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2015-01: TOP Magazin Dortmund | FRÜHJAHR

Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“ Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“ Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen

Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw
c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“
Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“
Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen

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Kultur<br />

VISIONEN EINES STERBENDEN<br />

GOUNODS „FAUST“ IM THEATER HAGEN<br />

Es ist meist eine Gratwanderung wenn sich ein Künstler – sei er aus der bildenden oder darstellenden Zunft – an ein vermeintliches<br />

„Nationalheiligtum“ heranmacht. Und so wetterte nicht nur der Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus gegen Gounods<br />

Oper „Faust“, deren Handlung die Librettisten Jules Barbier und Michel Carré im Wesentlichen auf die Liebesgeschichte<br />

zwischen Faust und Margarete beschränkt haben.<br />

In Hagen ist die Oper zur Zeit in einer<br />

sehr einfallsreichen und gemäßigt aktuellen<br />

Inszenierung von Holger Potocki zu<br />

sehen. Man trifft den alten Faust (Klaus<br />

Klinkmann) nicht in seinem Studierzimmer,<br />

sondern im Krankenhaus, mit einem<br />

Schlauch in der Nase, an Tropf und Bett<br />

gefesselt. Kurz vor seinem Ableben<br />

bekommt er die noch Krankensalbung,<br />

doch ist in dieser Inszenierung nicht<br />

der Teufel des Pudels Kern sondern der<br />

des herbeigerufenen Priesters, der sich<br />

eilends daran macht – die Geschichte<br />

ist bekannt – Faust für Jugend und eine<br />

Frist seine Seele abzuschwatzen. Das<br />

nachfolgende Geschehen inklusive der<br />

Liaison mit Margarete gaukelt er Faust<br />

nur vor: Alles findet lediglich in der<br />

Phantasie des alten Faust kurz vor seinem<br />

Tod statt: Der Arzt verwandelt sich<br />

in Valentin, die Krankenschwester in<br />

Margarete, die Nonne in Marthe Schwerdtlein,<br />

das Krankenzimmer in Auerbachs<br />

Keller. Sinnbild der Verwandlung ist das<br />

auf dem Kopf stehende Kruzifix, das den<br />

Umkehr der Werte symbolisiert.<br />

HÖLLE UND DEUTSCHE GEMÜTLICHKEIT<br />

Die schönen Kostüme das teilweise recht<br />

opulente und einfallsreiche Bühnenbild<br />

von Lena Brexendorff machen die rasche<br />

Verwandlung möglich. Gut gelungen ist<br />

der optisch herausgearbeitete Gegensatz<br />

von Auerbachs rot-schwarz wie<br />

die Hölle ausgestattetem Keller, wo<br />

auch Mephisto Stammgast ist und das<br />

Lied vom Goldenen Kalb singt, zu dem<br />

Aktienkurse über die Videoleinwand<br />

flimmern und Dollarnoten vom Schnürboden<br />

regnen, und die spießige Idylle<br />

von Margaretes typisch deutschem<br />

sich wie ein Gemälde in einem riesigen<br />

goldenen Rahmen befindendem Heim<br />

inklusive Baumkulisse und röhrendem<br />

Hirsch. Musikalisch hätte man sich allerdings<br />

etwas mehr versprochen: Häufig<br />

finden vor allem Chor und Philharmonisches<br />

Orchester Hagen unter der Leitung<br />

von Steffen Müller-Gabriel nicht<br />

richtig zusammen, auch der eine oder<br />

andere Solist lässt Wünsche offen, hat<br />

aber teilweise auch Mühe, gegen das oft<br />

übermächtige Orchester anzukommen.<br />

SMARTER MEPHISTO<br />

So kann Paul O‘Neill am Anfang als Faust<br />

mit guter, beinah heldentenoraler Höhe<br />

überzeugen, lässt im letzten Akt aber Ermüdungserscheinungen<br />

erkennen, Veronika<br />

Haller als Margarete punktet mit netten<br />

Phrasen, wirkt in der Höhe aber bisweilen<br />

ein wenig scharf und vor allem in der Juwelenarie<br />

fehlt es an Leichtigkeit. Rainer<br />

Zaun ist ein stimmlich meist präsenter Mephisto,<br />

den man sich durchaus dämonischer<br />

hätte vorstellen können – er ist eher<br />

ein Charmeur, dem auch Marthe Schwerdtlein<br />

erliegt (sehr elegant und auch stimmlich<br />

überzeugend: Marilyn Bennett) und<br />

den sie sich bemüht, sofort in – das ist<br />

der einzig unstimmige Punkt der Inszenierung<br />

– Margaretes Schlafzimmer zu<br />

locken. Kenneth Mattice gestaltet mit gut<br />

geführtem, kultiviertem Bariton den Valentin,<br />

während Linda Sommerhage als<br />

Gast einen verzweifelt liebenden, stimmlich<br />

ebenfalls überzeugenden Siebel gibt.<br />

Text: Martina Lode-Gerke, Fotos: Klaus<br />

Lefebvre, © theaterhagen<br />

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