Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit
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die Ganztagsbetreuung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> die Erziehe-<br />
rischen Hilfen wichtig. Dafür gibt es klare <strong>in</strong>stitutio-<br />
nelle Formen <strong>und</strong> Aufträge, dah<strong>in</strong> geht e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong><br />
f<strong>in</strong>anziellen Mittel. Die <strong>Jugendarbeit</strong> ist im Vergleich<br />
zu diesen Aufgaben auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendhilfe marg<strong>in</strong>al.<br />
Die MitarbeiterInnen kommunaler <strong>Jugendarbeit</strong> z. B.<br />
stehen eher am Ende <strong>der</strong> Jugendamtshierarchie. Das<br />
äußert sich auch <strong>in</strong> niedriger Bezahlung <strong>und</strong> schlechter<br />
f<strong>in</strong>anzieller Ausstattung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen. Diese<br />
E<strong>in</strong>richtungen s<strong>in</strong>d dann auch oft isoliert <strong>und</strong> nicht<br />
vernetzt mit an<strong>der</strong>en erzieherischen staatlichen <strong>und</strong><br />
kommunalen Institutionen. Politik <strong>und</strong> Leitungska<strong>der</strong><br />
verachten häufig das Arbeitsfeld, das ihnen wenig<br />
greifbar <strong>und</strong> kontrollierbar ersche<strong>in</strong>t, wenig messbare<br />
Wirkung entfaltet <strong>und</strong> eher für Unruhe <strong>und</strong> Probleme<br />
sorgen kann. Die jugendlichen Besucher s<strong>in</strong>d<br />
kaum e<strong>in</strong>e starke Lobby (schon gar nicht, wenn sie zu<br />
Randgruppen gehören) <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> aktuellen F<strong>in</strong>anzkrise<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Haushalte gehören die E<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Offenen</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> häufig als erste zu<br />
den E<strong>in</strong>sparungsobjekten. Randständig ist die Institution<br />
aber auch, weil sie ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stitutionelle Macht<br />
hat die Biografie <strong>der</strong> Teilnehmenden nachhaltig zu<br />
bee<strong>in</strong>flussen. Das wird deutlich am Vergleich mit <strong>der</strong><br />
Schule: mit ihrer Macht Bildungsabschlüsse zu erteilen<br />
(o<strong>der</strong> auch nicht) also gesellschaftliche chancen<br />
zuzuteilen, wird sie bedeutungsvoll für die Biografie.<br />
Die <strong>Jugendarbeit</strong> kann zwar Wirkung entfalten, diese<br />
entsteht aber nicht durch die formale Macht <strong>der</strong> Institution,<br />
son<strong>der</strong>n durch die „zufälligen“ Interaktionen<br />
<strong>der</strong> beteiligten Personen. Ob man an <strong>der</strong> <strong>Jugendarbeit</strong><br />
teilnimmt o<strong>der</strong> nicht, hat ke<strong>in</strong>e „automatischen“<br />
Folgen für die Biografie.<br />
Aus <strong>der</strong> Marg<strong>in</strong>alität <strong>und</strong> Machtlosigkeit <strong>der</strong> <strong>Offenen</strong><br />
<strong>Jugendarbeit</strong> folgt dann aber auch e<strong>in</strong> großer Freiraum.<br />
Man kann <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> experimentell<br />
handeln, man kann ungewöhnliches probieren, man<br />
kann Fehler machen, ohne dass dieses e<strong>in</strong>schneidende<br />
Folgen für die Biografie hätte (auch wenn man<br />
immer nur „faul“ im cafébereich „abhängt“, wird<br />
man des halb nicht verwiesen, o<strong>der</strong> bekäme etwas<br />
wie schlechte Noten). Das macht die <strong>Jugendarbeit</strong> zu<br />
e<strong>in</strong>em idealen Experimentierfeld für Selbst- <strong>und</strong> Mitbestimmung.<br />
An<strong>der</strong>erseits ist aber auch e<strong>in</strong>e unernste<br />
