Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
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- Argumentation<br />
Demokratische Entscheidungsprozesse verlangen von<br />
den Beteiligten, dass ihre Positionen <strong>und</strong> Interessen<br />
mit Argumenten begründet werden. E<strong>in</strong>e Selbstdurchsetzung<br />
mit Positionen wie „das machen wir so,<br />
weil ich/wir es wollen“, kann es nicht geben. Demokratie<br />
stützt sich auf rationale Argumentation <strong>und</strong><br />
auf die gegenseitige Prüfung von solchen Begründungen.<br />
Das „warum, wozu, weshalb“ ist für K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Jugendliche nicht immer leicht zu beantworten.<br />
Aber mit Übung <strong>und</strong> Unterstützung können sie lernen,<br />
solche Gründe sprachlich zu formulieren. <strong>Partizipation</strong>spädagogik<br />
wird also Argumentieren för<strong>der</strong>n,<br />
ohne diese Fähigkeit schon vorauszusetzen.<br />
- Perspektivenverschränkung<br />
Dieser Standard bedeutet, sich <strong>in</strong> die Position des<br />
Gegenübers h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzen zu können <strong>und</strong> das<br />
Thema <strong>und</strong> den Entscheidungsprozess aus se<strong>in</strong>er/ihrer<br />
Sicht sehen zu können. Die Perspektivenverschränkung<br />
ist e<strong>in</strong>e wichtige Fähigkeit für demokratische<br />
Entscheidungen, <strong>in</strong> denen man ja <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />
<strong>und</strong> Anerkennung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en nach geme<strong>in</strong>samen<br />
Lösungen sucht. Deshalb ist es wichtig, auch die Sichtweise<br />
des Gegenübers nachzuvollziehen <strong>und</strong> sie zu <strong>der</strong><br />
eigenen <strong>in</strong> Beziehung zu setzen. Insofern tritt zu dem<br />
Prozessstandard <strong>der</strong> Klärung <strong>der</strong> eigenen Positionen<br />
immer wie<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Standard, sich <strong>in</strong> die Lage <strong>und</strong><br />
Denkweise <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuversetzen <strong>und</strong> sie <strong>in</strong><br />
die eigene Argumentationsweise <strong>und</strong> Lösungssuche<br />
e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />
- Symmetrische Kommunikation<br />
Dieser Standard fragt danach, wie es möglich ist, dass<br />
die Beteiligten „auf gleicher Augenhöhe“ mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
verhandeln <strong>und</strong> möglichst gleich mächtig s<strong>in</strong>d.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> großen Unterschiede von Beteiligten<br />
an Mitbestimmungsprozessen im Jugendhaus muss<br />
häufig überlegt werden, wie Unterstützung gewährleistet<br />
werden kann, um e<strong>in</strong>e solche Symmetrie <strong>der</strong><br />
Kommunikation herzustellen.<br />
- Vervielfältigung <strong>der</strong> Möglichkeiten<br />
In Entscheidungsprozessen ist es hilfreich, möglichst<br />
viele unterschiedliche Lösungsalternativen zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> ihre Folgen für die Beteiligten zu prüfen.<br />
Häufig fällt dieses aber schwer, weil jede neue Möglichkeit<br />
auch die Entscheidung komplexer macht. Nicht<br />
nur K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche tendieren deshalb leicht<br />
dazu, e<strong>in</strong>fache Lösungsvorschläge zu entwickeln.<br />
Dadurch entsteht dann häufig e<strong>in</strong>e Polarisierung <strong>und</strong><br />
Zwischenlösungen o<strong>der</strong> Kompromisse gehen verloren.<br />
<strong>Partizipation</strong>spädagogik wird deshalb versuchen,<br />
e<strong>in</strong>erseits die Überschaubarkeit des Entscheidungsprozesses<br />
zu ermöglichen, an<strong>der</strong>erseits aber doch<br />
mit e<strong>in</strong>er Vervielfältigung <strong>der</strong> Entscheidungsmöglichkeiten<br />
die Suche nach besseren Lösungen zu qualifizieren.<br />
- Prozessoffenheit/Revidierbarkeit von<br />
Entscheidungen<br />
Nur wenn offen ist, welche Lösung es gibt, f<strong>in</strong>det<br />
echte Selbst- <strong>und</strong> Mitbestimmung statt. Deshalb darf<br />
es pädagogisch ke<strong>in</strong>e Manipulation <strong>in</strong> Richtung vorgefertigter<br />
Lösungen geben. Demokratie vertraut<br />
auf die prozesshafte langfristige Verbesserung von<br />
Entscheidungen. Deshalb ist e<strong>in</strong>er ihrer Standards die<br />
„Revidierbarkeit“, e<strong>in</strong>mal getroffene Entscheidungen<br />
können zurückgenommen <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>t werden.<br />
Dieser Standard ist von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für<br />
die Arbeit mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen, die Fehler<br />
machen dürfen müssen. Sie sollten erkennen lernen,<br />
welche Folgen ihre Entscheidung hatte <strong>und</strong> sie sollten<br />
diese Folgen auswerten <strong>und</strong> unter Umständen zu<br />
neuen Verhandlungen revidierten Entscheidungen<br />
kommen. Sie müssen auch diese Erfahrung des „Fehlers“<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Revision selber machen dürfen, denn<br />
nur dann kann man daraus lernen. Das bedeutet, dass<br />
es pädagogisch problematisch wäre, Entscheidungen<br />
zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, von denen man durchaus weiß, dass sie<br />
Probleme mit sich br<strong>in</strong>gen werden. Dazu mehr beim<br />
nächsten Standard.<br />
DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 81 -