Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
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Ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, dass angesichts dieser Vielfalt <strong>und</strong> Ris-<br />
kanz die Pädagogen <strong>und</strong> Pädagog<strong>in</strong>nen Konflikte<br />
fürchten. Sie begreifen Konflikte als negativ <strong>und</strong> zu<br />
vermeidend. Dass Konflikte auch immer viele chancen<br />
be<strong>in</strong>halten (vgl. Sennett 2000, S. 197 f.), wird oft<br />
nicht erkannt. Bei Konflikten s<strong>in</strong>d beteiligte Menschen<br />
stark <strong>in</strong>teressiert, sie haben Motive <strong>und</strong> Energie, sich<br />
e<strong>in</strong>zusetzen. Sie wollen (Lebens)bed<strong>in</strong>gungen verän<strong>der</strong>n,<br />
auch wenn das oft so formuliert wird, dass<br />
sich zunächst die an<strong>der</strong>en än<strong>der</strong>n sollen. Sie for<strong>der</strong>n<br />
Gerechtigkeit <strong>und</strong> Beteiligung, Anerkennung <strong>und</strong><br />
Toleranz. Solche starken Bewegungen be<strong>in</strong>halten<br />
chancen für Lernen <strong>und</strong> Entwicklung. Die Beteiligten<br />
können dabei mehr über sich erfahren, können<br />
ihre Kompetenzen erweitern, sie können üben, ihr<br />
Lebensfeld <strong>Jugendarbeit</strong> aktiv zu gestalten, sie können<br />
Demokratie, gewaltlose Konfliktbearbeitung<br />
<strong>und</strong> Kompromißentwicklung lernen, ebenso wie den<br />
Umgang mit Menschen, die an<strong>der</strong>s s<strong>in</strong>d als man selber<br />
<strong>und</strong> mit denen man doch zusammenleben muss (vgl.<br />
Sturzenhecker 1993). All dieses s<strong>in</strong>d <strong>Partizipation</strong>s-<br />
Ziele, die wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> den vielen pädagogischen<br />
Konzepten <strong>der</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> auftauchen. Also s<strong>in</strong>d<br />
Konflikte e<strong>in</strong>e hervorragende chance, diese Ziele e<strong>in</strong><br />
bisschen mehr zu erreichen.<br />
Statt aber mittels „Konfliktfre<strong>und</strong>lichkeit“ Konflikte<br />
als ideale chance für e<strong>in</strong>en <strong>Partizipation</strong>sansatz zu<br />
nutzen, besteht pädagogisches Handeln häufig dar<strong>in</strong>,<br />
Konflikte zu vermeiden o<strong>der</strong> durch E<strong>in</strong>griffe <strong>und</strong><br />
Sanktionen ohne die direkte Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen<br />
“zu lösen”. Konflikte werden nur <strong>in</strong> ihren negativen<br />
<strong>und</strong> riskanten Aspekten betrachtet <strong>und</strong> nicht<br />
mit ihren positiven chancen wahrgenommen. E<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>novativ partizipationsorientierte Offene <strong>Jugendarbeit</strong><br />
h<strong>in</strong>gegen könnte konstruktiv-partizipative Konfliktbearbeitung<br />
sogar zu e<strong>in</strong>em leitenden Konzept<br />
erheben. Die Arbeitsweisen von Mediation haben<br />
dazu vielerlei geeignete Methoden zur Verfügung<br />
gestellt (vgl. Schmauch 2001). In <strong>der</strong> Mediation wird<br />
e<strong>in</strong> Konflikt nicht erzieherisch vorbewertet o<strong>der</strong><br />
gelöst, son<strong>der</strong>n allen Beteiligten wird Subjektstatus,<br />
Selbstvertretungsrecht <strong>und</strong> selbstbestimmte Lösungsf<strong>in</strong>dung<br />
zugetraut. E<strong>in</strong>e konflikt- <strong>und</strong> damit auch<br />
partizipationsorientierte Offene <strong>Jugendarbeit</strong> würde<br />
die Konflikte <strong>in</strong>nerhalb <strong>und</strong> außerhalb des Hauses<br />
suchen <strong>und</strong> ihnen e<strong>in</strong>e Inszenierungsbasis organisieren,<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> nicht nur aktuelle Lösungen gef<strong>und</strong>en<br />
werden, son<strong>der</strong>n auch selbstbewusste Klärungen <strong>der</strong><br />
eigenen Interessen, Gefühle <strong>und</strong> Motive geübt werden,<br />
ebenso wie die selbsttätige Erstellung von Handlungsalternativen,<br />
die sowohl <strong>der</strong> eigenen Person, <strong>der</strong><br />
eigenen Gruppe <strong>und</strong> ihren Interessen gerecht werden,<br />
als auch dieses für den Gegenüber ermöglichen.<br />
<strong>Partizipation</strong> könnte geübt werden.<br />
Auch <strong>und</strong> gerade die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen zwischen<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> ihren Pädagogen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> <strong>Partizipation</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Konfliktfeld, denn man muss davon ausgehen,<br />
“dass Jugendliche im Allgeme<strong>in</strong>en eben etwas<br />
an<strong>der</strong>en wollen als <strong>Jugendarbeit</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>er,<br />
dass sie auch e<strong>in</strong> Recht dazu haben <strong>und</strong> dass<br />
zwischen diesem bei<strong>der</strong>seitigen Wollen Kämpfe um<br />
Anerkennung (s. o.) <strong>und</strong> Kompromisse unvermeidlich<br />
s<strong>in</strong>d, ja dass die <strong>Jugendarbeit</strong> <strong>in</strong> dem gekonnten<br />
Führen <strong>und</strong> Organisieren solcher Kämpfe besteht.”<br />
(Müller 1996, S. 94) Das setzt voraus, dass “auf all die<br />
Erziehungs- <strong>und</strong> Organisationsmittel verzichtet wird,<br />
die herkömmlicherweise e<strong>in</strong>setzen, wenn Bildungsansprüche<br />
(o<strong>der</strong> auch <strong>Partizipation</strong>sansprüche, B. St.) auf<br />
Gegenwillen stoßen. Dazu gehören Drohungen, Mahnungen,<br />
Me<strong>in</strong>ungsmanipulation, Strafen, Verteilung<br />
von Privilegien, die wie<strong>der</strong> entzogen werden können,<br />
ebenso wie adm<strong>in</strong>istrativ durchgesetzte Regelungen,<br />
die nicht diskutierbar s<strong>in</strong>d.” (a.a.O., S. 94).<br />
V.6. Konzeptelemente von<br />
<strong>Partizipation</strong> im Jugendhaus<br />
Wer <strong>Partizipation</strong> im Jugendhaus konzeptionell<br />
umsetzen will, steht vor e<strong>in</strong>er reizvollen planerischen<br />
Aufgabe. Er muss Prioritäten setzen <strong>und</strong> entscheiden<br />
<strong>in</strong> Bezug auf vielfältige Fragen. Zum ersten gilt es zu<br />
klären, auf welche Zielgruppe <strong>der</strong> Besucher/ die Besucher<strong>in</strong>nen<br />
sich <strong>Partizipation</strong> beziehen soll. Die unterschiedlichen<br />
Personen <strong>und</strong> Gruppen im Haus zeichnen<br />
sich aber durch außerordentlich differenzierte<br />
Voraussetzungen für <strong>Partizipation</strong> im Jugendhaus<br />
aus. Alle haben unterschiedliche Zugänge <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
zur Beteiligung, die <strong>in</strong>haltlich <strong>und</strong> methodisch<br />
DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 65 -