogisch muss man Sorge tragen,<br />

dass die Zumutungen Herausfor<strong>der</strong>ungs- <strong>und</strong> nicht<br />

Überfor<strong>der</strong>ungscharakter haben. Hildenbrand (2005,<br />

S. 7) bestimmt Zumutbarkeit „als das Herausf<strong>in</strong>den<br />

des richtigen Maßes zwischen Unterfor<strong>der</strong>ung <strong>und</strong><br />

Überfor<strong>der</strong>ung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Auslotens von Möglichkeitsspielräumen.“<br />

An<strong>der</strong>s formuliert: es müssen<br />

„Zonen nächster Entwicklung“ (Wygotski) eröffnet<br />

werden, nicht übernächster. Jedoch auch wenn die<br />

Zumutungen nicht bewältigt werden, ist dies e<strong>in</strong><br />

Lernanlass auf dem Weg zu mehr mitverantwortlicher<br />

Selbstbestimmung.<br />

Vergleicht man die aufgezeigten Konzipierungen von<br />

<strong>Partizipation</strong> lässt sich e<strong>in</strong> Kont<strong>in</strong>uum entwerfen, das<br />

von Mitsprache über Mitwirkung <strong>und</strong> Mitbestimmung<br />

bis zur mitverantwortlichen Selbstbestimmung reicht.<br />

Die <strong>Partizipation</strong>s-Begründungsmuster aktueller<br />

Politik bleiben häufig bei Mitsprache stehen, demokratietheoretische<br />

Positionen entwerfen e<strong>in</strong> mitbestimmendes<br />

Subjekt auf dem Weg zu geme<strong>in</strong>samer<br />

Selbstbestimmung. Dienstleistungsansätze begründen<br />

Mitwirkung <strong>und</strong> beleiben schwammig <strong>in</strong> Richtung<br />

Selbstbestimmung. Pädagogische <strong>Partizipation</strong>stheorien<br />

müssen angesichts des noch nicht vollen Mündigkeitsstatus<br />

von Jugendlichen das gesamte Spektrum<br />

nutzen, aber dabei muss gezeigt werden, dass jeweils<br />

die nächst „höhere“ Stufe herausgefor<strong>der</strong>t wird.<br />

An den polaren Enden des Kont<strong>in</strong>uums kann man zwei<br />

normative Gr<strong>und</strong>muster konstruieren: e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> solches,<br />

das Jugendliche eher als Objekte von <strong>Partizipation</strong><br />

thematisiert (polemisch gesagt ihnen Partizipa-<br />

tion paternalistisch als „Gnade“ gewähren) <strong>und</strong> zum<br />

an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong> Muster, das Jugendliche als mündigkeitsfähige<br />

Subjekte von demokratischen Entscheidungen<br />

versteht <strong>und</strong> <strong>Partizipation</strong> als Recht bestimmt.<br />

III.2. <strong>Partizipation</strong>sbegriff<br />

Im Anschluss an diese Begründungen wird im Folgenden<br />

e<strong>in</strong> spezifischer <strong>Partizipation</strong>sbegriff unterlegt.<br />

<strong>Partizipation</strong> wird hier verstanden als das Recht<br />

auf freie, gleichberechtigte <strong>und</strong> öffentliche Teilhabe<br />

<strong>der</strong> BürgerInnen, an geme<strong>in</strong>samen Diskussions- <strong>und</strong><br />

Entscheidungsprozessen <strong>in</strong> Gesellschaft, Staat <strong>und</strong><br />

Institutionen, <strong>in</strong> <strong>in</strong>stitutionalisierter o<strong>der</strong> offener<br />

Form. <strong>Partizipation</strong> ist aktive Praxis von Demokratie<br />

durch die Subjekte. <strong>Partizipation</strong> wird nicht gewährt,<br />

son<strong>der</strong>n sie ist e<strong>in</strong> Recht <strong>der</strong> Gesellschaftsmitglie<strong>der</strong>.<br />

<strong>Partizipation</strong> für Jugendliche me<strong>in</strong>t dann, dass auch<br />

sie das Recht <strong>und</strong> die Fähigkeit zur Teilhabe am<br />

demokratischen Prozess haben, <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong> allen<br />

sie betreffenden gesellschaftlichen Fel<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Fragen.<br />

Jugendliche s<strong>in</strong>d (ebenso wie K<strong>in</strong><strong>der</strong>) Träger <strong>der</strong><br />

im Gr<strong>und</strong>gesetz gewährten Rechte. Sie s<strong>in</strong>d Bürger<br />

dieses Staates <strong>und</strong> ihnen stehen wie allen Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />

Beteiligungsrechte zu. Trotz <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />

gr<strong>und</strong>gesetzlichen Bürgerrechte fehlen gesetzliche<br />

Regelun gen, die die Beteiligungsrechte von (K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong>) Jugendlichen differenzieren <strong>und</strong> sichern. Bishe-<br />

rige Regelungen verbleiben eher bei Mitsprache- <strong>und</strong><br />

Mitwirkungsrechten <strong>und</strong> geben den Jugendlichen<br />

ke<strong>in</strong>e (Mit-)Entscheidungsmacht.<br />

Mit dieser normativen Begriffsbestimmung wird an<br />

e<strong>in</strong>e Tradition emanzipatorischer <strong>Partizipation</strong> (<strong>und</strong><br />

Pädagogik) angeschlossen (vgl. Griese 2003), die auf<br />

Selbstbestimmung <strong>der</strong> Subjekte/Bürger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mitverantwortlichen<br />

gesellschaftlichen Konflikt- <strong>und</strong><br />

Aushandlungsprozess zielt. Mitsprache, Mitwirkung<br />

<strong>und</strong> Mitbestimmung reichen aus dieser Perspektive<br />

nicht aus: erst mitverantwortliche Selbstbestimmung<br />

erfüllt die Ansprüche solcher <strong>Partizipation</strong>. Pädagogisch<br />

geht es damit um e<strong>in</strong>e Bereitstellung von Freiräumen<br />

<strong>der</strong> mitverantwortlichen Selbstbestimmung,<br />

die als Recht verstanden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>bar ist. Partizi-<br />

DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 9 -

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