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Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit

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wenn sie ihnen Rechte tatsächlicher Mitbestimmungs-<br />

macht eröffnen. Sie werden allerd<strong>in</strong>gs nicht funktio-<br />

nalisiert, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d Subjekte des geme<strong>in</strong>samen<br />

Entscheidungsprozesses.<br />

Die allerd<strong>in</strong>gs nicht spezifisch auf Jugendliche bezo-<br />

genen <strong>Partizipation</strong>sbegründungen von Dienst-<br />

leistungstheorien fasst Schnurr (2001, S.1334) zusam-<br />

men: „Nutzerpartizipation“ diene generell dem Ziel<br />

e<strong>in</strong>er Optimierung <strong>der</strong> Abstimmung von Nachfrage<br />

<strong>und</strong> Angebot, wenn <strong>und</strong> <strong>in</strong>sofern Situationen <strong>und</strong><br />

Strukturen geschaffen werden, <strong>in</strong> denen die Nutzerseite<br />

ihre (Wandlungen unterworfenen) Interessens-,<br />

Bedarfs- <strong>und</strong> Bedürfnislagen artikuliert <strong>und</strong><br />

die Angebotsseite erstens adäquate – bzw. „responsive“<br />

(W<strong>in</strong>dhoff-Héritier 1987) – Leistungstypen<br />

<strong>und</strong> Leistungszuschnitte bereitstellt <strong>und</strong> zweitens<br />

diese im Prozess ihrer Erbr<strong>in</strong>gung auf die je <strong>in</strong>dividuellen<br />

<strong>und</strong> situativen Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>und</strong> Interessenlagen<br />

abstimmt. Diese Theorien haben e<strong>in</strong>en aktiven<br />

Begriff vom „Klienten“, sie gehen von e<strong>in</strong>er unumgänglichen<br />

Ko-Produktion zwischen Klienten <strong>und</strong><br />

Dienstleister aus: nur geme<strong>in</strong>sam mit dem Klienten<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> dessen Interesse kann <strong>der</strong> Dienstleister erfolgreich<br />

arbeiten. Obschon es ohne die Mitwirkung des<br />

Klienten nicht geht, ist <strong>Partizipation</strong> hier ke<strong>in</strong> Wert<br />

an sich, <strong>und</strong> gerät so <strong>in</strong> Gefahr für e<strong>in</strong>e effektivere/<br />

effizientere Erbr<strong>in</strong>gung von Dienstleistungen funktionalisiert<br />

zu werden. Der Klient soll sich partizipativ<br />

e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, aber wie weit se<strong>in</strong>e Bestimmungsmacht<br />

reicht, bleibt unklar. Der Dienstleister/Professionelle<br />

bleibt das Subjekt <strong>und</strong> organisiert se<strong>in</strong>e Respons auf<br />

den Klient. Von dessen Rechten ist meistens nicht die<br />

Rede. Schaarschuch (1998) h<strong>in</strong>gegen entwirft e<strong>in</strong>en<br />

Dienstleistungsansatz, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Klient als Produzent<br />

se<strong>in</strong>er Selbst – also als Subjekt – verstanden wird<br />

<strong>und</strong> Professionelle se<strong>in</strong>er Selbst-Reproduktion zu assistieren<br />

haben.<br />

Pädagogische <strong>Partizipation</strong>sbegründungen teilen<br />

das klassische pädagogische Dilemma, e<strong>in</strong>erseits das<br />

jugendliche Gegenüber als zu erziehendes, defizitäres<br />

Mängelwesen zu sehen, an<strong>der</strong>erseits aber se<strong>in</strong>e Mündigkeit<br />

