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Partizipation in der Steirischen Offenen Kinder- und Jugendarbeit

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<strong>der</strong> Jugendverbandsarbeit – Mitverantwortungs- <strong>und</strong><br />

Selbstorganisationsansätze favorisiert;“ (Thole 2000,<br />

S. 239).<br />

Solche Anstrengungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis können m. E. am<br />

besten durch theoretische Gr<strong>und</strong>lagen gestärkt werden,<br />

die im Rahmen e<strong>in</strong>er Konzipierung von <strong>Jugendarbeit</strong><br />

als „Bildung“ entwickelt wurden. Deshalb sollen<br />

sie nun etwas ausführlicher dargestellt werden.<br />

V.3.2 Bildungsansätze <strong>und</strong><br />

<strong>Partizipation</strong>sorientierung<br />

In den Ansätzen von <strong>Jugendarbeit</strong> als subjektorientierte<br />

Bildung (beson<strong>der</strong>s bei B. Müller <strong>und</strong> A. Scherr)<br />

wird <strong>Partizipation</strong> im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Ermöglichung <strong>der</strong> Entwicklung<br />

von mitverantwortlicher Selbstbestimmung<br />

zur zentralen Aufgabe gemacht.<br />

Bereits 1993 hat Burkhard Müller kritisiert, dass die<br />

verschiedenen aktuellen Konzepte von <strong>Jugendarbeit</strong><br />

sich nicht mehr explizit auf die jugendarbeiterische<br />

Ermöglichung e<strong>in</strong>er „Selbst<strong>in</strong>itiation“ von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen bezögen. Auch Müller unterscheidet<br />

„zwischen Erziehen als dem Vermitteln (manchmal<br />

auch E<strong>in</strong>bläuen) von gesellschaftlichen Werten<br />

<strong>und</strong> Bildung als dem Vorgang, durch den e<strong>in</strong> Individuum<br />

zu e<strong>in</strong>er eigenen Wertorientierung <strong>und</strong> Lebensform<br />

kommt...“ (Müller 1996, S. 89) Müller bestimmt<br />

den so verstandenen emanzipatorischen Bildungsansatz<br />

<strong>der</strong> <strong>Jugendarbeit</strong> als e<strong>in</strong>e Basis <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Konzepte, wie Raumorientierung, Kulturarbeit,<br />

Beziehungsarbeit o<strong>der</strong> Sozialarbeit. Wie auch immer<br />

die konzeptionelle Orientierung sei, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis<br />

ergäben sich jeweils viele Möglichkeiten, Themen <strong>der</strong><br />

Selbstbestimmung <strong>und</strong> Handlungsformen <strong>der</strong> Ermöglichung<br />

solchen Eigens<strong>in</strong>ns aufzugreifen. Solche Aussagen<br />

ließen sich auch übersetzen als: Ermöglichung<br />

von <strong>Partizipation</strong>serfahrungen gehört zu den Essentials<br />

von <strong>Jugendarbeit</strong>. Der für Eröffnung von partizipativen<br />

Möglichkeiten mitverantwortlicher Selbstbestimmung<br />

so zentrale Eigens<strong>in</strong>n wird nach Müller<br />

beson<strong>der</strong>s greifbar <strong>in</strong> Konflikten, <strong>in</strong> denen die Jugendlichen<br />

Interessen <strong>und</strong> Handlungsweisen zeigen, die<br />

nicht ohne Weiteres mit denen ihrer <strong>Jugendarbeit</strong>erInnen<br />

übere<strong>in</strong>stimmen. So können ihren Raum-<br />

aneignungsweisen o<strong>der</strong> die Stile ihrer kulturellen<br />

Selbstbehauptung ebenso wie die Geme<strong>in</strong>schaftsweisen<br />

<strong>in</strong> ihren cliquen <strong>und</strong> Szenen zu Konflikten führen,<br />

weil sie die Erwartung erwachsener Pädagogen enttäuschen.<br />

Diese Handlungsweisen <strong>und</strong> Interessen aufzugreifen<br />

<strong>und</strong> sie als e<strong>in</strong>en konstruktiven „Kampf um<br />

Anerkennung“ zu verstehen, würde Bildungspotenziale<br />

von <strong>Jugendarbeit</strong> eröffnen, wie<strong>der</strong> könnte man<br />

ergänzen: <strong>Partizipation</strong>spotentiale eröffnen. Müller<br />

vertritt also explizit e<strong>in</strong>en Konfliktansatz. Eigens<strong>in</strong>n<br />

<strong>und</strong> Selbstbestimmung werden da greifbar, wo Interessen<br />

<strong>und</strong> Handlungsweisen konflikthaft zusammenstoßen.<br />

Statt <strong>Partizipation</strong> künstlich zu <strong>in</strong>itiieren (o<strong>der</strong><br />

sie gar funktionalisierend didaktisch zu organisieren),<br />

braucht man nur dort anzusetzen, wo sich das Eigene<br />

schon entfaltet: <strong>in</strong> Konflikten.<br />

Auch Albert Scherr, <strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>er „subjektorientierten<br />

<strong>Jugendarbeit</strong>“ (1997) die aktuell elaborierteste Theorie<br />

zur emanzipatorischen Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Jugendarbeit</strong><br />

vorgelegt hat, bezieht sich auf den Kampf um Anerkennung<br />

(Honneth 1992). Die Erfahrung des Individuums<br />

von sozialer Anerkennung ist e<strong>in</strong>e wesentliche<br />

Bed<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Möglichkeit, e<strong>in</strong>e persönliche Individualität,<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> Selbstbestimmung zu<br />

entwickeln. Das Bedürfnis nach Anerkennung enthält<br />

aber auch e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Dimension: „Anerkennung<br />

ist e<strong>in</strong> Gegenbegriff zur herrschaftlichen Unterwerfung<br />

von Individuen unter ihnen fremde Zwecke,<br />

zu ihrer bloßen Benutzung <strong>und</strong> Instrumentalisierung,<br />

zur Verletzung ihrer Würde <strong>und</strong> Integrität. Die Utopie<br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft freier <strong>und</strong> gleicher Individuen, die<br />

Vorstellung nichtrepressiver Geme<strong>in</strong>schaften kann als<br />

e<strong>in</strong> Verhältnis <strong>der</strong> wechselseitigen Anerkennung als<br />

Subjekte konkretisiert werden.“ (Scherr 1997, S. 53)<br />

Mit dem Blick auf die Bedeutung <strong>der</strong> sozialen Anerkennung<br />

für die Personalisation wird deutlich, dass<br />

Scherrs Ziel e<strong>in</strong> mündiges Subjekt ist, das nicht als<br />

monadisch <strong>in</strong>dividuell gedacht wird, son<strong>der</strong>n das aus<br />

<strong>der</strong> Angewiesenheit auf Strukturen wechselseitiger<br />

Anerkennung aufbauend e<strong>in</strong>e selbstbewusste <strong>und</strong><br />

selbstbestimmte Lebenspraxis entwickelt. Die basale,<br />

von sozialer Anerkennung abhängige Selbstachtung<br />

wird ergänzt durch das Selbstbewusstse<strong>in</strong>, durch<br />

die reflexive Fähigkeit, Wissen über sich selber auch<br />

sprachlich fassen zu können. Aus diesem Wissen <strong>und</strong><br />

DVJ: <strong>Partizipation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Steirischen</strong> <strong>Offenen</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendarbeit</strong>, Jänner 2009 - 56 -

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