Vorläufigkeit damit verb<strong>und</strong>en, die Gefahr nur „Spielwiese“<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> „Sandkasten“ zu se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem alles<br />
nicht so genau drauf ankommt <strong>und</strong> letztlich egal<br />
ist. Wenn Mitbestimmung aber nicht an „echten“<br />
Problemen geübt wird, ist sie wenig motivierend. Es<br />
stellt sich <strong>der</strong> <strong>Offenen</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> also die Aufgabe<br />
e<strong>in</strong>erseits ihren marg<strong>in</strong>alen Freiraum zu nutzen, ihn<br />
aber an<strong>der</strong>erseits ernst genug zu gestalten.<br />
Das dritte charakteristikum Offener <strong>Jugendarbeit</strong><br />
kann zusammenfassend als Diskursivität bezeichnet<br />
werden. Das Fehlen von starren Regelungen <strong>und</strong><br />
bürokratischen Vorgaben macht es nötig, dass die alltäglich<br />
konkreten Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> je<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung<br />
<strong>der</strong> <strong>Offenen</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> eigens entwickelt werden<br />
müssen. Die Freiwilligkeit verlangt, dass diese Bed<strong>in</strong>gungen<br />
auf die Zielgruppe abgestimmt s<strong>in</strong>d, denn<br />
wenn das Angebot nicht mit den Zielgruppen entwickelt<br />
<strong>und</strong> auf sie zugeschnitten ist, haben sie die<br />
Möglichkeit, es zu ignorieren <strong>und</strong> die Institution <strong>in</strong>s<br />
Leere laufen zu lassen, e<strong>in</strong>fach z. B. dadurch, dass sie<br />
nicht weiter kommen. Außerdem liegt die Zielgruppe<br />
nicht fest, son<strong>der</strong>n als Jugendliche verän<strong>der</strong>t sie sich,<br />
wächst heraus <strong>und</strong> neue Zielgruppen folgen nach.<br />
Daraus ergibt sich, dass das Handeln <strong>in</strong> <strong>der</strong> Institution<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dauernden Diskurs o<strong>der</strong> Aushandlungsprozess<br />
<strong>der</strong> Beteiligten entwickelt <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>t werden<br />
muss. Immer wie<strong>der</strong> neu muss geklärt werden, was<br />
für die jeweiligen BesucherInnen Thema ist, welche<br />
Ziele <strong>und</strong> Inhalte sich daraus ergeben <strong>und</strong> wie methodisch<br />
gehandelt werden soll. Gerade im ”<strong>Offenen</strong><br />
Bereich”, <strong>in</strong> dem es am wenigsten strukturierende<br />
Vorgaben gibt, muss im Pr<strong>in</strong>zip jeden Tag neu e<strong>in</strong>e<br />
spezifische Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> Situation von den Beteiligten<br />
(Pädagog Innen <strong>und</strong> BesucherInnen) gef<strong>und</strong>en<br />
werden. Dieses Pr<strong>in</strong>zip könnte auch die strukturelle<br />
„Partizipativität“ genannt werden, d.h. die strukturellen<br />
charakteristika <strong>der</strong> Institution machen Beteiligung<br />
nötig. Dieses ist bei ke<strong>in</strong>er <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Institution<br />
<strong>der</strong> Erziehung / Jugendhilfe so stark ausgeprägt<br />
wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> (<strong>Offenen</strong>) <strong>Jugendarbeit</strong>. Doch für die beteiligten<br />
Jugendlichen, wie ihre Pädagog(<strong>in</strong>n)en sche<strong>in</strong>t<br />
dieses charakteristikum ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fach Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
darzustellen. Auf Dauer gestellte <strong>Partizipation</strong>snotwendigkeit<br />
ist an<strong>der</strong>en erzieherischen o<strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Handlungsfel<strong>der</strong>n kaum bekannt <strong>und</strong><br />
geübt. Plötzlich alles selber entscheiden zu können<br />
<strong>und</strong> zu sollen stellt häufig e<strong>in</strong>e Überfor<strong>der</strong>ung dar<br />
DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 53 -