erreichen zu wollen. So wird e<strong>in</strong>erseits davon<br />

ausgegangen, dass Jugendliche die Fähigkeiten e<strong>in</strong>er<br />

demokratischen Teilhabe erst noch erlernen müssen<br />

(obwohl die Kompetenzen vieler Erwachsener dazu<br />

auch nicht weit reichen!), an<strong>der</strong>erseits erkennt man,<br />

dass man den angestrebten selbstbestimmten Subjektstatus<br />

nicht unter den Bed<strong>in</strong>gungen von Fremdbestimmung<br />

erreichen kann (vgl. Lü<strong>der</strong>s 2004). Konzepte<br />

des pädagogischen Taktes (seit Herbart <strong>und</strong><br />

Schleiermacher), die mit diesem Paradox umgehen,<br />

suchen e<strong>in</strong>en Weg <strong>in</strong> <strong>der</strong> kontrafaktischen Unterstellung<br />

von Mündigkeit. Obwohl Jugendliche häufig<br />

entwicklungsbed<strong>in</strong>gt nicht die Kompetenzen voller<br />

Mündigkeit <strong>und</strong> somit auch <strong>Partizipation</strong>sfähigkeit<br />

erlangt haben, unterstellt man ihnen – gelegentlich<br />

gegen die Fakten, also kontrafaktisch – doch e<strong>in</strong>en<br />

Subjektstatus, den man ermöglichen will. Man for<strong>der</strong>t<br />

die Mündigkeit <strong>der</strong> Jugendlichen heraus, <strong>in</strong><br />

denen man ihnen Gelegenheit bietet, selbstbestimmt<br />

zu handeln <strong>und</strong> gleichberechtigt mit zu entscheiden.<br />

Die neuere deutsche Forschung zur „Demokratischen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft“ (vgl. z. B. Sutter/Ba<strong>der</strong>/<br />

Weyers 1998; Sutter 2003) zeigt an empirischen Forschungen<br />

(ausgerechnet am Extrembeispiel demokratischer<br />

Geme<strong>in</strong>schaften im Jugendstrafvollzug),<br />

dass e<strong>in</strong>e solche Eröffnung demokratischer <strong>Partizipation</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist Entwicklung herauszufor<strong>der</strong>n,<br />

eben ohne sie pädagogisch vorzubestimmen.<br />

Denn es s<strong>in</strong>d nicht etwa pädagogisch e<strong>in</strong>gebrachte<br />

<strong>und</strong> gefor<strong>der</strong>te Wertorientierungen, die solche Entwicklungspotentiale<br />

freisetzen, son<strong>der</strong>n: „eben jene<br />

<strong>in</strong>stitutionellen <strong>und</strong> sozialen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />

die (1.) wie vorläufig auch immer, die verbalen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />

um Fragen <strong>und</strong> Konflikte des<br />

alltäglichen Zusammenlebens för<strong>der</strong>n, hierbei (2.)<br />

auch latente Konflikte <strong>und</strong> Wi<strong>der</strong>sprüche öffentlich<br />

werden lassen <strong>und</strong> (3.) demokratische Verfahrenspr<strong>in</strong>zipien<br />

zur Problemlösung <strong>und</strong> Konfliktbewältigung<br />

strukturelle begünstigen.“ (Sutter 2003, S. 388).<br />

Das hieße Jugendliche zu berechtigen eigene Themen<br />

e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen, nichts auszuschließen <strong>und</strong> über alles<br />

geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> demokratischen Verfahren zu entscheiden.<br />

Solche <strong>Partizipation</strong> thematisiert Jugendliche als<br />

potentielle Subjekte, statt sie von vornehere<strong>in</strong> von<br />

e<strong>in</strong>er Defizitunterstellung ausgehend als erziehungsbedürftige<br />

Objekte zu behandeln. Demokratie wird<br />

zugemutet (vgl. Sturzenhecker 1993). Die für sie nötigen<br />

Kompetenzen entstehen, wenn <strong>Partizipation</strong> als<br />

Strukturpr<strong>in</strong>zip des geme<strong>in</strong>samen Handelns erfahrbar<br />

DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 8 -

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